Eichstätt
Jawort im Burggraben

Ungewöhnliche Trauungsorte sind im Landkreis immer gefragter – Auch im Beilngrieser Sulzpark können Paare heiraten

28.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

Ob vor dem Kastell Pfünz oder im Burggraben von Schloss Hofstetten (unten): Die Trauungsorte werden immer ausgefallener - Fotos: Leuschner

Eichstätt/Hofstetten (DK) Der Trend ist eindeutig: Immer mehr Brautpaare wollen sich an einem ganz besonderen Ort standesamtlich trauen lassen.

Noch vor einigen Jahren war die Suche nach einem nicht alltäglichen Platz wie beispielsweise ein historischer Leuchtturm auf Rügen eher mühevoll. Inzwischen gibt es aber auch im Landkreis Eichstätt etliche Alternativen zu Rathausstandesämtern – diese reichen vom Schiff im Beilngrieser Hafen über dem historischen Jurahaus auf Burg Arnsberg und dem Römerkastell Pfünz bis zum pompösen Spiegelsaal der Eichstätter Residenz. Gefragt und möglich sind auch Trauungen im Freien. Allerdings ist hier die Auswahl eher gering. Aus langjähriger Erfahrung weiß der Leiter der Standesamtsaufsicht am Landratsamt, Jürgen Kolb, dass sich manche Paare am liebsten im eigenen Garten trauen lassen würden. „Da aber führt kein Weg hin“, sagt Kolb.

Regelrechte Freiluft-Standesämter für Naturliebhaber bietet der Kreis Eichstätt nur an drei Orten: Rund um Schloss Hofstetten im trockengelegten Burggraben mitsamt der Terrasse darüber und den mittelalterlichen Eck-Bastionen, die Grünfläche vor dem „Schönwieselhaus“ des Walderlebniszentrums Schernfeld sowie ein Floß des Ingolstädter Veranstaltungsunternehmers Reinhard Hölzl – und bedingt das Pfünzer Kastell.

Zu Standesämtern werden auf Wunsch auch alle sieben Schiffe der Donau-Altmühl-Flotte. Diese müssen allerdings an einem bestimmten Ort vor Anker liegen – in Beilngries, Riedenburg oder in Kelheim. In Beilngries können Ehen auf der „MS Walhalla“ mit ihren 50 Sitzplätzen geschlossen werden – natürlich nur von den dafür zuständigen Beilngrieser Standesbeamten.

Für Römer-Fans geradezu ideal als Trauungsort ist das Pfünzer Kastell. Dort ist seit 2013 das rekonstruierte Nordtor als Standesamt gewidmet. Die Bestuhlung transportiert der Waltinger Bauhof hinauf. Die bisher einzige Trauung heuer vollzog dort der Standesbeamte Fritz Kaußler. Für das Brautpaar Chiara Martinelli und Wolfgang Bittlmayer war das Nordtor des Kastells der ideale Platz. „Schließlich bin ich gleich unterhalb des Kastells aufgewachsen“, erzählt der Bräutigam, „und meine Frau kommt aus Neapel, wo die Römer auch sehr präsent waren.“ Bei schlechtem Wetter wird auf den renovierten Moierhof in Pfünz gegenüber der Kirche ausgewichen. Dort stehen zwei Räume zur Verfügung: einer im Erdgeschoss für bis zu 30 und der Saal für bis zu 120 Gäste.

Für Jürgen Kolb vom Landratsamt kommt die Nachfrage nach einer außergewöhnlichen Umgebung nicht überraschend. Denn viele Heiratswillige erwarten heutzutage „einiges mehr als das rein Formale“ einer Eheschließung. Dieses Verlangen nach mehr hänge auch damit zusammen, dass häufig der standesamtlichen keine kirchliche Trauung mehr folge. Auf die Standesbeamten kommen damit laut Kolb ganz neue Herausforderungen zu. So ist beispielsweise Livemusik bei der früher sonst eher nüchternen Zeremonie längst keine Seltenheit mehr.

Auf das Besondere, zumindest was den Raum betrifft, hat die Stadt Eichstätt bereits 1999 reagiert. Sie verlegte ihr Standesamt aus dem eher sterilen Rathaussitzungssaal in den spätmittelalterlichen und um 1730 aufgestockten „Bummerlbräu“ in der Pfahlstraße. Das etwa 25 Quadratmeter große Trauzimmer mit maximal 24 Sitzplätzen und der originalen Bohlen-Balken-Decke ist im ersten Obergeschoss untergebracht. Hier finden auch die Trauungen für die Gemeinden Wellheim, Nassenfels und Mörnsheim statt. 114 Paare gaben sich hier 2013 das Jawort, weitere 26 waren es im Spiegelsaal der Residenz.

So idyllisch manchem Paar der Hofgarten und dort vor allem der mittlere der drei Pavillons erscheinen mag – Trauungen sind hier nicht möglich. Entsprechende Pläne hatten sich laut Eichstätts Standesamtsleiter Josef Zinsmeister schon vor Längerem zerschlagen – auch wenn es immer wieder Anfragen danach gebe.

Auch in Kipfenberg wird schon seit 2006 in einem historischen Gebäude getraut: im 1549 errichteten späteren Gasthof Krone, mittlerweile ein Bürger- und Kulturzentrum. Das 60 Personen fassende Trauungszimmer ist ins ehemalige Sudhausgewölbe integriert.

Von Kipfenberg aus bedient wird seit 2008 auch das Trauzimmer in einem privaten Jurahaus auf Schloss Arnsberg. „In der dortigen ,guten Stube’ im Erdgeschoss sind Trauungen auch freitagnachmittags und an Samstagen möglich“, sagt Standesbeamtin Margit Zeller.

Historisch geht es auch in Altmannstein zu: Getraut wird seit rund zehn Jahren auf der Burg der 1120 erstmals erwähnten Herren von Stein hoch über der Gemeinde. Zwar stehen von der mittelalterlichen Anlage nur noch einige Reste, doch 1911 ließ der damalige Eigentümer der Ruine, der Architekt Georg Wirth, neue Gebäude errichten, die bereits wieder unter Denkmalschutz stehen. Das etwa 30 Personen fassende Trauzimmer liegt in einem palaisähnlichen Trakt. Seit 1991 gehört das Ensemble der Gemeinde.

Ein ebenfalls nicht alltäglicher Trauungsort – allerdings wegen fehlender Heizung nur im Sommer – ist der Pavillon im Beilngrieser Sulzpark. Er fasst etwa 30 Personen. Das wohl originellste Standesamt im Landkreis gehört dem Ingolstädter Eventmanager und Floßmeister Reinhard Hölzl: zwei Flöße, je sechsmal zehn Meter groß, die einzeln oder als Verbund entweder 60 oder 120 Personen Platz bieten.

Im Kreis Eichstätt gilt die Widmung aber nur für den Gemeindebereich Pförring. Als Bürgermeister Bernhard Sammiller im Sommer 2010 auf der dortigen Donau die erste und bisher einzige Floß-Eheschließung vornehmen wollte, musste umdisponiert werden: Wegen Hochwassers wurde das Floß zu einem nahen See transportiert. Unweit von Pförring gab es Floß-Trauungen bereits in den Donaustädten Vohburg und in Neustadt. Grundsätzlich gilt übrigens: Jeder kann sich dort trauen lassen, wo er will.

Nicht weniger originell ist das Standesamt mitten auf einer Lichtung im Walderlebniszentrum Schernfeld: das „Schönwieselhaus“, ein vom Freistaat Bayern eigentlich für Lehrgänge aus natürlichen Materialien errichtetes und etwas futuristisch anmutendes Bauwerk. Es wird von der Verwaltungsgemeinschaft Walting, Pollenfeld und Schernfeld dann für Trauungen genutzt, wenn ein Jawort im Freien aus Witterungsgründen nicht möglich ist.

Seit 2010 als Trauungsort gefragt ist das Schloss Hofstetten. Vergangenes Jahr waren es bereits 28 Trauungen, davon sieben im Garten. In dem ehemals fürstbischöflichen Jagdschloss, von Jakob Engel zwischen 1691 und 1694 aus einer mittelalterlichen Burg barock geformt, sind die einstigen Repräsentationsräume im zweiten Obergeschoss für Eheschließungen gewidmet: der Saal mit bis zu 60 Sitzplätzen sowie die Bibliothek und das Erkerzimmer mit jeweils bis zu 30 Stühlen.

Die für Hofstetten zuständigen Standesbeamten Uschi Haas, Verwaltungschef Reinhard Beringer und Roland Sammüller, der neue Bürgermeister, und seit Kurzem auch sein Stellvertreter Alfred Schimmer schätzen das historische Ambiente. „Uns ist bewusst“, sagt Sammüller, „dass standesamtliche Trauungen für viele einen enormen Stellenwert haben und sie deshalb, quasi als Ersatz für eine schöne Kirche, einen möglichst feierlichen Rahmen suchen.“ Auch sei man, was die Termine außerhalb der üblichen Dienstzeiten betrifft, sehr entgegenkommend. Sogar den Wunsch nach einer späten Kerzenlicht-Trauung habe man schon einmal erfüllt.

Für die Hitzhofener Standesbeamtin Uschi Haas ging kürzlich ein lange gehegter persönlicher Wunsch in Erfüllung: Die erste Trauung im intimen Erker des Burg-Schlosses Hofstetten. Jennifer Bezold aus Eichstätt und der Goldschmiedemeister Arnold Kammler aus Etting gaben sich dort das Jawort. „Wir hatten ganz bewusst diese familiäre Atmosphäre gewählt, weit weg von der Sterilität eines Verwaltungszweckbaus“, erzählt Kammler. „Schließlich sollte es für uns ein einmaliger Tag an einem einmaligen Ort werden.“