Ingolstadt
Jetzt können sie einpacken

19.12.2010 | Stand 03.12.2020, 3:20 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Ein eiskalter sonniger Wintertag, gut gelaunte Menschen und keine Spur von vorweihnachtlicher Einkaufshektik: Die Ingolstädter lassen es am vierten Adventssamstag gemütlich angehen: Es bleibt ja noch genug Zeit für die letzten Geschenke. Und die dürfen ruhig etwas mehr kosten.

Auf dem Wochenmarkt steht Ute Moser steht vor einem fertig geschmückten Christbäumchen mit lila Kerzen und schüttelt den Kopf: "Weihnachten muss rot sein", meint sie. Weg vom Konsum lautet das Motto in ihrer Familie: "Die Kinder kriegen Theaterkarten für die Rocky Horror Picture Show und selbst gestrickte Strümpfe. Sie schätzen solche Geschenke. Ansonsten gibt es Platzerl und Muße."
 

Muße haben offenbar viele Menschen am Samstag. Die Fußgängerzone ist kaum belebt, die maskierten Straßenkünstler stehen sich vor großen Schneehaufen stumm die Füße platt. Dafür sind die Cafés in der Innenstadt schon am Vormittag voll. Und die Schmuckläden. "Heute ist unser stärkster Tag", sagt Dieter Siering vom Atelier 2000 in der Mauthstraße. Es herrschte Gedränge, vor jedem Spiegel dreht sich eine Kundin mit Geschmeide an Hals, Ohr oder Finger.

Die kluge Frau baut vor, wählt selber ein passendes Geschenk aus und macht dann gewisse Andeutungen, die der aufmerksame Partner registriert. "Manche Männer kommen aber auch mit der Jacke der Gattin und suchen ganz liebevoll selber etwas aus", erklärt Siering. Und dann ist da noch der Typ, der schickt die Tochter, um das Präsent für die Ehefrau zu besorgen, lässt es einpacken und weiß am Ende selber gar nicht, was er verschenkt. "Es gibt alles", sagt der Geschäftsmann.

Die gute Laune steht ihm ins Gesicht geschrieben, denn heuer geben die Kunden wieder mehr Geld aus. "Voriges Jahr wurde mehr Kleinkram gekauft, heuer dagegen im höheren Preissegment."

In der Ganghoferschen Buchhandlung in der Theresienstraße bilden sich bereits am Morgen Schlangen am Verpackungsstand. "Früher haben die Leute gleich zu Beginn der Adventszeit Bücher besorgt, heute sind sie etwas für die letzten Tage", erzählt Buchhändler Georg Kull. "Dafür werden gleich vier, fünf Stück auf einmal gekauft."

Im Westpark herrscht um die Mittagszeit noch Ruhe vor dem Sturm. Ilona Seubert strahlt wie ein Christbaum: "Ich hab’ das ultimative Geschenk für meine Tochter: diesen Teller mit ihrem Bild. Sabrina lebt in einer Studenten-WG und jammert immer, dass die Mitbewohner ihr das Geschirr wegnehmen. Das passiert jetzt nicht mehr." Die Teller, Tassen und Mousepads mit dem Konterfei der Enkelkinder oder der Liebsten sind ein Renner, die Mitarbeiter an dem Stand scannen ein Foto nach dem anderen ein.

Im Fabrikverkaufszentrum Ingolstadt Village sind das Christkind und der Weihnachtsmann unterwegs. Immer wieder müssen die beiden sich für Erinnerungsfotos in Positur werfen. "Ich mach’ hier zum ersten Mal den Weihnachtsmann und staune, wie uns die Kinder und Erwachsenen begegnen – so, als glaubten sie tatsächlich an uns."

Ein Kollege, gegossen aus einem Kilogramm purer Vollmilchschokolade, steht als süße Verlockung im Schaufenster eines Ladens. "Der Große wird gern verschenkt", erzählt Ingrid Geyer Shopleiterin. Eine echte Kalorienbombe, doch das Wort hört man nicht gern an diesem Ort: "Kalorien? Das sind doch die kleinen Männchen, die nachts immer heimlich die Kleider enger nähen."

Doch was steht da – neben Schneemännern und der Schoko-Bar? Wartet da etwa schon eine Schar Osterhasen im tiefsten Winter auf den Frühling? Ungläubiges Staunen – doch beim näheren Hinsehen entpuppen sich die goldigen Dinger als Rentiere. Weihnachten ist gerettet.