Ingolstadt
Interna aus dem Finanzamt

Der zuständige Sachbearbeiter sagt im Bankrott-Prozess aus

19.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:50 Uhr

Ingolstadt (DK) Wieso stellte das Finanzamt Ingolstadt einen Insolvenzantrag gegen den 49-jährigen Unternehmer, der seit September wegen des Vorwurfs des vorsätzlichen Bankrotts vor dem Amtsgericht Ingolstadt steht? Um diese Frage drehte sich im Wesentlichen der jüngste Verhandlungstag des langwierigen Prozesses. Geladen war am Freitag ein Beamter aus dem Finanzamt.

Von ihm erhoffte sich die Verteidigung Hinweise darauf, dass es kein Insolvenzverfahren hätte geben dürfen, wodurch es aus ihrer Sicht auch gar nicht zum aktuellen Prozess gekommen wäre.

Der 63-jährige Finanzbeamte war in dem Fall dafür zuständig, etwas über eine Million Euro vom Angeklagten einzutreiben. Im November 2010 seien sie von der Steuerfahndung über die Steuerschulden informiert worden, sagte der Mann – rund 955 000 Euro Einkommenssteuer und 89 000 Euro Umsatzsteuer aus den Jahren 1995 bis 2008. Es habe zwei Einsprüche gegen den Vollstreckungsbescheid gegeben, diese seien allerdings unbegründet gewesen. „Und ab 2. März 2011 haben wir dann vollstreckt, mit Pfändungen und Sicherungshypotheken“, erzählte der Finanzbeamte. Unter anderem handelte es sich dabei um sieben Grundstücke in Ingolstadt und dem Landkreis Eichstätt. Deren Wert habe aber niemand taxiert. „So was machen wir nicht“, sagte der Beamte.

Auch das Konto des Angeklagten in Liechtenstein sei der Behörde bekannt gewesen, sie habe aber keinen Zugriff darauf gehabt. Dieses Konto ist zentral für die Anklage: Dem Unternehmer wird vorgeworfen, 200 000 Euro abgehoben und auf das Konto seiner Lebensgefährtin, die als Mithelferin ebenfalls angeklagt ist, überwiesen zu haben und damit vorsätzlich seine Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt zu haben.

Verteidiger Wolfgang Nahrath fragte, ob denn das Amt versucht habe, eines der Grundstücke oder Häuser des Angeklagten zwangszuversteigern oder mit den beteiligten Banken Vereinbarungen zu treffen. „In dem Stadium noch nicht“, antwortete der Beamte. „Und wer hat entschieden, den Insolvenzantrag zu stellen“, fragte Nahrath weiter. Das habe er gemeinsam mit dem Sachgebietsleiter entschieden, erklärte der 63-Jährige. Denn auch nach mehreren Monaten habe der Steuerberater des Angeklagten weder eine Auflistung der Vermögensverhältnisse erhalten, noch Vorschläge für die Rückzahlung. Und so sei es Mitte Juni 2011 zu dem Antrag gekommen. Der Angeklagte hatte zwar bis Februar 2011 monatlich 300 Euro ans Finanzamt gezahlt – dabei sei es aber um eine andere Steuerschuld in Höhe von 7500 Euro gegangen, sagte der Beamte.

Fortgesetzt wird die Verhandlung am 7. Januar um 9 Uhr. Richter Christian Veh deutete an, dass es keine weiteren Zeugen geben werde – die Begründungen wird er dann liefern.