Aichach
Jury konnte sich nicht entscheiden

Aichacher Kunstpreis wird erstmals geteilt und geht an zwei Künstler

25.06.2013 | Stand 02.12.2020, 23:59 Uhr

 

Aichach (SZ) Der Aichacher Kunstpreis wurde am Sonntag erstmals doppelt vergeben. Die Jury, bestehend aus Klaus Habermann (Bürgermeister), Birgit Cischek (Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse), Renate Miller-Gruber (Kunsthistorikerin und Vorstandsmitglied des Kunstvereins Augsburg), Jakob Steinberger (Vorsitzender des Kunstvereins Aichach) sowie Alex Trespi (Preisträger 2012), hatten sich nicht entscheiden können: Ruth Strähhuber mit ihrer Video-Arbeit „Unsichtbar, eine Anleitung“ und Michael Herdens überdimensionale Graphitzeichnung „Kampenwand“ erhalten so je die Hälfte des auf 3500 Euro aufgestockten Preisgeldes.

Die in Fürstenfeldbruck geborene Künstlerin Strähhuber demonstriert, dass Unsichtbarwerden nicht durch die Eigenschaften des Gegenstandes vonstatten geht, sondern durch die Eigenschaften des abdeckenden Materials – in diesem Fall weißes Papier in einer Schneelandschaft. Ein Strudel aus Linien und Strichen, der wie ein Fliegenschwarm übers Bild fegt, zeigt auf der über zwei Meter hohen, auf mehreren Kupferdruckpapieren angefertigten Grafik den Blick von der Kampenwand in die Heimatregion des Rosenheimer Künstlers Michael Herden und reißt den Blick des Betrachters förmlich mit in die Windungen und Kurven der Flusslandschaft.

Die Auswahl fiel schwer, bei der „hohen Qualität“ der 295 eingereichten Arbeiten, so Steinberger. 65 davon können die Besucher nun beurteilen. Und dies ist erstmals wörtlich gemeint, da jeder Besucher mittels Stimmzettel sein Votum bis zum 21. Juli abgeben kann. Im Juli wird der mit 300 Euro von der Stadtsparkasse gesponserte Publikumspreis verliehen.

Laut Habermann belege der Preis, dass Aichach „in der Kunstszene inzwischen installiert ist,“ wobei die Hallen des San-Depots wieder einmal ihre Eignung für die Vielfalt der Ausstellungsexponate bewiesen. Birgit Cischeks „Kunst macht sichtbar, was hinter den Dingen liegt“ forderte die Besucher auf, sich auf die Exponate einzulassen.

Immer wieder begegnet man den Themen „Erinnern und Bewahren“, „Verantwortung und Verantwortungslosigkeit“, aber auch „Politik und Gesellschaft“. In der Assemblage von Anna Higgs lebt „Michael Jackson“ wieder auf, und man findet bei Maxim Fomenko den „Alten Hasen“ der Politik. In „Memory“ von Heike Jobst wird der Betrachter als Schattenriss selbst zu einem wesentlichen Teil des Werks, und die Metaphern des Aufbrechens, des Neuanfangs im Frühjahr bekommen durch die überdimensionierten, geöffneten Handschellen aus Stahl von Guido Weggenmann mit dem Titel „Frühling“ eine ganz neue Dimension. Fast unscheinbar zwischen den teils raumgreifenden Installationen entdeckt man die vierteilige Ölbildreihe von Melanie Siegel, die unterschiedliche, jedoch verschleiert wirkende Durchblicke eindrucksvoll offenbart.

Wie banal das Material sein kann und wie grandios die Wirkung, zeigt die Arbeit „Das goldene Labyrinth“ von Simona Petrauskaite. Sie tackerte rund 100 000 vergoldete Metallklammern auf eine Platte und belegte beeindruckend, was sich durch Streuung und Verdichtung erreichen lässt. Eher wie ein Bienenschwarm als wie eine „cloud“ wirkt Babette Ueberchärs Installation aus mit Transparentpapier abgeformten Teilen von Puppen.

Dass Zusammenstellung und Hängung einen großen Einfluss auf die Wirkung haben, stellt das gelungene Zusammenspiel der Steinguss-Skulptur „Gespalten“ mit dem dahinter hängenden Bild „Fliegenfrau“ von Daniele Kammerer unter Beweis. Gerade dieser Aspekt einer Ausstellung verlangt viel Feingefühl und Mut. Dafür und für die viele Arbeit dankten die Redner allen Helfern und Organisatoren.