Eichstätt
Kapital auf der Flucht

Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank Claudia Buch eröffnete Ringvorlesung K’Universale

01.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:36 Uhr

Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch wurde von (von links) Ulrich Kropac, Jonas Bodensohn und Bernhard Sill, den Organisatoren der Vortragsreihe K’Universale) begrüßt. - Foto: Schulte Strathaus/upd

Eichstätt (upd) Aktuelle Fragen aufgreifen und sie im ursprünglichen Sinn von „katholisch“ – also allumfassend – ergründen will zum fünften Mal die Vortragsreihe „K’Universale“ an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU). Dass die Organisatoren der Reihe mit ihrem diesjährigen Oberthema „Flucht“ so nah an der aktuellen Situation sein würden, war für sie bei den Vorbereitungen vor einem Jahr nicht absehbar, wie Professor Ulrich Kropac beim Auftakt der Reihe am Donnerstag erläuterte.

Ziel sei es erneut gewesen, ein Angebot für Studierende fernab des Fachstudiums und die breite Öffentlichkeit zu schaffen. Daher werden die elf Vorträge der Reihe nicht nur auf die aktuelle Lage eingehen, sondern auch musikalische, theologische, sowie ökonomische Aspekte in den Mittelpunkt stellen.

Zum Start von K’Universale konnten die Organisatoren mit Professor Claudia Buch die Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank für einen Vortrag zum Thema „Kapitalflucht“ gewinnen. In ihren einstündigen und frei gehaltenen Ausführungen gab sie auch Zuhörern ohne wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund fundierten und verständlichen Einblick in die Entstehung der Banken- und Staatsschuldenkrise.

Kapitalflucht, also der plötzliche Abzug und Transfer von Vermögen aus einem Land, habe in der wissenschaftlichen Literatur bis zur Finanzkrise von 2007/2008 vor allem als ein Phänomen in Schwellen- und Entwicklungsländern eine Rolle gespielt. Für andere Staaten wurde dies für unwahrscheinlich gehalten. Anhand verschiedener Statistiken illustrierte Buch die Entwicklung von internationalen Kapitalströmen und die Auswirkungen von Deregulierung in der Zeit vor der Finanzkrise: Während in den 80er- und 90er-Jahren grenzüberschreitende Kapitalflüsse moderat verliefen, stiegen sie bis 2007 exponentiell an. „Ein freier Kapitalverkehr hat Vorteile: Er fördert den internationalen Handel und bietet die Möglichkeit, seine Risiken breiter zu streuen“, betonte Buch. Aber andererseits seien die mit einem solchen freien Kapitalfluss verbunden Risiken vor der Finanzkrise zu gering eingeschätzt worden.

„Geld ist gebundenes Vertrauen“, so Buch. Die abrupte Umkehr der Kapitalströme im Zuge der Finanzkrise sei damit auch ein Zeichen großer Unsicherheit und verloren gegangenem Vertrauen gewesen. Hinzu käme, dass die europäischen Länder zu unterschiedlichen Zeitpunkten davon getroffen worden seien. Generell habe das Eurosystem dazu beigetragen, einen Teil des Drucks abzumildern.

Als einen wesentlichen Faktor für die Staatsschuldenkrise beschrieb Claudia Buch ein Ungleichgewicht zwischen dem, was sich Länder realwirtschaftlich leisten können und ihren finanziellen Gegebenheiten.

„Finanzkrisen haben enorme realwirtschaftliche Kosten“, warnte sie. Deshalb habe ein neuer Ordnungsrahmen zum einen das Ziel, die Wahrscheinlichkeit einer Krise zu vermindern, zum anderen den Umgang mit Krisen durch geordnete Verfahren zu verbessern. Unter anderem seien Vereinbarungen zur Höchstverschuldung auf nationaler Ebene nun rechtlich kodifiziert, die Bankenaufsicht sei von den europäischen Staaten an die Europäische Bankenunion übertragen worden. Bezogen auf die Rolle von Notenbanken betonte Claudia Buch, dass diese nicht strukturelle Probleme lösen könnten, sondern in erster Linie für Liquidität zu sorgen hätten.