Postkarte
Irfersdorf - damals und heute

Eine Postkarte aus Zeiten des Ersten Weltkriegs und ihre Aussagekraft über die Ortsentwicklung

12.10.2021 | Stand 23.09.2023, 21:16 Uhr
Der Platz, von dem aus die alte Postkarte den Ort Irfersdorf zeigt, lässt sich auch heute noch ausfindig machen. −Foto: F. Rieger

Irfersdorf - Auf den ersten Blick liegt sie ganz unscheinbar da. Eine Postkarte, wie sie im Laufe der Menschheitsgeschichte milliardenfach verschickt wurde. Bei genauerer Betrachtung enthält sie aber eine enorme Aussagekraft - über die Entwicklung des Ortes Irfersdorf.

Dem 89-jährigen Anton Lindner war es ein Anliegen, diese über mehr als 100 Jahre erhaltene Postkarte zu zeigen. Unsere Zeitung hat ihn in Irfersdorf besucht.

Es war das Jahr 1914, als der Gruß auf die Reise geschickt wurde. Erster Weltkrieg. Wie Lindner berichtet, ging sie an den Irfersdorfer Josef Merkl, in späteren Jahren gelangte die Karte dann in Lindners Besitz - und er hat sie bis heute aufbewahrt. Merkl war an der Front - und der erste Jahreswechsel während des Ersten Weltkriegs stand an. Da wurde aus der Heimat eine Karte auf die Reise geschickt, der Poststempel datiert auf den 29. Dezember 1914. Verfasst ist der Gruß in altdeutscher Schrift. "Beeindruckend schön geschrieben", wie Lindner feststellt, werden darin die besten Wünsche übermittelt - und die Hoffnung, sich bald wieder zu Hause sehen zu können. In welcher Beziehung Absenderin und Empfänger zueinander stehen, ist dem kurzen schriftlichen Gruß nicht im Detail zu entnehmen. Dem Irfersdorfer, der in den Krieg ziehen hatte müssen, war die Post aber jedenfalls so wichtig, dass er sie aufbewahrte - und wieder mit nach Hause brachte.

Aus heutiger Sicht viel bedeutender als der Text - und der Grund, weshalb Anton Lindner die Karte der Öffentlichkeit zeigen möchte - ist die Abbildung, die dieses Schriftstück ziert. "Irfersdorf Total" steht dort. Und zu sehen ist, eindeutig zu erkennen, der Ort Irfersdorf. Der Clou an der Sache: Die Stelle, von der aus bei dieser alten Aufnahme auf das Dorf geblickt wurde, lässt sich auch heute noch problemlos ausfindig machen und aufsuchen. Und so entsteht ein schöner Vergleich, wie sich der Ort im Laufe des vergangenen Jahrhunderts entwickelt hat.

Lindner hat sich mit unserer Zeitung an besagte Stelle, an der sich heute das Schützenheim befindet, begeben, um den genauen Vergleich zu ziehen. Möglich ist das anhand mehrerer "Wahrzeichen", die auf der Postkarte zu sehen sind - und die deren Besitzer auch heute noch eindeutig zuordnen kann. Zum einen findet sich darauf die Pfarrkirche St. Margaretha. Daran, in welchem Winkel der Kirchturm auf der Karte festgehalten ist, lässt sich der vergleichbare Standort gut ausfindig machen. Und dann sieht man von dort zwei weitere Elemente: Ein Marterl, das es damals wie heute gab/gibt - nur leicht versetzt. Und einen Baum. Auf der Karte überragt er zwar bereits bei Weitem den Gedenkstein, ansonsten steht er aber doch eher noch da wie ein Strich in der Landschaft. Heute nimmt die Linde gut und gerne die Hälfte eines Fotos ein, das man von dieser Stelle aus schießen kann. Der Umfang des Baumstamms geht schon in Richtung vier Meter, wie Lindner nachmisst. Generationen von Irfersdorfern sind seitdem gekommen und vielfach leider auch schon gegangen - die Linde ist geblieben. Und das Dorf ist gewachsen, wie der Vergleich unübersehbar aufzeigt. Bis hinaus zu dieser Stelle, zu der früher ein Hohlweg hinaufführte, wie sich der 89-Jährige erinnert. In Zeiten, als es die heute in der Nähe verlaufende Straße noch nicht gab.

Es ist etwas Besonderes, dass es solche alten Dokumente noch gibt, die über persönliche Schicksale, aber auch über eine Dorfgeschichte Auskunft geben können, das wird beim Gespräch mit Anton Lindner spürbar. Er hat die Postkarte, die einst ein Gruß und auch eine Stütze in schweren Kriegsjahren sein sollte, im Wissen um ihre Aussagekraft aufbewahrt. Und er wird dies weiter tun - als Zeugnis des Ortsbildes vor mehr als 100 Jahren.

DK

Fabian Rieger