Anstelle des Herzogsfestes?
Ingolstadt: Ein Bürgerfest außer der Reihe?

FDP und JU wollen 2022 groß feiern - Zustimmung bei anderen Stadtratsfraktionen

20.07.2021 | Stand 23.09.2023, 19:51 Uhr
Volles Haus in der Innenstadt: Impressionen vom Bürgerfest im Jahr 2019. −Foto: Eberl, Archiv

Ingolstadt - Corona vorbei - und kein Bürgerfest? So sieht es im Moment aus; jedenfalls, wenn man mit großem Optimismus bepackt ist und davon ausgeht, dass 2022 die Corona-Krise wirklich der Vergangenheit angehört. Im nächsten Jahr wäre nämlich in dem bewährten jährlichen Wechselspiel zwischen Bürgerfest und Herzogsfest das Herzogsfest dran.

Doch so einfach wollen einige Bürgerfest-Fans nicht die Gelegenheit verstreichen lassen, das Ende der Pandemie (wenn es den überhaupt kommt) mit dem bei den Ingolstädtern noch immer sehr beliebten Bürgerfest zu begehen. Nun bringt die Ausschussgemeinschaft FDP/JU im Stadtrat den Antrag ein, 2022 anstelle des Herzogsfestes das Bürgerfest zu feiern.

Große Popularität undUnterstützung der Kultur

Die Begründung: Das Bürgerfest sei zum einen extrem populär: "Über 120000 Besucher zeigen regelmäßig, dass die Ingolstädter ihr Bürgerfest lieben", heißt es dazu im Antrag. Und weiter: "Die Umfrage einer Ingolstädter Tageszeitung im Juli 2017 ergab, dass sich über 80 Prozent sogar wieder ein jährliches Bürgerfest wünschen". Zum anderen sei das Fest eine Unterstützung für große Teile der örtlichen Kultuszene, denn: "Nach der Pandemie werden die zahlreichen Bühnen für viele Ingolstädter Künstler eine willkommene Gelegenheit sein, ihr Können darzubieten."

Bei Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) trifft der FDP/JU-Antrag zumindest nicht auf grundsätzliche und strikte Ablehnung. Der OB hegt als "alter Ingolstädter" große Sympathien für das Bürgerfest: "Das ist doch ein tolles Fest! Meines Wissens kommen auch viele ehemalige Ingolstädterinnen und Ingolstädter extra zum Bürgerfest wieder hierher, um alte Freunde und Bekannte wiederzutreffen", so Scharpf: "Für das kommende Jahr allerdings hat mich unser Kulturreferent Gabriel Engert überzeugt, dass zum 550. Geburtstag der Universität, den wir da groß feiern, ein historisches Fest wie das Herzogsfest besser passt als das Bürgerfest."

Wohlwollen bei anderen Fraktionen

Im Stadtrat steht die Ausschussgemeinschaft FDP/JU mit ihrem Antrag auf ein Bürgerfest im Jahr 2020 voraussichtlich alles andere als allein da. Die Grünen jedenfalls signalisieren schon ihr Wohlwollen: "Wir unterstützen die Idee für ein Bürgerfest 2022", heißt es aus dieser Fraktion ganz klar: "Da wird mit vielfältigen kulturellen Darbietungen und kulinarischen Angeboten die heute in Ingolstadt lebende Bürgerschaft repräsentiert und angesprochen. Wichtig ist, dass die Leute wieder zusammenkommen und alle gemeinsam feiern können." Und der historische Aspekt muss ja ein einem Bürgerfest nicht zwangsläufig zu kurz kommen, findet die Co-Fraktionsvorsitzende Barbara Leininger: "In einem Bürgerfest könnten wir doch auch einzelne Stationen der Stadtgeschichte vor Ort thematisch hervorheben und bespielen. Und nicht auf das Mittelalter beschränkt. Das fänden wir reizvoll."

Auch die CSU kann sich für ein Bürgerfest im nächsten Jahr erwärmen. Fraktionschef Alfred Grob verlässt sich dabei auf sein Bauchgefühl, wie er gegenüber dem Donaukurier erklärt: "Aus dem Bauch heraus würde ich sagen: Herzogsfest im Frühsommer, Bürgerfest im Spätsommer, vielleicht so zum Schulbeginn, Anfang bis Mitte September. So müsste das doch gut zu organisieren sein. Die Menschen wollen feiern und haben was nachzuholen, das ist doch klar. Die beiden Feste haben einen unterschiedlichen Charakter und nehmen sich nichts."

In eine ähnliche Richtung gehen auch die Gedanken von Freie-Wähler-Fraktionschef Hans Stachel: "Warum nicht das eine tun ohne das andere zu lassen? Ich kann mir beide Feste in einem Jahr gut vorstellen. Man muss beim Herzogsfest auch darauf achten, die teilnehmenden historischen Gruppen nicht zu verprellen. Die planen oft ihre Auftritte Jahre im voraus und auch die haben nach Corona einiges nachzuholen."

Schließlich positioniert sich auch die Ausschussgemeinschaft Linke/ÖDP im Ingolstädter Stadtrat, nicht gegen den Antrag. Die Ausschussgemeinschaft, so Eva Bulling-Schröter (Linke) könne sich immer für Bürgerfeste erwärmen: "Vor allem dann, wenn es kein reines Fress- und Sauffest ist, sondern dabei Kultur und Inhalt auch ihren Anteil haben. Natürlich muss, so wie beim Herzogsfest das Reinheitsgebot des Bieres eine Rolle spielen!"

KOMMENTAR

Leider weiß ich nicht mehr, wer den Satz gesagt hat, noch, wie er genau ging. Ich glaube, es war ein in Deutschland lebender Schriftsteller mit Migrationshintergrund - und er sagte sinngemäß: Am seltsamsten an der deutschen Sprache finde er den Satz: "Hier stinkt's nach Essen!" Wo er herkomme, freue man sich, wenn man Essensgeruch in die Nase bekäme. So gesehen verwundert auch die Diskussion, die hier oft über das Bürgerfest geführt wurde. Es sei zum "Fress- und Sauffeste verkommen", hieß es da. Was für eine sprachliche Infamie. Essen und trinken gehören doch zu einem Fest, sind quasi konstitutiv. Das Schöne am Bürgerfest ist doch, dass es hier in erster Linie um das Zusammenkommen geht, um ein gemeinsames Getränk oder eine gemeinsame Brotzeit mit Leuten, die man gerne wieder sieht oder schon lange nicht mehr gesehen hat. Nirgendwo anders erleben wir den Zusammenklang von Ingoldorf und Großstadt so harmonisch wie beim Bürgerfest. Natürlich müssen Kulturprogramm, Warenangebot und Struktur des Festes weiterentwickelt werden, damit es lebendig bleibt. Aber zuerst einmal sollten wir uns freuen, dass wir in Ingolstadt ein familiäres Fest mit zehntausenden von Besuchern haben. Wir sollten das Bürgerfest nicht gering achten oder kleinreden. Nichts gegen das Herzogsfest. Aber wie viele historische Feste gibt es zwischen Main und Königssee? Sehr viele. Das Ingolstädter Bürgerfest dagegen ist zumindest für uns Ingolstädter einzigartig. Daher: Wenn wirklich die Pandemie vorbei sein sollte, gehört 2022 ein gescheites Bürgerfest her. Und von da an auch gern wieder jährlich. Wie wunderbar so ein einfaches Zusammensitzen mit Essen. Trinken und Musik dazu sein kann, hat uns Corona auf schmerzhafte art gezeigt.

DK

Markus Schwarz