Erlangen
Janik tritt trotz Gegenwind in die Pedale

Erlangens SPD-Bürgermeister hat zur Halbzeit mit zwei Bürgerentscheiden zu kämpfen

01.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:13 Uhr

Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik hatte am Samstag zur politischen Radltour eingeladen. - Foto: Pelke

Erlangen (DK) Pünktlich zur Halbzeit seiner ersten Amtszeit lädt der Erlanger Oberbürgermeister, Florian Janik (SPD), zur Radltour, um seine erzielten Erfolge vom Fahrradsattel aus zu präsentieren. Die Erlanger gehen derweil mit zwei Bürgerentscheiden auf Konfrontationskurs zu ihm.

Wenn der Oberbürgermeister zur "Halbzeit-Radltour" lädt, geht es zu wie beim Kindergeburtstag. Unter großem "Hallo" werden die Drahtesel unter den Mitstrampelnden verteilt. Nach den ersten drei Amtsjahren hat Florian Janik (SPD) am Samstag die Presse dazu eingeladen, seine politischen Erfolge in den Blick zu nehmen.

Die sind offensichtlich so zahlreich, dass Janik zu einer ausgedehnten Strampeltour durch die radlverrückte Uni-Stadt einlädt. Vier Stunden veranschlagt der junge Bürgermeister, der sich vor drei Jahren im zweiten Wahlgang überraschend gegen den langjährigen CSU-Amtsinhaber, Siegfried Balleis, durchsetzen konnte, für die politische Tour durch die Hugenottenstadt. Vieles habe sich seit seinem Amtsantritt verändert, sagt Janik und rückt seinen Fahrradhelm auf dem Kopf zurecht. Modisch sei der zwar nicht, sagt Janik. Aber schließlich müsse er den Kindern ein Vorbild sein, sagt Janik und schließt den Reißverschluss seiner blauen Steppjacke.

Besonders das Klima sei offener geworden. In puncto Teilhabe sei viel passiert, seitdem er 2014 den Chefsessel im 14. Stock des Rathauses erobert habe. Die Beteiligung der Bürger sei "unheimlich nach oben" gegangen. Sein schönstes Erlebnis? Natürlich eine "wahnsinnig lebhafte" Diskussion mit Bürgern! Bereuen? Nichts komme ihm hierzu in den Sinn. Selbst den Strafzettel würde er heute genauso wieder dem Falschparker ausstellen. Trotz der Schlagzeilen, die ihm die Aktion als "Freizeit-Sheriff" (auch damals hoch zu Pedalross) eingebracht habe, sagt Janik und hüpft flink vom Sattel. "Hier muss man sein Rad schieben", sagt Janik und erzählt, dass ihn ein Bürger kürzlich darauf aufmerksam gemacht habe, als er das auf dem Weg zum Rathaus einmal vergessen habe.

Vergessen machen würde er wohl aber am liebsten die beiden Bürgerentscheide, denen er sich schon in einer Woche gegenübersieht. Besonders wurmen muss es den 37-Jährigen, weil ihm "seine" Bürger ausgerechnet bei zwei Lieblingsprojekten mehrheitlich nicht folgen könnten. Am 7. Mai wird in Erlangen über die geplante Landesgartenschau und den Teilabriss einer genauso historischen wie wildromantischen Arbeitersiedlung abgestimmt. In beiden Fragen hat sich Janik eindeutig positioniert - für die Gartenschau und für den Teilabriss der alten Häuser. Seitdem wirbt Janik für beide Themen genauso lautstark wie unermüdlich. Alle überzeugen kann er damit trotzdem augenscheinlich nicht. Die Vertreter der Lokalpresse sind erstaunlich skeptisch. Besonders hellhörig müsste Janik werden, weil die radelnden Redakteure ausgerechnet eine fehlende Logik in seiner Argumentationskette diagnostizieren. Janik sagt, mit dem Geld für die Landesgartenschau wolle er die Stadt verändern. Kritiker sagen, den Parkplatz könne man auch ohne Gartenschau zu Wohnflächen machen. Janik scheitert selbst mit dem Versuch, die Blumenschau über den sprichwörtlichen Klee zu loben. Es wirkt seltsam unauthentisch, wenn dieser jugendliche Bürgermeister von der altbackenen Gartenschau in den blühendsten Farben schwärmt.

Die Herzen auf seiner Seite dürfte Janik auch in der zweiten Frage, über die die Erlanger abstimmen werden, kaum haben. Janik will günstigen Wohnraum schaffen und unterstützt deshalb das Vorhaben, idyllische Arbeiterhäuser mit Fachwerk und Garten durch wohnraumoptimierte Sozialbunker zu ersetzen. "Die hätten Bomben geworfen, wenn das die CSU vorgeschlagen hätte", sagt ein "alter Hase" in Richtung der regierenden rot-grünen Rathauskoalition, der Janik seit drei Jahren vorsteht. Der Chefredakteur einer Lokalzeitung wird ebenfalls deutlich, wenn es um den geplanten Teilabriss der romantischen Häuschen geht. Die Erlanger wollten ihr "liebens- und lebenswertes" Städtchen behalten und keine Nachverdichtung "auf Teufel komm raus" erleben. Das sei in der sündhaftteuren Stadt mit ihrer hohen Kaufkraft und den noch höheren Mieten sowieso nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Janik wehrt die Kritik mit einem lautstarken Wortschwall ab. Richtig eingehen will er nicht auf die aufgeworfenen Fragen. Stattdessen hat man das Gefühl, dass er nach der Kritik nun umso kräftiger in die Pedale tritt, um es seinen Kritikern zu zeigen. Ob ihm die Wähler für die zweite Halbzeit daher den Rücken stärken wollen, darüber werden die Erlanger in den beiden Bürgerentscheiden wohl ebenfalls abstimmen. Der Ausgang der Referenden dürfte auch ein Vorzeichen für eine mögliche Wiederwahl setzen.