Ingolstadt
"Jetzt muss was passieren"

Wann kommt der Neubau des Seniorenheimes? Stiftungsvorstand Roland Wersch übt Kritik an der Stadt

13.07.2020 | Stand 23.09.2023, 12:54 Uhr
Wo das alte Hallenbad Mitte stand (in unserem Archivbild rechts) will die Heilig-Geist-Spital-Stiftung ein neues Seniorenheim bauen. Im Februar 2019 gab es einen Stadtratsbeschluss, das Grundstück der Stiftung zum Kauf anzubieten. Doch noch ist alles offen. −Foto: Schalles/Archiv

Ingolstadt - Ende 2024 hätte der Neubau eines modernen Seniorenheimes auf dem Gelände des alten Hallenbades in der Jahnstraße fertig sein und von den Bewohnern des bisherigen Standortes des Heilig Geist Spitals in der Fechtstraße bezogen werden sollen. Diesen Zeitplan hatte der Geschäftsführende Vorstand der Heilig-Geist-Spital-Stiftung, Roland Wersch, Ende vergangenen Jahres genannt. Doch daraus wird nichts werden. Selbst, wenn ab sofort alles reibungslos liefe, ist laut Wersch mindestens ein Jahr verloren. "Wenn wir das bis Ende 2025 hinkriegen, können wir zufrieden sein."

Denn bislang wurden zwei dazu nötige Stadtratsbeschlüsse von der Verwaltung nicht umgesetzt: So habe die Stiftung weder Sicherheit, ob sie das Gründstück in der Jahnstraße, wie vom Stadtrat am 27. Februar 2019 einhellig beschlossen, tatsächlich bekommt, noch sei ein am 25. Juli 2019 ebenfalls einstimmig beschlossene Erbaurechtsvertrag unter Dach und Fach. Er umfasst die Stiftungs-Immobilien Spitalstraße 3, das Technische Rathaus mit Tiefgarage, und Rathausplatz 9, wo das Umweltamt und ein Juwelier untergebracht sind. Nur der in derselben Sitzung im Juli beschlossene wirtschaftliche Ausgleich der Stadt in Höhe von knapp 14,4 Millionen Euro sei zum Jahresende wie zugesagt auf dem Konto der Stiftung eingegangen.

Doch die Stiftung braucht auch den Erbbauvertrag, der ihr bei Überlassung der beiden Immobilien an die Stadt unter anderem über 50 Jahre etwa sechs Prozent Erbbauzins aus dem Grundstückswert (höchstens 550000 Euro pro Jahr) sichert. Der Bauunterhalt und sämtliche Kosten für Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen gehen laut dem Beschluss auf die Stadt über. Was der Stiftung finanzielle Sicherheit gibt für Grundstückskosten und Bauvorhaben in der Jahnstraße. Und für einen möglichen Rückkauf der Immobilie in der Fechtgasse, die derzeit die Stiftung ihrerseits fürs Spital im Erbbaurecht nutzt.

Hinsichtlich des Übergangs der Gebäude Technisches Rathaus und Umweltamt als Erbpacht an die Stadt seien die vertraglichen Details noch nicht abgeschlossen, teilt die Stadt mit. Auch Rechtsberater und Gutachter seien in die Verhandlungen eingebunden. Überdies habe Corona die Kapazitäten innerhalb der Verwaltung in den zurückliegenden Monaten anderweitig gebunden. "Die Gespräche konnten erst im Juli wieder aufgenommen werden."

Für Wersch wird die ganze Angelegenheit allmählich zum "Treppenwitz". "Jetzt muss was passieren", sagt der Stiftungsvorstand. "Ich habe die Nase voll." Wersch hofft auf ein Machtwort des neuen Oberbürgermeisters Christian Scharpf. "Jetzt ist die neue Hausleitung am Zuge."

Was den Standort für den Neubau eines Seniorenheimes in der Jahnstraße anbelangt, sehen Verwaltung und Stiftung den Spielball momentan auf der jeweils anderen Seite. "Um den Stadtratsbeschluss von Februar 2019 zu vollziehen und das Grundstück Jahnstraße zum Kauf anbieten zu können, sei es zunächst notwendig, dass die Stiftung ihre Planungen konkretisiert und entsprechende Angaben hinsichtlich des Nutzungskonzeptes, des Flächenbedarfs, der Bau- und Erschließungsflächen, der Geschossflächenzahl, etc. mitteilt", so Stadtsprecher Michael Klarner. Antworten auf diese nötigen Fragen seien erforderlich, um den Verkehrswert für das Grundstück konkret zu ermitteln und ein entsprechendes Kaufangebot zu erstellen. Bei einem reinen Altenpflegeheim etwa wäre der Gemeinbedarfswert für das Grundstück anzusetzen, bei einer Seniorenwohnanlage mit gewerblichen Angeboten wie Friseur, Dienstleistern oder Arztpraxen kämen je nach Nutzungsumfang Aufschläge auf den Gemeinbedarfswert. Auch seinen zur Vorbereitung eines Kaufangebotes Vorprüfungen zu städtebaulichen und baurechtlichen Fragen vorzunehmen. Klarner verweist auf ein Gespräch beim OB zu verschiedenen Themen der Stiftung im Juni und betont, "im Nachgang dazu ist die Verwaltung derzeit zum Thema Jahnstraße in interner Abstimmung, um entsprechende Anforderungen und Fragen zu formulieren, damit diese der Stiftung zur Beantwortung übermittelt werden können." Lägen die Angaben zu den Vorstellungen der Stiftung vor, erfolge die weitere Prüfung, die in ein konkretes Kaufangebot an die Stiftung münden soll. Und damit müsse sich der Stadtrat voraussichtlich noch einmal befassen.

Wersch nennt das Vorgehen der Stadtverwaltung "seltsam". Er fragt sich: "Gilt der Beschluss noch?" Für ihn ist jetzt die Stadt am Zuge. "Ist sie bereit, zu verkaufen, und was darf ich in Sachen Verdichtung und Höhe bauen?" Danach könne man über den Preis sprechen. Er selbst habe, bevor er nach Ingolstadt gekommen sei, um die Heilig-Geist-Spital-Stiftung aus der finanziellen Krise zu führen, auch mit Immobilien gearbeitet. "Doch so etwas habe ich noch nie erlebt."

DK

Ruth Stückle