"Ingolstadt ist ein Wohlfühlort"

28.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

33 Grausamkeiten, k(l)eine Gute-Nacht-Geschichten: Autorin Manuela Thoma-Adofo spricht im Interview über ihre Lesung im Wandschrank.

Frau Thoma-Adofo, haben Sie denn schon mal in einem Wandschrank gelesen?

Manuela Thoma-Adofo: In einem Wandschrank hab ich noch nicht gelesen. Ich hatte schon eine Lesung in einem Bett, das Projekt hieß ,Kunst im Schlafzimmer', das war ganz spannend. Ich hab auch schon mal in einer Metzgerei gelesen, das war sehr morbide. Das passte auch zu ,33 Grausamkeiten', aber Wandschrank finde ich eine klasse Idee.

 

Sie lesen aus ihrem Buch ,33 Grausamkeiten, k(l)eine Gute-Nacht-Geschichten'. Kann man danach noch gut schlafen?

Thoma-Adofo: Ich sag in der Regel dazu, das ist eigentlich nichts für die Nacht. Deswegen heißt es auch ,keine' und das ,L' ist eingeklammert. Es gibt einige Leute, die gesagt haben, vor dem Schlafengehen lese ich es nicht. Aber in der heutigen Zeit hören wir viel schlimmere Sachen in den Nachrichten als in der Geschichte.

 

Sie leben in München. Wie haben Sie den Amoklauf erlebt? Hat man jetzt mehr Angst als früher?

Thoma-Adofo: Zum einen, ich wohne nicht direkt in München, sondern etwas außerhalb. Da ist es ruhiger. Zum anderen könnte ich aus dem Stand heraus das Heulen anfangen, wenn ich daran denke. Das waren alles, bis auf eine Dame mit 45, junge Leute. Meine Tochter ist 16, mein Sohn 19. Meine Tochter trifft sich mit ihren Freundinnen in Einkaufszentren. Es hätte jeden und jedes Kind von uns treffen können. Das ist entsetzlich. Es trifft mich wahnsinnig auf beiden Seiten. Zum einen auf Täterseite, dass so was überhaupt passieren kann, denn auch dieser Mensch war erst 18 Jahre alt. Wie kann es dazu kommen? Und dann entsetzt mich, wie manche Sachen politisch instrumentalisiert werden. Aber das ist ein anderes Thema.

 

Sie arbeiten auch als Hospizhelferin. Wie kam es dazu?

Thoma-Adofo: Oh, ich arbeite im September 20 Jahre als Hospizhelferin, zehn Jahre auf Station. Ich hatte zu dem Zeitpunkt viel Zeit. Ich war verheiratet mit einem Olympiasieger, der die ganze Zeit unterwegs war. Das heißt, es fing schon an, bevor wir verheiratet waren, mit Besuchsdienst. Ich habe einfach gedacht, ich habe Zeit und ich habe den Luxus, die Zeit für was Gutes zu verwenden. Hab erst mit Besuchsdienst angefangen und dann meine Berufung, und so sag' ich's ehrlich, darin gefunden, Menschen zu begleiten. Das ist eine ganz andere Seite von mir. Wenn Sie ins Internet gucken, dann finden Sie immer nur eine sehr, sehr glamouröse Manuela Thoma-Adofo. Das ist ein ganz, ganz kleiner Teil von mir, der unterhaltsam ist und mir Spaß macht, aber der wesentlichere Teil, der sitzt fast jeden Tag im Altenheim und schaut nach den Leuten.

 

Das ist die echte Manuela Thoma-Adofo?

Thoma-Adofo: Es sind beide echt. Die auf dem Laufsteg, auf der Bühne, bei der Lesung auch. Aber, sagen wir so, darauf könnte ich eher verzichten als auf meine Hospizarbeit.

 

Sie waren die erste dunkelhäutige Miss-Germany-Finalistin, haben auch einen gewissen Bekanntheitsgrad durch Ihre (Ex-)Männer, den Skispringer Dieter Thoma und den Inkassoanwalt Olaf Tank. Läuft man da als Frau Gefahr, im Schatten der Männer zu stehen?

Thoma-Adofo: Es ist in der Tat so. Deswegen hab ich auch meine Arbeit immer weit davon distanziert. Ich war die Frau von Dieter Thoma. In einer Talkshow wurde ich gefragt, wie das ist, da hab ich gesagt, ich hab ihn weder von da oben runtergeschubst, noch hab ich ihn gelockt. Das war sein Ding. Und ich mache meine Arbeit. Aber es ist manchmal schwer, sich zu distanzieren.

 

Waren Sie schon öfter in Ingolstadt?

Thoma-Adofo: Ja natürlich. Meine Freundin, die Eva Leopoldi, mit der bin ich öfter in Ingolstadt unterwegs. Die Stadt hat die ideale Größe. Ingolstadt ist ein Wohlfühlort. München ist wunderschön, ich mag München wahnsinnig gern. Aber Ingolstadt gehört zu diesen Wohlfühlorten, wo man durchläuft und nicht das Gefühl hat, man verläuft sich immerzu.

 

Das Gespräch führte

Ruth Stückle.