Kein Fläschchen Rotwein in Ehren

Die Korruptionsrichtlinien in Landratsamt und Rathaus sind streng: "So einfach geht das nicht"

19.01.2012 | Stand 03.12.2020, 1:56 Uhr

Ein Fläschchen Wein als kleine Gabe? Als Dankeschön vielleicht noch annehmbar, aber um den Sachbearbeiter gewogen zu stimmen - Foto: chl

Eichstätt (chl) Ein feines Fläschchen Rotwein „in Ehren“, eine Schachtel edler Pralinés, Fußballkarten für ein ausverkauftes Top-Ligaspiel, um einen Vorgang zu beschleunigen oder den „Ermessensspielraum“ des Beamten günstig zu beeinflussen? Altgediente Mitarbeiter des Eichstätter Landratsamts hätten so manche Episode zu berichten von verschiedensten Versuchungen, denen es zu widerstehen galt.

„Da könnte wohl jeder eine Geschichte von früher erzählen“, sagt Pressesprecher Manfred Schmidmeier, allerdings von viel früher. „Diese Zeiten sind absolut vorbei.“ Heutzutage sei das „Gottseidank“ kein Thema mehr, denn „die Leute haben jetzt seit gut zehn Jahren verstanden, dass wir nichts annehmen, und halten sich zum Glück mit Geschenken zurück“.

Schmidmeier selbst hatte in seiner Anfangszeit ein „unmoralisches Angebot“ abzuwehren: Da steckte doch tatsächlich in den Formularen zu einem Einbürgerungsantrag ein Hundert-Mark-Schein. „Dem habe ich dann schon deutlich Bescheid gegeben, dass so etwas mit mir nicht zu machen und bei uns nicht die Regel ist.“

Im Zuge der Affäre um den Bundespräsidenten Christian Wulff, dem nun immer mehr Annahmen von strittigen persönlichen Vergünstigungen vorgeworfen werden, verweist auch das Landratsamt auf Anfrage auf strikte Richtlinien „zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung“. Und Schmidmeier betont: „Das ist kein Spaß.“

Das Landratsamt ist in verschiedenen Bereichen Genehmigungsbehörde. Theoretisch ist es also durchaus möglich, dass es da Versuche geben könnte, die Entscheidungsträger im Amt durch Aufmerksamkeiten gewogen zu stimmen. Doch Schmidmeier erklärt: „So einfach geht das nicht.“ Bei Vergaben zum Beispiel würden die Richtlinien von öffentlichen Auftragsvergaben penibel eingehalten und überprüft. Außerdem gelte bei Entscheidungen meist das „Mehr-augen-Prinzip“. Die „Entscheidungen müssen ja alle begründet werden, wir haben da eine große Transparenz“.

Die Mitarbeiter des Landratsamts werden auch regelmäßig für das Thema sensibilisiert, sagt Schmidmeier – besonders in der Vorweihnachtszeit. Dazu hat auch Landrat Anton Knapp ein Rundschreiben herausgegeben, in dem es heißt: „Allgemein gilt wie bisher, dass ein Geschenk nicht angenommen werden darf, wenn durch die Geschenkgewährung versucht wird, ein Geflecht wechselseitiger Beziehungen und Abhängigkeiten zu schaffen und dadurch auf die Dienstausübung und insbesondere auch auf den Ermessensgebrauch Einfluss zu nehmen.“

Wobei hier Augenmaß gefragt ist: „Wir setzen auf den gesunden Menschenverstand und das Gewissen der Mitarbeiter“, sagt Schmidmeier. Die Annahme eines kleinen Wandkalenders, eines Kugelschreibers oder auch einmal einer Tafel Schokolade als „Dankeschön“ ist also nicht automatisch ein Verstoß gegen die Richtlinien. Allerdings gibt es im Landratsamt keine ausdrücklichen Wertgrenzen, und deshalb sollten die Mitarbeiter lieber Vorsicht walten lassen. „Der Landrat hat zu Beginn seiner Amtszeit auch einige Geschenke zurückgeschickt.“ Im Zweifel sollten die Mitarbeiter Geschenkangebote ablehnen oder der Hauptverwaltung melden. „Wenn das dann genehmigt wird, gibt es kein Problem.“

Ansonsten können die Probleme gewaltig werden, sagt Schmidmeier: „Vorteilsannahmen würden dienst- und strafrechtlich relevant.“ Für das Landratsamt ist das nur fiktiv, für das Eichstätter Rathaus war es schon schmerzhafte Realität: Der Fall des damaligen Stadtbaumeisters, der 2001 wegen Vorteilsnahme zu acht Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 10 000 Mark verurteilt worden war, ist unvergessen.

„Außer diesem einen großen Fall hatten wir hier nie ein Problem“, sagt der Geschäftsführende Beamte der Stadt, Hans Bittl. Im Rathaus gelten wie im Landratsamt auch die einschlägigen beamten- und tarifrechtlichen Vorschriften. Und die besagen, dass grundsätzlich nichts angenommen werden dürfe, außer vom Dienstherrn genehmigte Ausnahmen. In der Praxis heißt das im Rathaus, dass kleine Dankesgaben – etwa eine Tafel Schokolade, ein Kalender oder Dinge von geringem materiellen Wert geduldet sind: „Das ist ja immer auch ein gewisser Zwiespalt“, sagt Bittl. Denn wenn sich jemand bedanken wolle, weil man beim Ausfüllen von Formularen über die übliche Freundlichkeit hinaus geholfen habe, „dann will man den ja nicht vor den Kopf stoßen“.

Früher hat die Stadtverwaltung besonders die Vorweihnachtsgaben – Weinflaschen, Süßigkeiten und anderes – gesammelt und den Senioren im Heilig-Geist-Spital weitergegeben. Heutzutage seien diese Gaben auch im Rathaus deutlich weniger geworden. Und Bittl ist darüber nicht traurig.