STADTGEFLÜSTER
Journalisten auf Entdeckungsreise

05.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:17 Uhr

(hl) Es ist immer gut, wenn mal jemand mit frischem Blick an die Dinge herangeht, die uns so selbstverständlich sind, dass sie uns gar nicht mehr auffallen.

Welcher Ingolstädter ist sich etwa noch bewusst, dass wir einen Hauptbahnhof haben? Oder ein Automobilwerk? Eine Fußgängerzone gar? Sie sehen schon: So etwas gerät leicht in Vergessenheit. Da muss man wirklich dankbar dafür sein, dass sich gleich drei Journalisten aus dem fernen Frankfurt a. M. (das muss irgendwo in Hessen liegen) die Mühe gemacht haben, unsere kleine Schanz für ihr Satiremagazin zu erkunden und ihre Erkenntnisse dort selbst auszubreiten. Titel: "Ingolstadt - hoit Dei Fotzn! "

Es ging dem Recherchetrio von der "Titanic" (das Blatt ist seit 39 Jahren unsinkbar) darum, zu ergründen, was einen leibhaftigen deutschen Innenminister dazu bringen kann, sich das Thema "Heimat" so inbrünstig auf die Fahnen zu schreiben wie es unser Bundes-Horst neuerdings tut. Der Schlüssel zur Antwort, so befanden jedenfalls die Kollegen, müsse in Seehofers Heimatstadt am ehesten zu finden sein. Doch um es vorweg zu nehmen: Gefunden haben sie ihn nicht. Der Bundesinnenminister und gewesene bayerische Ministerpräsident komme nicht einmal in der städtischen Touristenbroschüre unter der Rubrik "Berühmte Ingolstädter" vor, so die Erkenntnis der Besucher - im Gegensatz zu Frankensteins Monster. Dieser denkwürdige Umstand habe Seehofers "Flucht nach Berlin" womöglich begünstigt, wird spekuliert.

Der geneigte Leser erfährt ansonsten auf zweieinhalb Magazinseiten noch, dass Ingolstadt einen Bahnhalt hat, an dem man auch vorbeifahren kann: Einer der drei Reporter stieg aus unerfindlichen Gründen erst in Rohrbach aus - da wäre er doch besser gleich bis München sitzen geblieben. Aber gut. Endlich am wirklichen Ingolstädter Hauptbahnhof vereint, erkundete das Team wohl ausgiebig unser Tor zur Welt, nur um zu befinden, dass es dort "nur wenig belebter" als an der Rohrbacher Station zugehe. Das hätten wir den Leuten aus Mainhattan aber vorher sagen können - wo doch bei uns fast jeder Auto fährt!

Dass es in dieser Stadt eine kleine Fabrik gibt, die ab und an ein solches Auto fertigt, haben die Frankfurter Enthüllungsjournalisten dann auch noch herausbekommen, sich sogar noch die anheimelnde Atmosphäre des benachbarten Güterverkehrszentrums erwandert und in einem vermeintlich urbayerischen Lokal in der Fußgängerzone dann leider doch keinen Gamsbartträger, sondern nur einen "Hipster mit Laptop" entdeckt. Ja, das war Pech.

Ach ja, und dann gab es noch einen kurzen Blick in die Ingolstädter Medienlandschaft. Erhascht haben die Besucher da das kostenlose Blattl eines Kollegen, der ob seiner Funktionen als Chefredakteur, Redakteur, Fotograf, Kolumnist und Layouter als "Journalistenwunder" gepriesen und sogar namentlich genannt wird. In der "Titanic". Herzlichen Glückwunsch!