Riedenburg
Intensive Gespräche über Stromtrasse

Firma Tennet informiert im Riedenburger Ortsteil Thann und in Dietfurt die Bürger

25.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:23 Uhr
  −Foto: Rast

Riedenburg/Dietfurt (rat) Ein Informationsmobil der Firma Tennet hat gestern Dietfurt und den Riedenburger Ortsteil Thann besucht. Mehrere Mitarbeiter des auf den Bau von Freileitungen spezialisierten Unternehmens informierten die Bürger über die geplante 380-Kilovolt-Trasse und sie versuchten, Bedenken gegen das Projekt zu zerstreuen.

Am Vormittag stand das Fahrzeug ab 8.30 Uhr auf dem Dietfurter Marktplatz neben dem Rathaus. Fünf Mitarbeiter von Tennet waren an Bord. "Es kamen etwa 30 bis 35 Leute", schätzt Lea Gulich, Referentin für Bürgerbeteiligung bei dem Unternehmen. Das sei eine durchschnittliche Resonanz, erklärt sie. Am Vortag im fränkischen Schwabach sei der Andrang weitaus größer gewesen.

Es seien auch einige Mitglieder der neu gegründeten Bürgerinitiative gekommen. Diese stellt das Projekt generell in Frage. Die Dietfurter hätten sich nach dem Stand der Planungen erkundigt, berichtet Lea Gulich. Zudem sei konkret nachgefragt worden, welche Möglichkeiten es gebe, den Trassenverlauf zu verändern. "Wir haben intensive bis zu einstündige Gespräche geführt", sagt Lea Gulich.

Die geplante 380-Kilovolt-Leitung durchschneidet einen beträchtlichen Teil des Dietfurter Gemeindegebietes. Zu Riedenburg gehörende Flächen werden dagegen nur gestreift. Hier wird die Stromtrasse etwa 220 Meter an Hattenhausen und Thann vorbeiführen. Alle anderen Dörfer in der Großgemeinde sind gar nicht betroffen. Das war auch der Grund, dass Tennet direkt in Thann das Gespräch mit den Bürgern suchte und das Fahrzeug gegenüber des früheren Pfarrhofes platzierte.

Grundsätzlich seien die Fragen der Menschen überall entlang der rund 160 Kilometer langen Trasse quer durch Bayern gleich, weiß die Referentin für Bürgerbeteiligung aus der Erfahrung unzähliger Gespräche. Das Thema Nummer eins seien natürlich die elektromagnetischen Felder, die von der Stromleitung ausgehen. Befürchtet würden negative Auswirkungen auf die Gesundheit. "Dazu führen wir längere und oft emotionale Gespräche", erinnert sich Lea Gulich. Sie verharmlost dieses Problem nicht: "Diese elektromagnetischen Felder sind messbar." Direkt unter der Leitung sei die Belastung am stärksten. Deshalb sei es nach der Errichtung der neuen Leitung, die im Jahr 2026 oder 2027 Realität werden dürfte, nicht mehr möglich, dass darunter Wohnhäuser stehen. Derzeit sei das vereinzelt der Fall, schließlich wurde die Leitung in der Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1938 und 1942 gebaut. Zudem sei in den vergangenen Jahrzehnten die Wohnbebauung immer stärker an die Masten herangerückt. "Aber nach 50 Metern ist die elektromagnetische Strahlung kaum noch messbar", betont Lea Gulich. Die Grenzwerte habe die Politik im Bundesimmissionsschutzgesetz festgelegt. Daran müsse sich Tennet halten. Jedoch gebe es unterschiedliche Studien zu dem Thema, die sich widersprechen würden "und das schafft Verunsicherung".

Um dieser entgegenzuwirken versuche das Unternehmen, wo immer es möglich ist, einen Mindestabstand von 400 Metern zur Wohnbebauung einzuhalten. In Thann und Hattenhausen werden es aber nur gut 220 Meter sein, wenn die Trasse wie geplant verwirklicht wird.

Ein weiteres Argument, mit dem die Bürger den Konzern oft konfrontieren, ist der Naturschutz. Gerade bei den Gesprächen in Dietfurt sei mehrfach zu hören gewesen, dass die Trasse den Naturpark Altmühltal durchschneidet, was den Menschen Sorge bereite. Tennet sei bewusst, dass es sich hier um "ein einmaliges Gebiet handelt", antwortet Lea Gulich. Sie hält den Bedenkenträgern entgegen, dass die neue Trasse mit deutlich weniger Masten auskommt. Derzeit betrage der Abstand zwischen den Metallgerüsten 250 bis 300 Meter. Zukünftig stehen die Masten 300 bis 500 Meter voneinander entfernt. Allerdings vergrößert sich deren Höhe von derzeit 35 bis 40 Meter auf 50 bis 60 Meter.

Oft zu hören sind nach den Worten von Gulich Fragen nach einer etwaigen Entschädigung. Ausgleichszahlungen an die Kommunen gebe es definitiv nicht, vorgesehen seien lediglich geringe Entschädigungen für die Nutzung kommunaler Straßen durch Tennet während der Bauzeit. Anders sieht es dagegen für Landwirte und andere Grundstückseigner aus, auf deren Flächen Masten aufgestellt werden. Entschädigt wird hier zum Beispiel ein Ernterückgang durch die reduzierte Anbaufläche. Zur Höhe der Ausgleichszahlung kann Lea Gulich keine konkreten Angaben machen. Diese hängt unter anderem vom Wert des Grundstücks ab. Hier gebe es im Trassengebiet riesige Unterschiede, die von Quadratmeterpreisen von 20 Euro in städtischen Regionen bis hin zu einem Euro in abgelegenen ländlichen Gebieten reichen würden.

Auch in Thann informierten sich den ganzen Nachmittag über Einheimische in dem angenehm beheizten kleinen Büro im Infomobil. Bürgermeister Siegfried Lösch (CSU) schaute ebenso kurz vorbei wie Hattenhausens Ortssprecher, Stadtrat Michael Brock (CWG). Im Gegensatz zu Dietfurt hat es im Riedenburger Rathaus bislang keine Anfragen besorgter Bürger gegeben, sagte Lösch. Er schlägt vor, das Thema "nüchtern und sachlich" zu betrachten. Schließlich gebe es einen im Jahr 2015 vom Gesetzgeber verabschiedeten Bedarfsplan, der umgesetzt werden müsse. Auch Brock bevorzugt eine pragmatische Herangehensweise: "Irgendwo muss der Strom ja herkommen."