Ingolstadt
Jeff Jensen gibt ein hinreißendes Konzert im Ingolstädter Oldtimer-Hotel

09.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:50 Uhr

Jeff Jensen lenkt die Aufmerksamkeit von den kraftstrotzenden Straßenkreuzern zu seinen furiosen Gitarrenriffs. - Foto: Erl

Ingolstadt (DK) Nichts ist reizvoller als das Aufeinandertreffen scharfer Kontraste. Jeff Jensen mit seiner Band und der Bugatti Blue Train der 1930er-Jahre sind ein exklusives Beispiel für diese These. Der eine gilt als amerikanischer Senkrechtstarter in der Blues-, Soul- und Rockszene mit jährlich gut 200 Konzerten voller kochender Leidenschaft in der Stimme und brodelnder Hitze in den Gitarrensaiten.

Das andere ein legendäres Automobil in zeitlos sportlich-schöner Eleganz und dem legendären Ruf, mit dem englischen Millionär Woolf Barnato am Steuer im März 1930 ein Rennen gegen einen Zug gewonnen zu haben. Der Bentley war auf der Strecke von der Cote d'Azur nach London um vier Minuten schneller als der Schnellzug "Le Train Bleu" von Cannes nach Calais. Für den Ingolstädter Geschäftsmann, einstigen Rennfahrer und Betreiber des neuen Classic Oldtimer Hotels, Oliver Mayer, also die besten Voraussetzungen, Leidenschaften auf höchst unterschiedliche Art zusammenzuführen.

Jeff Jensen ist aktuell auf Europatournee. Am Samstagabend begeisterte er noch Tausende Fans in Holland. Am Sonntagabend gehörte er bei seinem ersten Auftritt in Deutschland einem intimen Publikum im Foyer des Classic Oldtimer Hotels - unter ihnen der Schauspieler Wolfgang Fiereck - ganz alleine. Mayer nutzte die Gelegenheit, eben jene Version des Bentley Blue Train vor den Augen der staunenden Gäste zu enthüllen, der nach nur sechsjähriger Lieferzeit nun bei ihm eingetroffen ist. "Machen wir einen Deal für diese Nacht. Ich möchte kein Geld, ich möchte nur eines dieser Autos als Gage mitnehmen", meinte Jeff Jensen in seinen ersten Bühnenminuten mit spitzbübischem Blick auf die wertvollen Boliden um ihn herum. "Are you feeling good, ready for some music" fragte er nur noch in die Runde und startete sein feuriges und nicht weniger erlesenes Äquivalent zur faszinierenden Technikschau.

Der Gitarrist und Sänger aus Memphis benötigte nur ein paar Takte, um die Aufmerksamkeit weg von den kraftstrotzenden Straßenflitzern auf seine heiße Stimme und die furiosen Gitarrenriffs zu lenken. Bassist Bill Ruffino und Drummer David Green schaffen die elastische Grundstruktur, auf der Jensen im blinden Verständnis miteinander in die glühende Magie des Blues eintauchen kann. Jensen ist selber ein begnadeter Gitarrist und presst aus den sechs Saiten mehr aufreizenden Klang hervor, als sich brave Gitarrenschüler je vorstellen können. Dazu kommt seine Stimme, wie geschaffen für die Seele des Blues, für den sanften Hauch des Soul und ganz unvermittelt für den harten Beat des Rock.

Jensen hat ein fabelhaftes Händchen dafür, die Wurzeln der amerikanischen Musik auf exzentrische Weise zu verknüpfen. Blues aus der Kehle und aus den Saiten Jeff Jensens ist alles andere als sentimental und schwermütig. Seine aufjaulenden Töne verschmelzen ineinander, werfen hitzebrodelnde Blasen und sprühen wie aus einem Geysir.

Das Publikum - nur eine Armlänge von der Bühne entfernt - erkennt bald, dass die überbordenden Töne und Leidenschaften des Trios ein Teil der lebensspendenden Kraft sind, die ihre Wurzeln über Kontinente hinweg in Klang und Emotionen hat. Es ist feurige Musik feuriger Motoren.