Eichstätt
"Jede Uni ist eine katholische"

Der Philosoph Rémi Brague hielt den Festvortrag beim Dies academicus

13.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:26 Uhr

Preisverleihung: Präsident Richard Schenk und Kardinal Reinhard Marx (von links) sowie die Vizepräsidenten Manfred Brocker (5. von rechts), Ulrich Küsters (3. von rechts) und Günter Schumann (Maximilian-Bickhoff-Universitätsstiftung, rechts) gratulierten (von links) Mathias Pöschk, Julia de Gregorio, Privatdozent Kurt Hahn, Christian Klenk, Juri Leuschner und Miriam Elisabeth Fogarty und Lothar Wehr, der stellvertretend für den Preisträger Martin Willebrand eine Auszeichnung entgegennahm - Foto: upd/Schulte Strathaus

Eichstätt (EK) Das Fazit des Festredners Rémi Brague war ganz nach dem Geschmack des Publikums beim Dies academicus der Universität: „Jede Universität ist eine katholische. Nur gibt es einige, die es wissen, wie die Eichstätter, und andere, die es vergessen haben oder vergessen wollen.“

Der emeritierte Professor für Philosophie an der Université Paris (Pantheon-Sorbonne) und der Ludwig-Maximilians-Universität München sprach zum Thema „Katholische Universität – eine Tautologie“. Ist also die Kombination von „katholisch“ und „Universität“ eine logische, immer gültige Kombination? Und wenn ja, warum?

Diesen Fragen ging der Philosoph in seiner ebenso fundierten wie unterhaltsamen Festrede nach. Brague spannte dabei einen großen zeitlichen und räumlichen Bogen und verwies dabei auch auf islamische Universitäten: Während dort jedoch jede Fakultät der Religion untergeordnet oder direkt auf die Religion bezogen sei, gebe es im Abendland keine explizit „christlichen Wissenschaften“. „Das Christentum hat nämlich das Besondere an sich, um nicht zu sagen das Bizarre, dass es nie einen Zweig des Wissens oder der Praxis bezeichnet hat.“ Es gebe zum Beispiel keine „christliche Erdkunde, keine christliche Medizin“ oder auch kein „christliches Recht, da das Kirchenrecht keinen Anspruch erhebt, die Ganzheit der menschlichen Verhältnisse zu umfassen.“ Es gebe „im Westen“ eine jahrhundertelange Tradition darin, „Leute von Staatsgeldern zu bezahlen, um eine geistige Tätigkeit auszuüben“, um zu beten oder zu lernen. Dabei seien profane Wissenschaften an christlichen Hochschulen kein Widerspruch. Die Fachleute profaner Wissenschaften und die Theologie lebten an Katholischen Universitäten nebeneinander, „wenn es hochkommt, miteinander“. Allerdings gebe es auch westliche Länder, darunter Bragues Vaterland Frankreich, in denen die „profanen Wissenschaften die Theologie aus der Universität ausgewiesen“ hätten. Worauf der Redner die Frage stellte: „Kann man auf die Theologie verzichten, ohne die Universität zu verstümmeln“ Die Antwort schien auf drei Argumentationsschienen klar: Nein, kann man nicht. Zum einen sei es gar nicht so leicht, gar keine Art von Theologie zu betreiben, denn auch der Atheismus gründe sich auf einer summarischen Beschreibung dessen, woran er nicht glaubt. Die Frage nach dem „Höchsten“ stelle sich jedem Menschen – völlig unabhängig davon, was dieses „Höchste“ nun auch immer wäre. Wobei der Festredner die echte Theologie einer wie auch immer gearteten „verkappten Theologie“ vorziehe.

Brague selbst erklärte, die Theologie sei zudem eine der selbstkritischsten Wissenschaften. Sie allein betrachte das Dasein ihres Gegenstands als beweisdürftig – „das machen die anderen Wissenschaften nicht“. Während sich selbst so manche Philosophen als „Dienstboten der Naturwissenschaften“ andienten, sei Theologie als Vorbild eines Wissens, das keinem zu Diensten steht, einzigartig und habe daher den „Namen einer freien Kunst echt verdient“.

Auch scheinbar „neutrale“ Wissenszweige setzten das Dasein sakralen, geistigen Wissens voraus – ein Paradoxon, das Rémi Brague in seiner mit großem Beifall gewürdigten Rede eben zu dem Schluss führte: „In diesem Sinne ist ,Katholische Universität’ eine Tautologie“.