Neuburg
"Ist nur psychisch" gibt's nicht

Ärztin Sonja Lisch leitet das Schmerzzentrum der Neuburger Kliniken St. Elisabeth

26.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:44 Uhr

"Ganzheitlicher Ansatz": Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Sonja Lisch leitet an den Kliniken St. Elisabeth Tagesklinik und Ambulanz des Schmerzzentrums. - Foto: Bauch

Neuburg (SZ) Wie soll man mit Schmerzen leben, die so stark und andauernd sind, dass sie die Qualität jeder Handlung, jede emotionale Regung beeinträchtigen? An den Kliniken St. Elisabeth in Neuburg gibt es Hilfe für Patienten, die unter solchen chronischen Schmerzen leiden. Als Anlaufstelle in der gesamten Region 10 leistet ein interdisziplinäres Team aus Ärzten, Gesundheits- und Krankenpflegekräften, Psychologen, Physio- und Ergotherapeuten, Musiktherapeuten, Sportübungsleitern und Ernährungsberatern vielfältige und effektive Unterstützung. Gemeinsam mit dem Patienten entwickelt man hier für jeden ein ganz gezielt auf seine Bedürfnisse abgestimmtes Behandlungskonzept. Davon profitieren gerade auch diejenigen, die auf ihrem Leidensweg von Praxis zu Praxis unterwegs waren - aber letztlich keine Lösung ihrer Probleme, keine Linderung ihrer Schmerzen erleben durften.

"An den Kliniken St. Elisabeth verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz", erklärt Sonja Lisch, die in der Nachfolge von Norbert Gruber die Leitung des interdisziplinären Schmerzzentrums übernommen hat. Die Medizinerin ist Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie mit den Zusatzbezeichnungen spezielle Schmerztherapie und Psychotherapie. In München hat sie eine stationäre multimodale Schmerztherapie aufgebaut, bevor sie als Chefärztin der Klinik für Neurologie und Schmerztherapie ans Bezirksklinikum Ansbach wechselte.

Doch was ist das Besondere am ISZ an den Kliniken St. Elisabeth? "Das sogenannte bio-psycho-soziale Schmerzverständnis sieht den gesamten Menschen - Körper, Geist und Seele - als Ganzes. Bei der Anamnese, wenn wir den Patienten kennenlernen, gehen wir zusammen der Frage auf den Grund: In welchem Bereich gibt es Defizite, die den ganzen Menschen betreffen? Den Belastungen, denen dieser Mensch ganz persönlich ausgesetzt ist, können wir am ISZ multimodal, also mit ganz unterschiedlichen Behandlungsweisen, begegnen: Die medikamentöse Einstellung ist dabei nur eine Option. Entspannungstechniken, Patientenschulungen, eine körperliche Aktivierung, die stets unter achtsamer Anleitung erfolgt oder auch Hilfe für die Seele, beispielsweise in Form einer Gesprächstherapie - all das sind therapeutische Möglichkeiten, die uns am ISZ zur Verfügung stehen". Beim Blick auf den Patienten kommt Sonja Lisch zugute, dass sie als Fachärztin der Neurologie über ein tiefes Verständnis für die Erkrankungen des Nervensystems verfügt. Als Psychiaterin und Psychotherapeutin ist es für sie selbstverständlich, dass zwischen Körper, Geist und Seele Wechselwirkungen bestehen, die sich nicht nur in einem krankhaften Zustand äußern. Auch bei der Linderung oder Heilung von Leid kann man sich diese besondere Beziehung zunutze machen. Die Schmerztagesklinik bietet ein Intensivprogramm in Gruppenform für chronische Schmerzpatienten aller Altersstufen. Fünf Wochen lang stehen montags bis freitags ganztägig Behandlungsformen im Mittelpunkt, die den Patienten "aktivieren". Hier lernt man, einerseits besser mit den Schmerzsymptomen, andererseits aber auch mit Folgen der Erkrankung zurechtzukommen. "An uns wenden sich Patienten, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, aber auch berentete, ehemals aktive Arbeitnehmer, ganz genauso wie Hausfrauen", erläutert Lisch. "Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie mindestens ein halbes Jahr konstant Schmerzen haben, die mit den üblichen Mitteln nicht therapierbar sind". Ziel des fünfwöchigen teilstationären Aufenthalts ist, die Patienten wieder ins Arbeitsleben zurückzuführen oder ihren Umgang mit dem Schmerz so positiv zu verändern, dass sich wieder Lebensqualität einstellt. Wer in die Schmerztagesklinik aufgenommen werden möchte, sollte sich über das Sekretariat anmelden. Nach dem Ausfüllen eines Schmerzfragebogens und dem Vorlegen der bisherigen Befunde wird ein Termin für eine ambulante Vorstellung vereinbart. An zwei Tagen finden dann vielfältige und ausführliche Untersuchungen statt. Alternativ kann sich ein Patient zunächst auch in der Schmerzambulanz vorstellen. Lisch bedauert, dass Patienten meist erst sehr spät ins ISZ kommen. "Wir sehen die Patienten und ihre persönliche Situation an, ohne sie zu bewerten. Es gibt keinen Grund für Berührungsängste oder Scheu. Den Satz ,Das ist nur psychisch' wird bei uns niemand zu hören bekommen."