Bertoldsheim
"Je mehr Käfer, desto gesünder der Bestand"

Untere Naturschutzbehörde lässt im Kräutelbuck Insekten kartieren, um den Zustand der Bäume zu ermitteln

01.06.2021 | Stand 23.09.2023, 18:57 Uhr
Ralf Schmitt
Biologe Andreas Weigel zeigt eine Schautafel mit xylobionten Käfern. Im Hintergrund das Ehepaar Du Moulin und Bürgermeister Georg Hirschbeck (r.). −Foto: Schmitt

Bertoldsheim - Eine der Aufgaben der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes ist die Ermittlung der Qualität des Baumbestandes im Landkreis.

Mit einer genauen Erfassung dieser Daten wurde jetzt das Planungsbüro Rosalia Umweltmanagement aus Wernburg in Thüringen beauftragt. Um die Ergebnisse und den Zweck dieser Erhebungen vorzustellen, hatte der Naturschutzreferent des Landratsamtes, Gerhard Grande, zu einem Pressetermin geladen. Treffpunkt war das flächenhafte Naturdenkmal Kräutelbuck neben dem Schloss in Bertoldsheim.

Ziel der Untersuchungen ist eine umfassende Käferkartierung. Darin soll ein Arten-Inventar erstellt und deren jeweilige Populationsgröße bestimmt werden. "Als grobe Richtlinie gilt dabei der Grundsatz, je mehr Käfer, desto gesünder der Bestand", so der dafür zuständige kartierende Biologe Andreas Weigel.

Bei den Erhebungen geht es in diesem Fall vor allem um xylobionte, sprich holzbewohnende Käfer. Dazu gehören alle, die in irgendeiner ihrer Lebensphasen auf Holzbestandteile angewiesen sind. Davon gibt es laut Weigel etwa 1200 verschiedene Arten. Angefangen beim europaweit unter Artenschutz stehenden Eremit bis hin zum weniger beliebten Borkenkäfer. Rund die Hälfte der xylobionten Käfer ist in Deutschland vom Aussterben bedroht und steht deshalb auf der roten Liste.

Weigel hatte an verschiedenen Baumsorten 15 Fallen, so genannte Elektoren oder Kreuzfensterfallen angebracht. Durch eine spezielle Flüssigkeitslösung darin werden Käfer angelockt und können dann zur Erstellung einer Statistik entnommen werden.

Nach knapp drei Wochen konnte der Entomologe so bereits zwei Arten von Rosenkäfern nachweisen. Auch ein über zwei Zentimeter langer Feuerschmied aus der Familie der Schnellkäfer war unter den Fundstücken. Mit einem Balkenschröter wies der Biologe auch eine von sieben heimischen Hirschkäferarten nach.

"Die Linden hier sind mehrere Hundert Jahre alt. So eine Baumtradition muss gegeben sein, um eine Käferpopulation zu gewährleisten", erklärte Weigel. Nach seinen Worten kann es Käfer nur da geben, wo es auch schon immer Bäume gegeben hat. "Käfer sind nicht sehr mobil, sie wandern keine großen Strecken", begründet er das.

Nicht zur Debatte stand die Tatsache, dass Käfer nicht immer nur gut für einen Baum sind. "Es geht uns nicht darum, jeden Baum um jeden Preis zu erhalten. Was wir erreichen wollen, ist ein gesundes Gleichgewicht", erklärt Grande die Beweggründe seiner Behörde. Dabei verwies er auch auf den Ärger, den es nach den Baumfällarbeiten im Englischen Garten in Neuburg vor einigen Wochen gegeben hatte.

"Viele befallene Bäume sind gut behandelbar und können noch viele Jahre erhalten bleiben", ergänzt Weigel. Ein reiches Tot- und Altholzangebot reicht aber nicht aus, um eine vielfältige Käferfauna zu gewährleisten. In dem komplexen System spielen Licht und Besonnung eine ebenso große Rolle.

Diese Komplexität hat auch der Rennertshofener Rathauschef erkannt. "Darüber wollen und müssen wir unsere Bürger nicht nur informieren, sondern vor allem auch aufklären", so Georg Hirschbeck (CSU), der ebenfalls an dem Termin teilnahm.

Da laut Weigels Schätzungen etwa die Hälfte aller alten Bäume in besiedeltem Bereich stehen, gilt, vor allem Natur- und Baumschutz, aber die übergeordnete Verkehrssicherungspflicht. Diese obliegt dem jeweiligen Eigentümer. "Bei manchen Bäumen ist das Besitzrecht allerdings oft strittig", weiß Hirschbeck aus Erfahrung.

Die Kosten, die zum Erhalt der Verkehrssicherungspflicht entstehen, trägt der Eigentümer. "Das kann aber bezuschusst werden", informiert Gerhard Grande. Besitzer des rund 3,5 Hektar großen Areals in Bertoldsheim ist die Familie Du Moulin. Sie sehen im Kräutelbuck einen "kulturhistorisch wichtigen" Bereich. "Diese Fläche sollte der architektonischen Qualität des Gebäudes entsprechen" so Josef Graf Du Moulin Eckart. "Aber alles unter der Berücksichtigung des besonderen ökologischen Aspekts. "

DK

Ralf Schmitt