Ingolstadt
Kaufmännischer Sachverstand für die Justiz

Landgericht ernennt vier weitere ehrenamtliche Richter für eine zweite Handelskammer

14.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:58 Uhr
Zukünftig werden sich zwei Kammern des Ingolstädter Landgerichts mit den oft langwierigen Handelssachen beschäftigen: Die neue führt die Vorsitzende Richterin Birgit Piechulla (links), die bestehende leitet der Vorsitzende Richter Franz Kugler (rechts). Ihnen zur Seite stehen ab sofort zusätzlich zu einer Sechsergruppe die vier neuen ehrenamtlichen Handelsrichter Konrad Strobl, Astrid Birkner, Peter Heinzlmair und Ignaz Schiele. Landgerichtspräsidentin Sibylle Dworazik (von links) überreichte ihnen gestern die Ernennungsurkunden. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Über einen Mangel an Arbeit können sich die Richter in der Stadt nicht beklagen. Ganz im Gegenteil. Wegen der großen Belastung gerade bei den aufwendigen Wirtschaftsstreitigkeiten erhält das Landgericht jetzt eine zweite Handelskammer, die jeweils mit einem Berufsrichter und zwei Handelsrichtern besetzt sind. Vier neue Ehrenamtliche wurden deshalb nötig und nun gestern ernannt.

Der intensive Machtkampf bei MediaMarktSaturn war so ein Fall, die Klage der sogenannten Gaspreisrebellen gegen die Ingolstädter Stadtwerke, der millionenschwere Vorwurf eines spanischen Zulieferers, die Audi AG sei an der Insolvenz dessen Druckgussteilewerks schuld, Plagiatsvorwürfe wegen eines Wischmops oder auch der genaue Zeitpunkt der Pleite des Herren-Ausstatters Bäumler beschäftigten schon die Handelskammer des Landgerichts - und tun es teils noch heute. Es sind also viele große, spannende und zum Teil auch weitreichende Prozesse, die in den Spezialkammern entschieden werden.

Beteiligt sind ehrenamtliche Richter, die aber anders als die Schöffen in Strafprozessen nicht als Laienrichter fungieren, sondern wegen ihres kaufmännischen Hintergrunds als sachkundig gelten - weil sie aus dem Geschäftsleben stammen. Um Handelsrichter zu werden, muss man nicht nur mehr älter als 30 sein, sondern vor allem als Geschäftsführer, Prokurist oder in vergleichbarer Tätigkeit im Handels- oder Genossenschaftsregister eingetragen sein. So wie Konrad Strobl (Gaimersheim), Astrid Birkner (Scheyern), Peter Heinzlmair (Pfaffenhofen) und Ignaz Schiele (Eichstätt), die allesamt für mindestens fünf Jahre im Ehrenamt am Landgericht gleichberechtigt mit den Berufsrichtern mitentscheiden werden.

Sie alle wurden als "verständige Kaufleut" von der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern ausgewählt und dem Landgericht vorgeschlagen. "Wir achten auf die regionale Verteilung, aber auch auf den Anteil männlich-weiblich, wobei die Suche nach Frauen immer etwas schwieriger ist", sagt die IHK-Justiziarin Beate Ortlepp. Wichtig sei auch der Branchenmix der Handelsrichter, die den Berufsrichtern mit Expertisen aus Handel, Dienstleistung und produzierendem Gewerbe zur Seite stehen.

"Eine spannende Sache und eine neue Erfahrung", erhofft sich dabei Ignaz Schiele von seinem Engagement. Er will "die Unternehmersicht" in die Waagschale werfen, wenn es aus seiner Sicht vielleicht etwas zu streng formaljuristisch zugehen sollte.

Viel Erfahrung aus dem internationalen Warendienstleistungsverkehr kann und will Peter Heinzlmair einbringen, ebenso die Sicht des "anständigen Unternehmers". Darauf greift das Landgericht gerne zurück.

Christian Rehberger