Jetzt sind die Gutachter gefragt

Ermittlungen nach Doppelmord an Ingolstädter Paar dauern an - Mitwisser könnten Licht ins Dunkel bringen

23.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:19 Uhr
Die Polizei sicherte zahlreiches Material am Fundort der Leichen von Eugen S. und Sabine P. aus Ingolstadt. −Foto: Polizei Ingolstadt

Ingolstadt - Lässt sich das Gewaltverbrechen an Sabine P.

 

und Eugen S. aus Ingolstadt klären? Knapp fünf Monate nach Auffinden der Toten in einem Wald bei Kipfenberg (Kreis Eichstätt) dauert die Arbeit der Kriminalpolizei an. Eine zehnköpfige Ermittlungsgruppe steht vor der schwierigen Aufgabe, den bis Herbst 2002 zurückreichenden Fall zu klären. Aus der damaligen Vermisstensache ist, wie berichtet, ein Doppelmord geworden, nachdem ein Meteoritensucher die sterblichen Überreste des Paares entdeckt hatte. Die Auswertung der am Fundort gesicherten Spuren und alter Akten gestaltet sich mühsam.

"Das Ergebnis umfangreicher Untersuchungen steht noch immer aus", erklärte Michael Graf vom Polizeipräsidium Oberbayern-Nord in Ingolstadt am Mittwoch unserer Zeitung zum Stand der Ermittlungen. "Wir warten unter anderem auf ein Gutachten der Rechtsmedizin in München. " Die Hoffnung gehe dahin, anhand der Spuren an den Knochen der Getöteten Rückschlüsse auf das Tatwerkzeug ziehen zu können. "Das wird aber sicher noch einige Zeit in Anspruch nehmen. "

Bei aller akribischen Arbeit der Kripo setzen die Ermittler aber immer noch auf mögliche Hinweise, denn es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es Mitwisser gibt. Ein Einzeltäter gilt als unwahrscheinlich, an dem Doppelmord waren vermutlich mehrere Personen beteiligt. Möglicherweise gibt es jemanden aus deren Umfeld, der mehr über das brutale Verbrechen weiß und sein Gewissen erleichtern möchte - und wenn es nur anonym geschieht. Jeder noch so kleine Hinweis könnte den Durchbruch bringen, solange die Angaben konkret genug sind.

Das Schicksal des jungen Paares war lange Zeit rätselhaft geblieben. Sabine (23) und Eugen (21) hatten sich am 20. September 2002 in einem Lokal im Ingolstädter Norden aufgehalten. Es war der 23. Geburtstag der Frau, und sie hatte ihren Freund zum Essen eingeladen. Die beiden waren erst seit kurzem zusammen. Es war bereits nach Mitternacht, als sie zuletzt lebend gesehen wurden. Das war am 21. September gegen 2 Uhr vor Eugens Wohnung, der Mann hatte einen Rucksack dabei. Irgendwann danach muss das Paar seinen Mördern in die Hände gefallen sein.

Ein 36 Jahre alter Meteoritensucher aus Nürnberg entdeckte im vergangenen April, fast 18 Jahre später, die sterblichen Überreste der Ingolstädter in einem Waldstück im Birktal auf Kipfenberger Flur. Erst Schädelteile und andere Knochen, dann Herrenschuhe und eine Gürtelschnalle. Nicht weit davon stieß der mit einem Metalldetektor ausgerüstete Sondengänger auf ein Bajonett. Nachdem er die Polizei informiert hatte, kamen neben den Skeletten weitere Utensilien ans Tageslicht. Darunter befindet sich die erstaunlich gut erhaltene Handtasche von Sabine P. Selbst der Busausweis mit ihrem Namen darauf war noch lesbar. Bringt die Auswertung der Spuren und Gegenstände Hinweise zur Eingrenzung des Täterkreises?

Das Paar war im Drogenmilieu daheim, und vieles spricht dafür, dass die Mörder dort zu suchen sind. Gerichtsmediziner stellten bei der Obduktion der Opfer "massive Gewalteinwirkung" als Todesursache fest. Offenbar gibt es Spuren, die darauf schließen lassen, etwa von Messerklingen herrührende Scharten an Rippen oder Brustbein oder durch brutale Schläge entstandene Deformationen am Schädel. Genaueres will die Kripo vorerst nicht in der Zeitung sehen, weil es um Täterwissen geht.

Die sterblichen Überreste sind derweil noch immer nicht zur Bestattung freigegeben, wohl auch, um sich alle forensischen Möglichkeiten zur Klärung des Gewaltverbrechens offen zu lassen. Die Opferangehörigen hoffen auf eine erfolgreiche Arbeit der Polizei, um ein wenig Seelenfrieden zu finden. Doch das Warten auf die Beisetzung zehrt an ihren Nerven.

DK

Horst Richter