"Kein Rabatt für Politiker"

09.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:57 Uhr

München (DK) Die prominenten CSU-Politiker, die beim Kauf der maroden Hypo Group Alpe Adria (HGAA) im Verwaltungsrat der bayerischen Landesbank saßen, geraten immer stärker unter Druck. Der Augsburger Wirtschaftsprofessor Rainer Schmidt sagte gestern vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags, Mitglieder des Verwaltungsrates seien haftbar zu machen, wenn sie ihre Aufsichtspflichten gegenüber dem Bankvorstand verletzten.

Mit dem Kauf der österreichischen Bank hatte die Landesbank 3,7 Milliarden Euro Verlust gemacht, weil das Institut in verlustreiche, hochriskante Geschäfte investiert hatte. 2009 wurde die Bank notverkauft.

Der CSU-Fraktionsvorsitzende Georg Schmid, der ehemalige Parteivorsitzende Erwin Huber, Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein und der damalige Finanzminister Kurt Faltlhauser hatten dem Kauf der Bank als Mitglieder des Verwaltungsrates der BayernLB zugestimmt. Ihnen wird vorgeworfen, die Machenschaften des Vorstands nicht ausreichend kontrolliert zu haben. Sie hätten etwa Unterlagen nicht gelesen und seien zu vielen Sitzungen nicht persönlich erschienen. Mit der Vorladung Schmidts, der als Gutachter beauftragt worden war, begann der Untersuchungsschuss seine Beweisaufnahme.

Der Experte hob hervor, dass er die Pflichten des Verwaltungsrates auftragsgemäß nur in der Theorie und nicht auf den konkreten Fall bezogen untersucht habe. Dem Verwaltungsrat käme bei seinen Kontrollaufgaben allerdings eine "hohe Sorgfaltspflicht" zu. Diese sei bei einer Landesbank noch höher als bei einer Privatbank. Der Gutachter betonte auch, dass die Mitglieder sich das Wissen und die Fähigkeiten, die zur Kontrolle nötig seien, aneignen müssten. Da gebe es auch "keinen Rabatt für Politiker".

Bei Ungereimtheiten in den Unterlagen des Vorstands, bestehe eine "Holschuld". Die Kontrolleure müssten dann auf die Herausgabe weiterer Unterlagen drängen. Wenn Dritte oder "seriöse Presseberichte" auf Probleme hinwiesen, müsse der Verwaltungsrat dem nachgehen. Kritiker meinen, das sei bei der BayernLB nicht geschehen. Der Grünen-Abgeordnete Sepp Dürr etwa moniert, Zeitungsartikel über Warnungen der österreichischen Bankenaufsicht habe der damalige bayerische Finanzminister Faltlhauser 2007 im Haushaltsausschuss "einfach so vom Tisch gewischt" und als "Wiener Revanche" für den Kauf der HGAA bezeichnet.

Schmidt erläuterte außerdem, der Verwaltungsrat dürfe sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Das sei keine Entschuldigung für eine wenig sorgfältige Prüfung. Notwendig sei etwa eine ausführliche "Due-Diligence-Prüfung". Bei einem solchen Verfahren prüfen oft mehrere Fachleute über Wochen Geschäftsunterlagen. Von den Beschuldigten der HGAA-Affäre wird die knappe Zeit beim Kauf der österreichischen Bank allerdings als Argument vorgebracht.

Sollte der Ausschuss eine Verletzung der Sorgfaltspflicht des Verwaltungsrates feststellen und sollten dessen Mitglieder juristisch belangt werden können, drohen den CSU-Politikern Schmid, Huber, Beckstein und Faltlhauser hohe Schadenersatzforderungen.