Eichstätt
"Jedes Unfallopfer ist eines zu viel"

"Weltgedenktag für die Straßenverkehrsopfer" am Sonntag - Heuer fünf Tote in der Region

15.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:28 Uhr
Der junge Mann war um die Mittagszeit mit seinem Wagen auf der B13 von Eichstätt in Richtung Ingolstadt unterwegs, als er auf Höhe des Tauberfelder Grunds auf die Gegenfahrbahn geriet und dort mit einem entgegenkommenden Lastwagen kollidierte. Er starb noch an der Unfallstelle. Laut Zeugen war der Mann zuvor immer langsamer geworden - ein Unfall, wie er allerdings auf jeder Strecke passieren könnte. −Foto: Reiß (Archiv)

Eichstätt (EK) Nasse oder glatte Straßen, Dunkelheit, Nebel - nicht zufällig wird der "Weltgedenktag für die Straßenverkehrsopfer" immer am dritten Sonntag im November begangen.

Unter dem Motto "jedes Unfallopfer ist eines zu viel" wird zu mehr Umsicht aufgerufen - und das ist auch in der Region vonnöten: Bis September 2019 starben im Bereich der Polizeiinspektion Eichstätt fünf Menschen, bei insgesamt 1010 Unfällen wurden in 136 Fällen Menschen verletzt.

2018 waren es zum gleichen Zeitpunkt 976 Unfälle, bei denen zwei Menschen ihr Leben verloren. Allerdings wurden in den ersten drei Quartalen 2018 etwas mehr Menschen bei Unfällen verletzt - 149 Unglücksfälle endeten mit "Personenschaden", wie es die Polizei nennt. Übrigens: Als "schwerverletzt" gilt jemand, "der ins Krankenhaus eingeliefert und stationär aufgenommen wird", erklärt Verkehrssachbearbeiter Matthias Glück. Auch Alkohol am Steuer spielte 2019 eine etwas größere Rolle: Elf Unfälle stehen sieben im Jahr 2018 gegenüber. Bei der überwiegenden Zahl der Vorkommnisse handelt es sich um Kleinunfälle - also Parkrempler und Auffahrunfälle, bei denen es keine Verletzten gegeben hat oder das Verhalten, das zum Unfall führte, mit Bußgeld unter 55 Euro belegt ist.

Grün, gelb, rot und magentafarben sind die Punkte auf der Karte, die vor Matthias Glück liegt. Sie zeigen die Unfallursache an: Geschwindigkeit, Abbiege- und Einbiegeunfälle, Unglücksfälle im Längsverkehr, dazu gesellt sich noch die Farbe schwarz. "Das sind Unfälle, bei denen man die Ursache nicht genau zuordnen kann. Vielleicht ist einer eingeschlafen", sagt Glück, außerdem kommen noch noch Wildunfälle dazu. Einige Punkte weisen die kurvenreiche Straße von Hofstetten nach Gungolding als etwas gefährlicher aus, ebenso wie die Staatsstraße Richtung Mörnsheim, das Affenthal bei Walting oder der Waldbereich vor Pfahldorf, wenn man aus Eichstätt kommt sowie die Straße von Pfahldorf in Richtung Kinding. Besonders viele Punkte drängen sich auf der B13 - "das ist irgendwie logisch, auf einer Straße auf der viel Verkehr ist und schneller gefahren wird, passieren mehr Unfälle".

Immer wieder im Mittelpunkt der Diskussion: der Tauberfelder Grund. Diesen hat sich die Unfallkommission genauer angesehen. Sie setzt sich aus Polizei, der Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörde zusammen. "Wir treffen uns und besprechen die Unfälle. Sind sie gleichgelagert, kann man etwas dagegen tun und wenn ja, was? " So war es etwa auf der Strecke zwischen Pietenfeld und Adelschlag vor ein paar Jahren, der Kreisverkehr wurde auf Anraten der Kommission gebaut. "Aus unerfindlichen Gründen ist es immer wieder zu Unfällen gekommen. Wir haben mit Beschilderungen und Markierungen gearbeitet und am Ende nicht mehr weitergewusst. "

Anders ist die Lage im Tauberfelder Grund: Dort ist vor allem die Sicht auf die Bundesstraße bemängelt worden, auch im EICHSTÄTTER KURIER. Glück hat sich das selbst vor Ort angesehen. Kein Zweifel, die Sicht "ist nicht optimal, aber wenn ich an der Haltelinie stehenbleibe, dann sehe ich rauf", oder eben - von weiter hinten - unter dem Schild durch. Dennoch hat man die "Unfallbelastung im Kreuzungsbereich" ausgewertet. Die Jahre von 2015 bis 2018 sind eher unauffällig. Zwei bis drei Unfälle im Jahr, einige haben mit dem Kreuzungsbereich an sich nichts zu tun, wie etwa Wildunfälle oder ein Motorradfahrer, der auf Rollsplitt weggerutscht ist. Bei den Abbiegeunfällen ist meist der fehlende Abstand das Problem: "Einer will abbiegen, der weiter hinten überreißt das nicht und fährt auf", beschreibt Glück einen typischen Vorgang. 2017 war die Strecke vollgesperrt, dennoch fuhr eine Frau in die Absperrung.

2019 häufen sich dann die Unfälle - allerdings hatte auch der tödliche im August mit der Kreuzung nichts zu tun. "Die nachfolgenden Fahrer haben gesagt, dass das Auto immer langsamer geworden ist und dann nach links rübergefahren ist. Da ist dann der Sattelzug entgegengekommen. " Die Ursache war nicht mehr zu ermitteln: "Es war Mittagszeit, vielleicht ist er eingeschlafen. " Handy, Navigationsgerät, Radio könnten für Ablenkung gesorgt haben - "das hätte an jeder anderen Stelle genauso passieren können", ist Glück überzeugt. Mit Verkehrsinseln habe man die Kreuzung sicherer machen wollen. "Der Tropfen zeigt dem Autofahrer, dass eine Querstraße kommt und wo er sich aufstellen soll. " Früher, hätten Autofahrer gesagt, habe man sich schräger hinstellen können, "das kann sein, aber die Sicht war nicht anders".

Generell heißt es: Winterreifen drauf, die Geschwindigkeit den Verhältnissen anpassen, mehr Abstand halten, "das gilt das ganze Jahr, aber im Winter noch eher, weil es vielleicht ein bisschen glatt ist". Bei der Scheibe gilt: mehr als ein "Guckloch" freikratzen. Glück wünscht sich auch sonst mehr Rücksicht auf der Straße. "Ich habe schon den Eindruck, dass es schlimmer geworden ist, dass der Egoismus zugenommen hat. "

 

Problem gelöst? Die Serpentinen

Seit es die Fahrbahnteiler gibt, ist es in den Serpentinen ruhiger geworden - nicht nur für die Polizei, sondern auch für die Anwohner, die sich lange Jahre über die sogenannten "Knieschleifer", also jene Motorradfahrer ärgerten, die die Kurven in extremer Seitenlage mehrmals rauf- und runterrasten. Denn für die Serpentinen hat Verkehrssachbearbeiter Matthias Glück einen eigenen dicken Ordner in seinem Regal stehen. 2005 waren es "nur" 19 Unfälle, darunter auch oft "Spiegelstreifer", denn besonders Lkw tun sich auf der an manchen Stellen engen Straße schwer. 2011 war dann der Höhepunkt erreicht: 34-mal krachte es, 13 Unfälle gingen auf das Konto der Motorradfahrer, denn sie waren bei allen 13 schuld. Damals waren besonders viele unterwegs: Die Fahrbahndecke ist einmal neu gemacht worden, da war sie dann schön griffig. Viel machen konnte die Polizei gegen das "Cruisen" nicht: "Wir konnten gegen den Lärm kaum etwas tun, denn das unnütze Hin- und Herfahren kann man nur innerorts verwarnen, außerorts nicht", sagt Glück. Auch das Messen der Geschwindigkeit brachte wenig: denn im Kurvenbereich kann nicht groß beschleunigt werden, sodass es richtig teuer würde. Außerdem sprach sich die Präsenz der Polizei schnell herum: "Dann sind die eben in der Stunde, in der wir dastanden, nicht gefahren. Ein Katz-und-Maus-Spiel. "

Heuer kam es in den ersten neun Monaten zu nur vier Unfällen auf der Strecke. "Man muss abwarten, wie sich das im kommenden Jahr entwickelt", sagt Glück, denn die Sperrung der Weißenburger Straße habe dafür gesorgt, dass dort weniger Verkehr war. "Ein Motorradfahrer, der nur rauf- und runterfahren will, hätte erst recht fahren können. " Das ist nicht passiert, was wiederum für die Fahrbahnteiler spricht: "Ich glaube fest, dass sie eine erhebliche Besserung gebracht haben. "

Tina Steimle