Hilpoltstein
"Kein Mittel, um die Jäger zu ärgern!"

Stichprobenaufnahmen für forstliches Gutachten beginnen - Grundlage für Abschussplanung

18.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr
Forstanwärter Andreas Fleig demonstriert, dass Wäscheklammern und Zollstock bei den Vermessungen unabdingbar sind. −Foto: Leykamm

Hilpoltstein (HK) Ob Waldbesitzer, Jäger oder Naturschützer - sie fühlen sich auf den Plan gerufen, wenn alle drei Jahre in Bayern das forstliche Gutachten zur Situation der Waldverjüngung erstellt wird. Um verwertbare Daten zu bekommen, ist ein aufwendiges Messverfahren nötig, das nun bayernweit gestartet ist.

Für den Landkreis Roth fiel der Startschuss bei Pfaffenhofen mit rund 40 Interessierten. Den gesamten Wald im Freistaat hinsichtlich der Verjüngung zu vermessen, ist nicht machbar. So bleibt ein Stichprobeverfahren, das aber möglichst genau sein sollte, um statistische Relevanz zu garantieren.

Deswegen ist auch "ganz Bayern mit einem Gitternetz überzogen", erklärt Forstoberrat Peter Tretter vom Rother Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten am Rande des Waldstücks von Gerhard Bachinger hinter dem Gelände des SV Pfaffenhofen. Die Rasterpunkte sind 1,225 Kilometer voneinander entfernt, pro Hegegemeinschaft werden bis zu 40 Messpunkte unter die Lupe genommen. Wobei einer von ihnen aus einer genau festgelegten Anordnung von fünf Unterpunkten besteht.

Wie die Messungen genau funktionieren, erklären vor Ort Jonas Herrmann als neuer zuständiger Revierleiter des Amtes, sowie Andreas Fleig, der dort als Forstanwärter tätig ist. An jedem Unterpunkt werden die bis zu 1,3 Meter hohen Bäumchen mit gelben Wäscheklammern versehen, die unter 20 Zentimeter kleinen Pflänzchen mit blauen Wäscheklammern. Die maximale Höhe ist kein Zufall. "Die Gipfelknospe muss vom Schalenwild erreichbar sein", sagt Fleig. Aufgenommen wird, wo bei welchem Gehölz Verbiss oder Fegeschaden festzustellen sind, um welche Baumart es sich handelt sowie die Höhe der Pflanze.

15 "gelbe" Bäume gilt es zu vermessen, dazu fünf "blaue", "wenn denn welche da sind", sagt der Forstanwärter. Auch die größeren Exemplare mit "Überverbisshöhe" kommen ins Visier. Festgehalten werden die Werte in einem sogenannten Toughbook, dem robusten Bruder des Notebook. Ein solch "taffes" Gerät führt auch Herrmann mit, der die ihm von Feigl zugerufenen Daten dort sogleich eingibt - Stift und Block haben bei den Aufnahmen zum Gutachten längst ausgedient.

Seit 1986 wird es bereits durchgeführt, wie Tretter erklärt, damit ist nun in Bayern der zwölfte Durchgang gestartet. Bis etwa Ende April soll vermessen werden, einen konkreten Stichtag gibt es nicht. Den gibt die Natur vor: "Wenn die Knospen austreiben, geht nichts mehr", sagt der Forstoberrat.

Bis dahin gibt es viel zu tun. Allein im Rother Amtsbezirk gilt es in den 22 Hegegemeinschaften 836 Punkte zu vermessen, wobei für einen einzigen (mit seinen fünf Unterpunkten) seitens des zuständigen Revierleiters rund eine Stunde Zeit benötigt wird. Dieses penible Vorgehen ist nicht ohne Grund. "Wir wollen verlässliche Zahlen liefern", sagt der Forstbereichschef Christian Kölling.

Die Transparenz und die Glaubwürdigkeit des Verfahrens müssten gewährleistet sein, denn schließlich werde aufgrund des Gutachtens die Abschussplanung für das Rehwild erstellt. Hier ist das Landratsamt in einem eigenen Verfahren gefragt. Die Messungen im Walde Bachingers liefern bei dem Begang recht positive Ergebnisse. "Das Wild hat es hier nicht geschafft, alles zu verbeißen", stellt Kölling fest. Man dürfe allerdings nicht von einem Punkt auf die Situation in der gesamten Hegegemeinschaft schließen, gibt Tretter zu bedenken. Denn die guten Resultate einer Aufnahme könnten sich bei der Gesamtbetrachtung auch "schnell verflüchtigen."

Wie wichtig das Gutachten ist, machte der Ortstermin ebenso deutlich. Denn durch Hitze, Pilzbefall, Prachtkäfer und Misteln ist die Kiefer in jenem Waldstück "hochgradig gefährdet", sagt Kölling. Umso wichtiger sei es, dass Neues nachkomme. Hier beispielsweise stelle die Natur "vieles kostenlos zur Verfügung, was sich für den Zukunftswald nutzen lässt" - darunter die Eiche in erstaunlichen Anteilen, die Buche sowie die Vogelbeere. Doch all diese Neulinge unter den Bäumen dürften eben nicht zu 100 Prozent verbissen werden, wenn der klimaverträgliche Waldumbau gelingen soll. Und genau der sei ein großes Ziel des Gutachtens, es sei eben "kein Mittel, die Jäger zu ärgern." Denn "wenn der Wald wächst, dann geht es auch dem Wild gut".