Pfaffenhofen
Jetzt sind die Eltern dran

Wenn bis Mitte Februar genug Anmeldungen vorliegen, bekommt Pfaffenhofen die erste richtige Ganztagsschule im Landkreis

24.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:10 Uhr

Pfaffenhofen (PK) Jetzt haben es die Eltern in Pfaffenhofen selbst in der Hand: Entscheiden sich bis Mitte Februar deutlich mehr als 20 dafür, eröffnet ab Herbst in Niederscheyern eine Gebundene Ganztagsschule.

Geben bis spätestens Freitag, 14. Februar, die Mamas und Papas von „deutlich über 20 Kindern“ einen ausgefüllten Fragebogen in der Pfaffenhofener Stadtverwaltung ab, in dem sie das nachdrückliche Interesse bekunden, ihr Kind in einer sogenannten Gebundenen Ganztagsschule unterzubringen, dann wird mit Beginn des nächsten Schuljahres eine entsprechende 1. Klasse an der Grundschule im Ortsteil Niederscheyern eingerichtet.

Das hat der Pfaffenhofener Schulamtsleiter Vitus Schwärzer bei einer Informationsveranstaltung am Donnerstagabend in der Bildungseinrichtung versprochen. Der Pfaffenhofener Stadtrat hatte sich bereits im Dezember einstimmig hinter das von der Rathausverwaltung initiierte Projekt gestellt. Formal erfolgt im Fall eines ausreichenden Interesses der Eltern zwar noch die Prüfung durch die Bezirksregierung von Oberbayern. Doch dort steht man dem Projekt äußerst aufgeschlossenen gegenüber. Margot Degen, die Koordinatorin der Regierung für Ganztagsschulen im Bezirk, warb bei den anwesenden Eltern enthusiastisch für ein Ja. Ihr Vortrag wimmelte geradezu von pädagogischen Superlativen: Kinder, so Degen, würden durch Unterricht in Ganztagsschulen stärker individuell gefördert, die Inhalte vertieft und ergänzt, die soziale Kompetenz des Nachwuchses gestärkt.

Obendrein buttert Vater Staat richtig Geld und Personal rein. Pro Klasse und Schuljahr werden zwölf zusätzliche Lehrerstunden in der Woche bezahlt. Jede neue 1. Klasse bekommt einen Etat von 10 000 Euro für externes Personal. Es gibt zusätzliches Sozial- und Kommunikationstraining, Angebote im musischen und sportlichen Bereich. Wer wollte das alles nicht für seinen Sprössling?

Weil der Landkreis Pfaffenhofen laut der Regierungsbeamtin in Sachen Ganztagsschulen „noch ein weißer Fleck“ auf der Landkarte des Kultusministeriums ist, musste die nächstgelegene entsprechende Einrichtung aus dem Nachbarlandkreis als Referenzmodell herhalten, das ist die Franziska-Umfahrer-Grundschule in Schrobenhausen.

Auf dort aufgenommenen Fotos strahlen überglückliche Buben und Mädchen um die Wette und lassen sich mit Aussagen wie „Toll, ich muss nach der Schule keine Hausarbeiten mehr machen“ oder „Super, ich bin den ganzen Tag mit meinen Freunden zusammen“ zitieren. Und auch die Eltern aus Schrobenhausen waren, wenn man den Übermittlungen von Margot Degen glaubt, voll des Lobes: „Endlich ein stressfreier Feierabend“ oder „Die Noten sind auch in Ordnung“. Klar wurde aber auch im Verlauf des Abends: Ganztagsunterricht ist eine völlig neue Form von Schule und etwas ganz anderes als einfach nur Betreuung bis in den späten Nachmittag. Zunächst einmal muss das Kind täglich von 8 bis 16 Uhr in der Schule bleiben. Den ganzen Tag über wechseln sich Unterrichtsstunden mit Übungs- und Studierzeiten sowie Freizeitaktivitäten ab. Und daran muss jedes Kind, das einmal eingetragen wurde, auch verbindlich teilnehmen. Mal eben ausklinken geht nicht. Ganztagsschule ist definitiv kein „alles kann, nix muss“. Und das gilt dann das gesamte Schuljahr über. Die verbindliche Anmeldung erfolgt parallel zur allgemeinen Schulanmeldung der ABC-Schützen im April. Ein Zurück, darauf legte der Schulamtsleiter nachdrücklich Wert, gibt es dann nur noch in begründeten Ausnahmefällen: Etwa wenn das Kind nach einigen Stunden vehement nach seiner Mama verlangt. Beanspruchungen durch den Vereinssport gehören dagegen nicht dazu. Erst mit der 2. Klasse können die Eltern wieder aussteigen.

Eher nachdenklich zeigte sich der Niederscheyerer Grundschulrektor Dieter Kuczera. Denn während für die Ministerialbeamtin der Fall im Herbst so oder so weitgehend abgeschlossen sein dürfte, geht es für ihn erst richtig los. Und viele Fragen sind für Niederscheyern derzeit noch ungeklärt – darunter das spezielle Profil der Ganztagsschule. Ein solches schreibt das Kultusministerium nämlich vor. Mit Sport soll es zumindest zu tun haben, weil das schon jetzt ein Schwerpunkt der Schule ist. Ein wenig erinnert das an den Kauf der Katze im Sack, was einer Mutter in der Fragerunde auch auf den Nägeln brannte. Man möchte schon gern eine verbindliche Auskunft über das exakte Angebot, bevor man unterschreibt. Schulamtsleiter Schwärzer vergaß auch nicht die Warnung, dass die Verantwortung der Eltern für das schulische Fortkommen ihrer Kinder durch die Ganztagsschule keinesfalls geringer werde. Nachfragen, Üben – all das bleibt genau so wichtig. Man holt da um 16 Uhr kein „bettfertiges“ Kind ab – auch wenn das ganze Modell von seinen Befürwortern immer mit einer „besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ angepriesen wird.

Für einige Erziehungsberechtigte im Saal scheint das Konzept dagegen ziemlich nahe dran an „Wünsch Dir was“: Ob man denn nicht gleich das ganze Projekt deutlich über 16 Uhr hinaus ausdehnen könne, das wäre doch viel besser für Alleinerziehende, lautete eine Frage. Oder ob es eine Kooperation mit der Tanzschule geben könne, die hätten doch ein tolles Angebot, so die Wortmeldung einer anderen Mutter. Und selbstverständlich, tönte eine weitere Anwesende, solle sich auch „qualitativ was bei der Verpflegung tun“, da wäre ihr Sohnemann nämlich „von daheim was anderes gewöhnt“. Spätestens da erinnerte Bürgermeister Thomas Herker (SPD), der sich für das Projekt eingesetzt hatte, ein wenig an Goethes „Zauberlehrling“, als er schon qua Amt etwas bremsen musste.