"Keine Veranlassung für Horrorszenarien"

07.09.2009 | Stand 03.12.2020, 4:41 Uhr

Auch wenn der Trend zur Ganztagsbeschulung geht, soll auch am Gymnasium genügend Raum für Zusatzprogramme bleiben. Die Tanzgruppe ist zum Beispiel heuer bayerischer Vizemeister geworden. - Foto: Archiv

Schrobenhausen (SZ) "Noch nicht", antwortet Gymnasialdirektor Reinhold Bauer auf die Frage, ob es Ganztagsklassen an seiner Schule gebe. Nach dem letzten kultusministeriellen Schreiben, das Mitte Mai ins Haus schneite, wurden die Regularien erneut spezifiziert, mit denen der Ausbau der bayerischen Ganztagsschulen vorangetrieben wird.

"Freiwillig und nicht angeordnet", sagt Bauer, könne sich jeder Schulleiter entscheiden, ob eine Ganztagsbeschulung eingeführt werde. Mit acht zusätzlichen Lehrerstunden in Geldwert und einem Zuschuss für den Personalaufwand aufgeteilt auf 1000 Euro vom Freistaat und 5000 Euro vom Sachaufwandsträger würden Gymnasien derzeit gefördert, die sich entscheiden eine der beiden Ganztagsschulformen in Bayern – offen oder gebunden – umzusetzen. Man werde sich der Entwicklung nicht verschließen, zeigt sich der Schulleiter prinzipiell aufgeschlossen. "Wir werden darüber nachdenken, aber erst im Herbst und ohne Zeitdruck", ergänzt er.

"Mit unserem Modell der Nachmittags- und Hausaufgabenbetreuung durch Schülertutoren für die fünfte und sechste Jahrgangsstufe sind wir in einer komfortablen Situation", sagt Bauer. Deshalb bestehe auch kein akuter Handlungszwang. Im achtstufigen Gymnasium (G8) gehöre Nachmittagsunterricht ab der sechsten Klasse ohnehin zur Tagesordnung. In der neunten und zehnten Jahrgangsstufe seien 34 Schulstunden vorgesehen. Die vier fälligen Nachmittagsstunden sieht Bauer aus pädagogischer Sicht gern auf zwei Tage verteilt.

Auch der Freitagnachmittag ist, wie auch Reinhold Bauer weiß, keine heilige Kuh mehr, auch wenn es wegen dieses Themas schon jetzt in der Schülerschaft und bei vielen Eltern brodelt. Wenn es die Wahlmöglichkeiten und Fächerdiversifizierung zulassen, wolle man das Kompaktsystem an vier Nachmittagen beibehalten, betont Bauer. "Wir versuchen, den Freitagnachmittag pflichtschulfrei zu halten, alles andere würde den Schulfrieden stören."

Bauer sieht keine Veranlassung für Horrorszenarien durch Ganztagsbeschulung oder achtstufiges Gymnasium, zum Beispiel Gefahren für den musischen Bereich oder die Vereinssportförderung. Er hält es für "eine Übertreibung, wenn behauptet wird, die Kinder hätten keine Freizeit mehr". Es seien durch das G8 zwar einzelne Nachmittage mit Unterricht blockiert, jedoch sehe er immer noch zeitliche Nischen für Freizeitaktivitäten, Vereinssport, Wahlunterricht, Schulchor oder -orchester.

Externe Musikpädagogen wie sie auch im Ganztagsschulkonzept des Kultusministeriums vorgesehen sind, gebe es bereits seit Jahren im Bereich instrumentaler Einzelunterricht am Gymnasium. "Wenn eine Ganztagsbeschulung kommt, dann immer nur für einzelne Gruppen und nicht für die ganze Schule", sagt Bauer, der sich gegen Panikmache verwahrt.

Lesen Sie morgen: Die Überlegungen zu den Ganztagskonzepten an den beiden Schrobenhausener Realschulen