Ingolstadt ist wie nach Hause kommen

16.07.2007 | Stand 03.12.2020, 6:37 Uhr

Feierten nach 20 Jahren ein Wiedersehen in Ingolstadt: Darrel Stanwood (links) und der frühere ERC-Abteilungsleiter Jochen Kleinbauer. - Foto: oh

Ingolstadt (DK) Manchmal scheint die Zeit tatsächlich stehen zu bleiben. Darrel Stanwood hat sich nämlich in den vergangenen 20 Jahren so gut wie nicht verändert – rein äußerlich. Kaum zu glauben, dass der frühere Stürmer des ERC Ingolstadt schon 45 ist.

Es war die Saison 1986/87, als der Kanadier zusammen mit seinem "Busenfreund" Phil Mills nach Ingolstadt kam und zusammen mit Beno Retzer die damalige Oberliga Süd regelrecht aufmischte. Rund 100 Scorerpunkte standen für jeden der drei am Ende der Spielzeit zu Buche, wobei Stanwood mit 40 Toren und 65 Assists glänzte.

Am Bürgerfest-Wochenende – "das ist aber reiner Zufall" – hat Darrel Stanwood mit seiner Frau Bev, Sohn Lyndon (14) und den Töchtern Olivia (12), Nathalie (9) und Charlotte (6) nach 20 Jahren den Weg wieder nach Ingolstadt gefunden. Denn der Kontakt zum damaligen Eishockey-Abteilungsleiter Jochen Kleinbauer ist nie ganz abgerissen. Und da ja Phil Mills im vergangenen Sommer Ingolstadt ebenfalls einen Besuch abstattete, ist natürlich der Gedanke gereift, "mal nach Ingolstadt zu kommen". Auch wenn es nur für zwei Tage war.

"Wir haben uns London, Paris uns Rom angesehen. Und da war es doch logisch, dass ich meiner Familie die Stadt zeigen wollte, in der ich mal gelebt habe", verrät der Kanadier, der in Vancouver zu Hause ist. Am besten haben ihm damals die Menschen gefallen, aber "auch die Stadt war klasse. Ich hatte zusammen mit Phil eine fantastische Zeit in Ingolstadt." Wehmut ist aber fehl am Platz, auch "wenn es mich ein bisschen schmerzt, was aus dem alten Eisstadion geworden ist." Dass er damals nur ein Jahr lang beim ERC gespielt hat, lag daran, dass er in der Heimat seine berufliche Zukunft forcieren wollte. Nach seinem Studium zum Hochbauingenieur gründete er in Vancouver ein Konstruktionsbüro und ist mittlerweile Chef von 150 Angestellten. Ehe er vor drei Wochen mit seiner Familie nach Europa geflogen ist, bekam Stanwood die Zusage, am Bau der Eisschnelllaufarena mitzuwirken, die für die olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver errichtet wird. Zusammen mit seinem Bruder Kevin im Übrigen, der die Geschicke der Firma von Calgary aus leitet.

Darrel Stanwood ist also ein viel beschäftiger Mann, der oft selbst nicht glauben kann, dass die Woche wirklich nur sieben Tage hat. Aber den früheren Stürmer bringt nichts aus der Ruhe. Diese Ruhe schöpft er nach wie vor aus dem Eishockey. Während er selbst noch mit großer Freude dem Puck in der Alt-Herren-Liga in North Vancouver nachjagt – zusammen mit Phil Mills natürlich und einem anderen früheren ERC-Crack, Fred Ledlin – ist er auch als Trainer im Nachwuchsbereich tätig. Denn sein Sohn Lyndon und die beiden Töchter Nathalie und Charlotte haben ebenfalls Eishockey im Blut, während Olivia etwas aus der Reihe tanzt und sich dem Fußballsport verschrieben hat.

Das Geschehen rund um den ERC in der DEL verfolgt der einstige Goalgetter nicht. In Nordamerika ist das europäische Eishockey halt nicht mehr als eine Randerscheinung. Dafür fiebern Darrel und seine Kinder mit den Vancouver Canucks mit, die in der nordamerikanischen Profiliga NHL ja eine dominierende Rolle spielen.

Wenn die sechs Stanwoods heute via Düsseldorf nach Kanada zurück fliegen, dann werden sie Europa in guter Erinnerung behalten. "London hat uns gut gefallen, Paris dagegen war uns ein wenig zu hektisch. Rom war toll und auch in der Toskana war es prima. Aber am schönsten ist es hier. Ingolstadt ist wie nach Hause zu kommen."