Ingolstadt
"Je einfacher es ist, desto besser"

Lokalpolitiker stehen Abschaffung der Straßenausbaubeiträge offen gegenüber - nur eine Frage bleibt

03.01.2018 | Stand 02.12.2020, 17:00 Uhr
Die Regensburger Straße ist eine der Straßen in Ingolstadt, für die auf die Anwohner auch Kosten durch Straßenausbaubeiträge zukamen. Jährlich liegen die Beiträge in der Stadt insgesamt zwischen 500 000 und 700 000 Euro. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Das Wort klingt sehr bürokratisch, doch es erhitzt regelmäßig die Gemüter: Straßenausbaubeitrag. Die CSU-Fraktion will diese umstrittenen Beiträge nun abschaffen. Doch Ingolstädter Lokalpolitiker fragen sich, woher das Geld dann herkommen soll.

Sind kleinere Gemeinden in Bayern in den vergangenen Jahren unglaublich reich geworden? So ließe sich der Vorstoß der CSU zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge erklären. Denn vor zwei Jahren hieß es noch von der Landesfraktion, die Abschaffung der Ausbaubeiträge würde finanzschwache Gemeinden besonders hart treffen. Dann wären sie gezwungen, das Straßennetz immer weiter verfallen zu lassen, so die Christsozialen damals. Jetzt hat die Fraktion das Thema doch für sich entdeckt.

In der Region stößt der Vorschlag auf Zustimmung. "Da steht nichts dagegen", sagt CSU-Kreisvorsitzender Hans Süßbauer. "Ich bin aber gespannt, wie die Gegenfinanzierung aussieht." Denn es müsse klar sein, aus welchem Topf das Geld komme, ob aus dem der Gemeinde, der Kommune oder der Staatsregierung. Und der Betrag, den Anwohner in Ingolstadt jährlich durch die Beiträge zahlen, ist nicht gerade klein. "Das sind zwischen 500 000 und 700 000 Euro", sagt Stadtsprecher Michael Klarner. Doch allgemein werde der Wegfall der Ausbaubeiträge laut Süßbauer einiges erleichtern. "Es ist jedes Mal ein großer Aufwand, sie zu berechnen. Das ist relativ kompliziert."

Denn wie hoch die Anwohner prozentual an den Kosten für den Ausbau beteiligt werden, legt jede Kommune selbst fest. Die Ausbaubeitragssatzung Ingolstadts unterscheidet zwischen elf Straßentypen. Handelt es sich um eine Anliegerstraße, übernimmt die Stadt 20 Prozent, die Anwohner 80 Prozent der Kosten. Bei Durchfahrtsstraßen sind es für die Stadt bereits 70 Prozent - wenn es sich bei dem Ausbau um das Verbreitern der Fahrbahn oder eine Omnibus-Haltebucht handelt. Bei Radwegen sind es 40 Prozent, bei Gehwegen 45 Prozent, die auf die Stadt zukommen. So ist das immer eine ziemliche Rechnerei. Deshalb meint Süßbauer: "Je einfacher es ist, desto besser."

Dass diese Satzung viel bürokratische Arbeit erfordert, weiß auch SPD-Fraktionschef Achim Werner. "Die machen uns ja immer wieder Ärger." Zudem sei es auch für die Anwohner schwer verständlich, warum sie zweimal für eine Straße zahlen sollen. Deshalb spreche er sich dafür aus, dass die Straßenausbaubeiträge abgeschafft werden. Ganz einfach werde das allerdings auch nicht. "Man kann diese Gesetze im Stadtrat nicht einfach abschaffen." Wenn dies geschehe, müsse gleichzeitig ein Ausgleich geschaffen werden - etwa durch den kommunalen Finanzausgleich.

Aber auch, wenn die CSU-Fraktion die Beiträge schon Anfang des Jahres kippen will, so schnell werde es wahrscheinlich nicht gehen. "Ich denke, das wird nicht übers Knie gebrochen", sagt Baureferent Alexander Ring. Schließlich gebe es auch Satzungen in den Kommunen. Die können nur im Stadtrat geändert werden. Das gehe nicht so schnell. "Das wird dann in Gremien besprochen, was man ändern will und in welchem Umfang." Grundsätzlich stehe man dem nicht negativ gegenüber, so Ring.

Auch Gerd Risch (Freie Wähler), Bürgermeister der Gemeinde Wettstetten, spricht sich für die Abschaffung aus, wie er auf Anfrage mitteilt. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Kommunen einen adäquaten Ausgleich für diese Einnahmeausfälle erhalten sollen. "Hier sehe ich allerdings noch Klärungsbedarf hinsichtlich der Höhe der staatlichen Zuschüsse und der Frage, nach welchen Kriterien die Verteilung der Zuschüsse erfolgt," so Risch. Doch merkt er auch an, dass es sich hier nicht um einen Vorstoß der CSU handele, sondern die Freien Wähler die Abschaffung forderten und ein Volksbegehren initiieren wollten. "Erst daraufhin scheint auch die CSU die Abschaffung ins Auge zu fassen."

Aktuell sind Straßenausbaubeiträge in Wettstetten nach dem Bürgerentscheid wieder ein Thema. Ende November vergangenen Jahres gingen Vorausleistungsbescheide an Grundstückseigentümer im dortigen Siedlungsgebiet. Acht von diesen reichten Ende Dezember Widerspruch ein. Sollte die CSU ihre Forderung durchsetzen, bevor in Wettstetten der Erlass der endgültigen Ausbaubeitragsbescheides erfolgt, so würde den Anwohnern die Zahlung erspart. Dann "müssten die Anwohner nicht zahlen und würden die Vorausleistungszahlungen wieder zurück erstattet bekommen", so Risch. "Sofern der Gesetzgeber insoweit nicht etwas anderes regelt", fügt er hinzu.

Der Fall Niederfeld

Ingolstadt (tl) Wenn eine Straße ausgebaut wird, dann fallen für die Anwohner Ausbaubeiträge an. Wenn ein Gebiet mit einer neuen Straße erschlossen wird, dann sind es Erschließungsbeiträge. Letztere sind dabei deutlich höher.

Im Ort Niederfeld liegt dabei ein besonderer Fall vor. Einige Anwohner der Rothenturmer Straße, der quer durch den Ort verläuft, sollen Erschließungsbeiträge zahlen (DK berichtete). Das ist die Forderung der Stadt. Denn es wird an der Straße neues Bauland erschlossen, so die Begründung.

Die Anwohner sehen das anders. Denn die Straße gibt es bereits seit den 1960er-Jahren. Dem Abriss einer maroden Brücke haben sie es zu verdanken, dass die Rothenturmer Straße nun wieder verbunden werden muss. Diesmal ebenerdig, aber um einige Meter nach Norden verschoben. Und so sollen hohe Erschließungsbeiträge gezahlt werden für eine Straße, die es seit Jahrzehnten gibt.

"In diesem konkreten Fall sollten wir den Niederfeldern entgegenkommen", sagt dazu SPD-Fraktionschef Achim Werner. Allerdings würde das Kippen der Ausbaubeiträge, wie es die CSU jetzt fordert, die Niederfelder nicht vor Beiträgen bewahren.

Das ist auch nicht deren Ziel. Dass sie zahlen müssen, sehen die Anwohner auch ein. "Wir wollen nur grundsätzlich aus dem Erschließungsbeitrag raus", sagt Rainald Räthke, einer der Betroffenen. Am 23. Januar will das Tiefbauamt eine Infoveranstaltung dort abhalten.