Aichach
Keine Einigung im Waldwegestreit

Richter in Aichach mahnt Kläger, sich erst einmal klarer zu fassen

19.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:28 Uhr

Aichach (DK) Zu einem richtungsweisenden Urteil, wo Radfahren im Wald erlaubt ist, kam es gestern vor dem Aichacher Amtsgericht noch nicht. Der Waldbesitzer, der Klage gegen einen Mountainbiker eingereicht hat (wir berichteten), konnte nicht exakt benennen, was aus seiner Sicht ein zum Befahren geeigneter Weg ist.

Die grundsätzliche Streitfrage bleibt also noch offen. Als Kompromissvorschlag steht jedoch im Raum, dass sich der Beklagte künftig verpflichtet, rund ein Dutzend mit Verbotsschildern deklarierte Strecken im Forst des Klägers zu meiden. Innerhalb von acht Wochen muss der Waldbesitzer eine Karte vorlegen, auf der diese Strecken genau markiert sind. Der Beklagte kann dann entscheiden, ob er damit einverstanden ist. Können sich die beiden Streitparteien dann noch immer nicht einigen, kommt es zur Verhandlung.

Richter Axel Hellriegel wies zu Anfang des Gütetermins auf eine Unklarheit in der Antragstellung des Klägers hin. Der Waldbesitzer, der sich vor Gericht selbst vertrat, verlangte vom Mountainbiker, auf sei- nem Grund und Boden nur noch geeignete Wege zu befahren. Diese Formulierung sei ungenau - aus zweierlei Gründen. Zum einen, so Hellriegel, sei nicht definiert, was als geeigneter Weg gelten könne. Zweitens könne der Beklagte nicht wissen, welche Grundstücke im Wald zum Schlossgut Kühbach gehören. Entsprechend könne der Beklagte auch nicht zur Unterlassung des Befahrens dieser Bereiche verpflichtet werden.

Bei der Strecke, auf der der Mountainbiker im vergangenen Dezember unterwegs war, handelt es sich laut Kläger um eine nicht bepflanzte Schneise durch den Wald. Ihr Zweck sei es, Rückefahrzeugen Platz zu lassen, um Holz abzutransportieren. Als Rückegasse sei sie eindeutig Teil des Waldes und dürfe deshalb nicht mit einem Fahrrad befahren werden. Genau das aber tat der Beklagte Ende vergangenen Jahres. Der Mountainbiker wäre dort im Allenberger Forst beinahe verunglückt, weil unbekannte Täter drei Zentimeter lange Nägel in den Boden einer oft von Bikern benutzten Strecke versteckt hatten.

Auch vorher schon waren bereits wiederholt solche Fallen in den Wäldern östlich von Aichach aufgetaucht. Verletzt wurde der Radler nicht - nur die Reifen waren platt. Der Mountainbiker erstattete daraufhin Anzeige. Kurze Zeit später erhielt er von der Forstverwaltung des Schlossguts Kühbach ein Schreiben samt Aufforderung, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen - mit eben der vom Richter als unklar monierten Formulierung. Weil er die Erklärung nicht unterschrieb, kam es zum Gütetermin.

Der Streit zwischen den beiden Parteien hat für große Aufmerksamkeit gesorgt. Der Grund: Auch andernorts kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Waldbesitzern und Freizeitsportlern. In Aichach verfolgten zwei Dutzend Zuhörer den Schlichtungsversuch. Richter Hellriegel hakte beim Kläger mehrmals nach, was denn nun als geeigneter Waldweg gelten könne. Er wies darauf hin, dass dies auch gesetzlich nicht eindeutig geregelt sei. Allgemein gesprochen gehe es um den Ausgleich zweier Interessen. Dem Freizeitsportler stehe es einerseits zu, die Natur zu genießen - auch mit einem Mountainbike. Der Eigentümer hingegen wolle seinen Wald - und die Tiere darin - vor Schaden schützen. Das sei ebenfalls sein gutes Recht.

Hellriegel stellte jedoch klar: Keinesfalls könne der Waldbesitzer darüber bestimmen, was ein geeigneter Weg sei. Dies müsse eindeutig definiert werden. "Denn sonst könnte ja jeder Waldbesitzer einfach sagen, bei mir gibt es keine geeigneten Wege - und dann dürften sich die Radfahrer nirgendwo bewegen." Strittig sind hierbei vor allem die sogenannten Rückewege beziehungsweise Rückegassen, wobei, wie Hellriegel feststellte, beide Begriffe juristisch nicht genau voneinander abgegrenzt seien. Bei der Kartierung von Waldwegen hingegen werde unterschieden zwischen schleppergeeigneten und nicht-schleppergeeigneten Schneisen und Rückegassen.

Der Beklagte war mit seinem Fahrrad übrigens auf einer Strecke unterwegs, auf der zuvor ein schweres Forstfahrzeug seine Spuren hinterlassen hatte. Entsprechend verteidigte er sich mit dem Argument, dass er mit seinen Mountainbike-Reifen dort wohl kaum weitere Schäden hätte anrichten können. Das sah der Kläger anders. Er wies darauf hin, dass bejagbares Wild im Wald durch abseits der normalen Wege fahrende Mountainbiker gestört werde.