Ingolstadt
Keine Scheu vor der Männerwelt

Zwölf Schülerinnen werfen beim Forscherinnen-Camp einen Blick hinter die Kulissen des Ingenieurberufs

09.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:58 Uhr

Foto: Stefan Eberl

Ingolstadt (DK) Es ist der Moment, in dem sich herausstellt, ob die beiden Nachwuchstechnikerinnen korrekt gearbeitet haben: Reagiert ihr kleiner Lego-Roboter auf vier Rädern, an dem sie seit zwei Stunden getüftelt haben, auf ein akustisches Signal und dreht, während er dahinrollt, um? Katharina Skidan und Jenny Sikora stehen im Gang vor einem Labor der THI. Katharina klatscht in die Hände.

Und siehe da: Der kleine Roboter macht genau das, worauf ihn die jungen Frauen programmiert haben.

Die 18-jährige Katharina und die 17-jährige Jenny aus Eichstätt besuchen die Fachoberschule in Ingolstadt. Jetzt, in den Pfingstferien, sind sie und weitere zehn Mädchen Teilnehmerinnen des Forscherinnen-Camps. Und werden dabei von früh bis spät von Referent Florian von Kritter und Chantal Klier vom Bildungswerk bayerischer Wirtschaft (bbw) begleitet. Die beiden sind die gesamte Woche als Betreuer dabei.

Organisiert hat das Projekt das Bildungswerk bayerischer Wirtschaft zusammen mit Audi und der Technischen Hochschule Ingolstadt. Das Ziel: "Wir möchten über das Zusammenspiel von Theorie und Praxis bei den Schülerinnen die Begeisterung für Naturwissenschaft und Technik wecken", sagt Andreas Hamann vom Ausbildungsmarketing bei Audi.

Am Anfang der Woche erhielten die Schülerinnen ihren Forscherinnenauftrag: Die zwölf Gymnasiastinnen und Fachoberschülerinnen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren sollten selbst ein Fahrassistenzsystem entwickeln. Um die Materie zu verstehen, erkundeten die Teilnehmerinnen bei Audi die Werkstatt der Elektronikentwicklung, in der Fahrerassistenzsysteme konstruiert und getestet werden. In einem Fahrsimulator und bei Testfahrten erlebten die Forscherinnen diese Systeme dann auch im Einsatz. An der THI ging es dann in die Praxis, wo sie von Harald Göllinger, THI-Professor mit dem Lehrgebiet Fahrzeugmechatronik, bei der Programmierung der Roboter-Autos unterrichtet wurden. Er betont: "Ich würde gerne viel mehr Frauen in der Technik sehen. Es gibt aber leider zu viele Vorurteile. Es wird oft unterschätzt, wie kreativ technische Berufe eigentlich sein können. Das Forscherinnen-Camp hilft dabei, Vorurteile abzubauen." Generell wünscht er sich, dass sich der Frauenanteil an der THI erhöht. Der Hochschule würden ein paar mehr Frauen tatsächlich guttun. Nur 31,4 Prozent der Studenten sind weiblich. Eine davon ist Betreuerin Chantal Klier. Vor ein paar Jahren hat sie selbst am Forscherinnen-Camp teilgenommen. Heute studiert die 23-Jährige Fahrzeugtechnik. Sie weiß deshalb, mit welchen Herausforderungen eine Frau zu kämpfen hat, wenn sie sich für einen technischen Studiengang entscheidet. Umso mehr möchte sie den Teilnehmerinnen mit auf den Weg geben, dass Technik Spaß machen und begeistern kann - "völlig egal, ob man nun ein Mädchen oder ein Junge ist".

Bei der Abschlusspräsentation im Audi-Bildungszentrum zeigen die jungen Tüftlerinnen dann, woran sie eine Woche lang gearbeitet haben: Ihre kleinen Roboterautos können dank unterschiedlicher Sensoren und der richtigen Programmierung Abstand zu einem anderen Gefährt halten, einer vorgezeichneten Linie folgen und zwischen zwei Kisten in drei Zügen einparken.

Eine Audi-Ingenieurin, die die Mädchen die Woche über begleitet hat, gibt ihnen am Ende noch einen Ratschlag: "Man sollte sich auf keinen Fall von einem technischen Beruf abbringen lassen, nur weil er im Allgemeinen als Männerdomäne gilt", sagt Anna Dittmann.

Abbringen lässt sich Camp-Teilnehmerin Jenny nach dem fünftägigen Crashkurs keineswegs: "Ich war mir ja anfangs noch unsicher, ob ich etwas Technisches studieren möchte. Das Camp hat mich darin bestärkt, mich später an der THI für Maschinenbau einzuschreiben."