Berchtesgaden
Kampf um die Karriere

ERC-Verteidiger Benedikt Kohl arbeitet nach Viruserkrankung an Comeback - mit offenem Ausgang

30.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:23 Uhr
Leisten-Operation und Virusinfektion: Benedikt Kohl hat zwei verkorkste Spielzeiten hinter sich. −Foto: Meyer

Berchtesgaden/Ingolstadt (DK) Zwei Spielzeiten zum Vergessen hat Benedikt Kohl hinter sich. Im Sommer 2016 musste sich der Verteidiger des ERC Ingolstadt einer Leisten-Operation unterziehen, ehe ihn das Epstein-Barr-Virus außer Gefecht setzte. Der 30-Jährige ist allerdings guter Dinge, in der kommenden Saison wieder der Alte zu sein. Sicher sein kann er sich allerdings nicht - denn das Virus verbleibt ein Leben lang im Körper.

Bei einer Mountainbike-Tour zu den Almen in seiner Heimat im Berchtesgadener Land sammelte Kohl am Mittwoch Kraft für die kommende Saison in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Die soll nach dem Willen des Verteidigers wieder erfolgreicher verlaufen als die vergangenen beiden Seuchenjahre. Zur Erinnerung: Wegen einer Leisten-Operation verpasste Kohl fast die gesamte Vorbereitung auf die Spielzeit 2016/17, die für den sonst so verlässlichen Nationalspieler mit nur einem Treffer und einem Plus-Minus-Wert (Differenz von Treffern und Gegentreffern bei eigener Eiszeit) von -15 enttäuschend verlief. "Das Virus hat schon in der Endphase dieser Saison mitgespielt", ist Kohl sicher.

Der Verteidiger meint damit das Epstein-Barr-Virus aus der Familie der Herpesviren, das unter anderem das Pfeiffersche Drüsenfieber auslöst. Fast alle Erwachsenen tragen es in sich, doch vor allem Spitzensportler gelten durch hohe Belastungen und die damit verbundene kurzfristige Schwächung des Immunsystems als anfällig für den Ausbruch.

Besonders schlimm erwischte es Olaf Bodden. Der ehemalige Fußballer des TSV 1860 München erkrankte vor mehr als 20 Jahren am Pfeifferschen Drüsenfieber, leidet als Folge nun am Chronischen Erschöpfungssyndrom und ist ein Pflegefall. Auch ERC-Verteidiger Kohl kennt den Fall. "Man sollte aber nicht schauen, wie die Krankheit bei anderen verlaufen ist", meint Kohl. "Bei jedem spielen andere Faktoren mit rein, es gibt verschiedene Ausprägungen und auch verschiedene Meinungen der Ärzte."

In der Sommerpause 2017 glaubte Kohl, sich komplett auskuriert zu haben - doch im Herbst traten die Erschöpfungserscheinungen, ausgelöst durch das Virus, erneut auf. "In den Belastungsphasen schwächst du das Immunsystem. Und als wir im November so viele Spiele hatten, habe ich das richtig gemerkt. Ich habe nicht mehr regeneriert", erzählt der dreimalige WM-Teilnehmer. Schon zum Jahreswechsel war die Saison für ihn dann endgültig beendet.

Wieder setzte die Erholung rasch ein: "Nach der Pause habe ich mich relativ schnell wieder gut gefühlt", sagt Kohl, dem ERC-Fitnesstrainerin Maritta Becker und die Mannschaftsärzte zunächst Schonung verordneten. Doch ob das Virus, das ein Leben lang im Körper verbleibt, unter der Belastung einer harten und zehrenden Eishockey-Saison nicht wieder Probleme macht, weiß niemand so genau. "Ich gehe nicht davon aus und bin guter Dinge. Es geht darum, das Immunsystem und das Virus unter Kontrolle zu haben", gibt sich Kohl optimistisch. Falls es erneut ausbrechen sollte, wäre das aus seiner Sicht der "Worst Case": Selbst ein Karriereende sei dann nicht ausgeschlossen. "So etwas sollte man im Hinterkopf haben, aber noch ist das kein Thema", sagt Kohl.

Ablenkung bei seinem Kampf um die Karriere schenkt dem 557-fachen DEL-Spieler seine Familie, die vor drei Monaten Zuwachs erhalten hat: Kohl und seine Ehefrau Lisa sind Eltern der kleinen Maja geworden. "Sie ist quietschfidel", sagt Kohl stolz. Demnächst geht es für ein paar Tage zum Gardasee - zum Krafttanken für das Comeback auf dem Eis.
 

Alexander Petri