Eichstätt
"Jetzt kann ich mit dem Leben hier etwas anfangen"

Dorey Mamou aus Syrien arbeitet nach seiner Anerkennung als Dolmetscher bei der Eichstätter Caritas

19.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:54 Uhr

Dolmetscher für seine Landsleute: Dorey Mamou (links) erklärt zwei anderen Syrern ein deutsches Dokument. Der Asylantrag des 31-Jährigen wurde anerkannt, nun arbeitet er bei der Caritas - Foto: Esser

Eichstätt (DK) „Im Gegensatz zu anderen habe ich Glück gehabt“, meint Dorey Mamou. Aus dem Mund eines syrischen Flüchtlings hätte man diese Worte wohl nicht unbedingt erwartet. Schließlich brach der 31-Jährige aus der nordsyrischen Stadt Al Hasaka vor drei Jahren ein Studium in seiner Heimat ab und flüchtete. „Ich hatte Angst, irgendwann zum Militärdienst eingezogen zu werden, aber ich wollte keinen anderen Menschen töten“, erklärt er. Und auf dem Weg zu einer staatlichen Schule, in der er als Englischlehrer arbeitete, fürchtete er zudem stets, von aufständischen Gruppen gefangen genommen zu werden. Also ging Dorey.

Er hatte Glück, sagt er. Anders als viele seiner Landsleute musste er nicht in einem Boot übers Mittelmeer, sondern konnte sich einen Flug leisten. Von der Türkei aus ging es so nach München. Aus der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung kam er 2013 in eine dezentrale Unterkunft nach Wettstetten. Hier hatte er noch einmal Glück: Caritas-Asylberater Mathias Schmitt, der damals dort tätig war, lernte Dorey und seine Sprachkenntnisse schätzen. Schmitt spannte den Syrer in Dolmetschertätigkeiten ein. So half Dorey unter anderem, Post für arabisch sprechende Flüchtlinge zu übersetzen. Oder er begleitete sie zum Arzt. „Das hat mir geholfen, die deutsche Sprache besser zu lernen“, meint der junge Mann. Bald wurde Dorey als Asylbewerber anerkannt. „Das war wie frische Luft, denn ich wusste, jetzt kann ich mit dem Leben hier etwas anfangen“, erklärt er.

Seit März ist Dorey nun hauptamtlicher Mitarbeiter der Caritas-Kreisstelle Eichstätt auf Minijob-Basis. Sieben Stunden in der Woche hilft er in der Erstaufnahmeeinrichtung Maria-Ward in Eichstätt mit seinen Dolmetschertätigkeiten.

„Sprache schafft Verständigung“, betont die Caritasberaterin Christine Pietsch. „Und natürlich ist es auch gut, wenn jemand dabei ist, der aus eigener Erfahrung weiß, was Flucht ist“, ergänzt sie. Zahlreiche arabisch sprechende Flüchtlinge – neben Syrern auch viele aus Eritrea und dem Irak – zeigen sich für die Dienste des Caritasmitarbeiters dankbar. „Das ist eine wichtige Hilfe für die Kommunikation, aber auch, weil es Vertrauen schafft, wenn jemand aus unserer Kultur als Helfer da ist“, bestätigt der Syrer Ahmad Abuzarad. Derweil erklärt Dorey Mamou seinem Landsmann Jony Issa einen Befreiungsantrag für GEZ-Gebühren.

„Die Caritas ist eine Organisation, die den Leuten hilft, und ich bin sehr froh, dass ich für sie arbeiten kann“, meint Dorey. Sein Ziel ist es, später als Berater für Asylbewerber zu arbeiten. Dafür will er in Kürze ein Pädagogikstudium an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt beginnen – aber auch weiter als Dolmetscher für Flüchtlinge arbeiten. „Es ist eine Tätigkeit, die mir Spaß macht. Ich empfinde es als sinnerfüllend, wenn ich Menschen, die alles verloren haben, etwas Orientierung geben und sie somit auch beruhigen kann“, beschreibt er seine Motivation.

Über seine neuen Perspektiven freut sich der 31-jährige Syrer. Wenngleich er es zunehmend vermeidet, sich Fernsehnachrichten über seine Heimat anzuschauen, weiß er aus Mitteilungen von Freunden, wie es dort zugeht. „Immer wieder erfahre ich, dass frühere Weggefährten ums Leben gekommen sind“, erzählt Dorey.

Deutschland erlebt er als „sehr organisiert“. In Eichstätt möchte er bleiben. „Erst wollte ich in einer großen Stadt leben, aber hier fühle ich mich wohler.“ Für andere Flüchtlinge wünscht er sich vor allem, dass deren Asylverfahren schneller ablaufen und, dass sie in dieser Zeit nicht nur warten müssen, „sondern sich beschäftigen können, zum Beispiel in einem Praktikum“. Und dass sie, so wie er, das Glück haben, in ihrer neuen Umgebung Lebens- und Berufsperspektiven zu finden.