Pfaffenhofen
"Jugendliche brauchen Plätze für sich"

Martin Herker ist der neuer Geschäftsführer des Kreisjugendrings Pfaffenhofen

29.01.2019 | Stand 25.10.2023, 10:29 Uhr
Will etwas Gutes schaffen: Der neue Geschäftsführer Martin Herker mit seiner neuen Mitarbeiterin Johanna Michels vor der Geschäftsstelle des Kreisjugendrings in Pfaffenhofen. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Helfen, etwa Gutes schaffen, schlummernde Ressourcen wecken - das ist das Credo des neuen Hausherrn in der Ingolstädter Straße 16 in Pfaffenhofen: Zum Jahresanfang hat Martin Herker hier die Geschäftsführung des Kreisjugendrings (KJR) übernommen.

Der 36-Jährige kann äußerlich seinen vier Jahre älteren Bruder Thomas, den Bürgermeister der Stadt, nicht verleugnen. Die Ähnlichkeit ist frappierend. Und auch sonst drängen sich Gemeinsamkeiten auf. Beide engagieren sich für die Gesellschaft, beide wollen etwas bewegen und vorantreiben. Diese Prägung, die politische Bildung, sagt Martin Herker, haben sie vom Elternhaus mitbekommen. Der Vater, ein Hauptkommissar bei der Ingolstädter Kripo, war ein überzeugter CSUler. Seine Jungs gingen andere Wege.

Wie sein älterer Bruder, der Betriebswirtschaft studierte, überlegte auch Martin nach dem Realschulabschluss in Pfaffenhofen, in die Wirtschaft zu gehen, "vielleicht in Richtung Banker", aber dann sei ihm schnell klar geworden: "Ich muss nicht reich werden. Ich habe gemerkt, dass ich etwas Gutes schaffen will." Klar, auch Banker können sich sozial engagieren, aber der junge Herker wollte unmittelbarer mit seinen Mitmenschen zu tun haben. In Ingolstadt besuchte er die Fachoberschule für Sozialwesen und sammelte als Praktikant für jeweils zwölf Wochen erste Erfahrungen bei der Pfaffenhofener Stadtjugendpflege und beim BRK im Pflegedienst. "Man dringt in den privatesten Raum eines Menschen ein", sagt er, "und der wichtigste Codex dabei ist der Respekt vor dem anderen. Man muss so mit ihm umgehen, wie man selbst behandelt werden möchte."

In Erfurt studierte er anschließend acht Semester Soziale Arbeit und Sozialpädagogik. Diplomiert kehrte er nach Pfaffenhofen zurück und arbeitete drei Jahre bei "Familia", der Sozialeinrichtung für seelisch belastete und psychisch erkrankte Erwachsene. Herker betreute Wohngruppen, verhalf den Patienten wieder zu einem geordneten Tagesablauf und versuchte, sie an den Arbeitsmarkt zu führen. "Die Menschen wieder auf eine stabile Bahn zu bringen, ihnen helfen, ihre Stärken zu entdecken", das war seine Aufgabe.

"Aber ich merkte, ich will mit Jugendlichen arbeiten." Da kam ihm eine offene Stelle bei der Stadtjugendpflege wie gerufen. Etwas Neues aufbauen, das reizte ihn. Er war Hauptverantwortlicher für die Errichtung des Jugendzentrums "Frontstage" an der Unteren Stadtmauer, bis der Jugendtreff dann zum Eisstadion verlegt wurde.

So wie Martin Herker über seine Arbeit mit Jugendlichen redet, spürt man: Das ist mehr als ein Job, das ist ihm eine Herzensangelegenheit. Sie wieder auf die Spur zu heben, wenn sie durch Probleme ins Schlingern gekommen sind, sie zu bestärken, ihre Ressourcen zu entdecken, gehört zum Kern der Offenen Jugendarbeit. "Man unterschätzt heute Jugendliche", sagt Herker, "man traut ihnen weniger zu als sie können. Sie interessieren sich für gesellschaftliche Zustände und denken vorausschauend. Und sie engagieren sich für die Gemeinschaft und suchen Zusammenhalt. Es gibt so viele, die ehrenamtlich das Vereinsleben weitertragen." Ein starkes Plädoyer für junge Leute. Aber gibt es nicht auch die, die randalieren und zerstören? Das Thema nimmt der Sozialpädagoge ernst, es werde in Pfaffenhofen aber aufgebauscht. "Soziale Probleme verschärfen sich dort, wo wirtschaftliche Not herrscht." Aber Pfaffenhofen ist nicht Berlin-Neukölln, hier brauche es keinen Streetworker. "Jugendliche brauchen Plätze, wo sie Gemeinschaft erleben können." Wenn sie die zerstören wie am Gerolsbach, dann verlieren sie diese Plätze. "Das sage ich ihnen auch."

Herker sitzt im Büro des KJR, ein großer Raum auf zwei Ebenen mit vier Schreibtischen, der Besprechungstisch mit ein paar Stühlen ist nur optisch durch eine Stellwand abgetrennt. Jugendarbeit ist Teamwork, und deshalb hat Herker Johanna Michels, 30, zum Gespräch dazu gebeten, ein Neuzugang aus Freising. Die Sozialpädagogin betreut unter anderem die KJR-Angebote. Der Kreisjugendring organisiert Veranstaltungen wie Jugendzeltlager, Freizeiten und Tagesveranstaltungen. Auch "Hallertown", die Ferienaktion, die alle zwei Jahre auf dem Gelände des Prielhofs in Scheyern mit täglich rund 500 begeisterten Kindern stattfand, soll wieder aufleben. "Wir sind auf der Suche nach einem passenden Gelände", sagt Herker. Mehr will er nicht verraten.

Herker hat auch Visionen: Er will die Zusammenarbeit der Gemeinden forcieren, gemeinsame Kicker- oder Fußballturniere organisieren, die "politische Bildungsschiene" ausbauen und die Jugendparlamente in der Region zusammenbringen, "um gegenseitig voreinander zu profitieren". "Auf diese Zusammenarbeit freue ich mich", sagt Herker. Und natürlich auf die Arbeit mit den 22 Jugendvereinen und -verbänden, für deren Belange sich der KJR als Dachverband einsetzt. Nach seiner Arbeit an der Basis will der neue Geschäftsführer jetzt "anderen bei der Strukturierung der Jugendarbeit helfen". Dazu gehört, Fördermittel locker zu machen und sich für Themen einzusetzen, die Jugendlichen auf den Nägeln brennen: bezahlbarer Wohnraum, digitale Infrastruktur, Mobilität.

Als Sozialpädagoge weiß Herker, dass er in einem Bereich arbeitet, wo man Geduld braucht und dicke Bretter bohren muss. Was ist für ihn die wichtigste Voraussetzung für diesen Job? "Man muss gern mit Menschen arbeiten und ihren Werten und Vorstellungen gerecht werden wollen."

Albert Herchenbach