Jazziges aus der Brummkiste

08.12.2006 | Stand 03.12.2020, 7:15 Uhr

Ingolstadt (DK) Was mag schon Perfektion bei einem "Swinging Evening full of Christmas Spirit" bedeuten, wenn Weihnachten vor der Tür und Jenny Evans auf der Bühne steht – aber Schnee und Frost noch in weiter Ferne sind. "Stellen Sie sich vor, Sie sind auf Hawaii – die haben auch keinen Schnee", stimmt Rudi Martini, Drumer und Leader der Begleitband, die Besucher im Museum mobile schon mal auf den Abend mit der etwas anderen Weihnachtsmusik ein.

Jenny Evans kann zwar die weiße Pracht nicht herbeizaubern, aber ihr Charme, die Auswahl ihrer Songs und ihre zarte, sensible, raumgreifende Stimme malen leise fallende Flocken über die Zuhörer. Zumindest sie hat von der Bühne aus einen Blick zum Eisplatz vor dem Audi-Forum : "Es ist der erste Konzertplatz, von dem aus ich einen direkten Blick auf Schlittschuhläufer habe", verrät die in München lebende Engländerin. Die Kufenläufer scheinen sie zu inspirieren. Die ersten gemeinsamen Takte mit der Band steigern sich von einem sanften Flockenwirbel aus instrumentalen und vokalen Tönen zu einem swingenden Jazz-Event mit dem aus Böhmen stammenden Weihnachtslied "Lula Lula Lalabye" als Kernthema.

Einige Lieder wie "Santa Claus Is Coming To Town" singt sie aus Überzeugung nicht, versichert sie. Ihr Repertoire ist an diesem Abend viel weiter gespannt. Wunderschöne englische Renaissance-Weihnachtslieder aus der Zeit, als das Königreich noch katholisch war, sind darunter. Natürlich fehlen auch Klassiker wie "Have Yourself A Merry Little Christmas" oder der "Christmas Song" von Mel Thormés nicht, aber sie klingen bei ihr anders.

An dieser feinfühligen, beseelten Aufbereitung haben auch die Begleitmusiker Walter Lang am Piano, Thomas Strebenow am Bass, Rudi Martine an den Drums und ganz sicher Johannes Herrlich mit seiner Posaune einen maßgeblichen Anteil. Die fünf Bühnenakteure geben keinen Mix aus Tönen ab. Vielmehr sind sie mit einer sehr ausgereiften, klar überschaubaren und dennoch großen gesamtharmonischen Präsenz individuell auszumachen. Immer wieder greift der Posaunist ein Thema auf, trägt es mit sanften, fast schon brummigen Tönen in soulig angehauchten Variationen weiter und gibt es schließlich an Jenny Evans mit großer Leuchtkraft zurück. "Maria durch ein Dornwald ging" ist in der Aufbereitung von Jenny Evans sicher einer der Glanzp unkte des gut zweistündigen Beisammenseins. Mit einer nie gehörten Interpretation und ihrem reichen Timbre holt sie das Lied aus der heimeligen Ecke auf eine gefühlvoll untermalte Jazz-Ebene.

Den grandiosen Höhepunkt des Abends heben sich Jenny Evans und ihre Musiker für die Zugabe nach dem eigentlichen Ende ihres Konzerts auf. Mit einem Salzburger Weihnachtslied sagen sie nicht leise Servus, sondern "Still, still, still, weils Kindlein schlafen will". Die Musiker verlassen dazu ihre Instrumente und holen neue hervor. Eine Brummkiste etwa und ein Flöten-Klavier. Jenny Evans führt das Lied auf ihre ureigenste Art weit weg von seinem Alpenklang und bringt es doch mit der Modalität ihrer Stimme wieder ganz nahe dorthin zurück.

Die Stille im Publikum geht weit über die reine Geräuschlosigkeit hinaus. Erst zwei Takte nach dem letzten Ton setzt der Applaus ein.