Ingolstadt
In stiller Andacht vor der Synagoge

Gestern Abend gedachten Bürger und Politiker der Verfolgten der Reichspogromnacht in Ingolstadt

09.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:04 Uhr

Etwa 50 Teilnehmer gedachten gestern Abend vor der ehemaligen Synagoge in der Theresienstraße der in der Reichspogromnacht 1938 von SS-Leuten angegriffenen Juden in Ingolstadt. - Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) An die Reichspogromnacht am 9. November 1938, die sich auch in Ingolstadt gegen die jüdische Bevölkerung gerichtet hatte, erinnerte gestern Abend eine Gedenkveranstaltung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes sowie des Bundes der Antifaschisten. Etwa 50 Menschen kamen.

Die Veranstaltung fand vor der ehemaligen Synagoge in der Theresienstraße 23 statt. Der Platz vor dem Haus, in dessen Rückgebäude sich einst die Gebetsräume befanden, war auch heuer mit einem Blumengesteck und zwei großen brennenden Kerzen geschmückt. Außer den Mitgliedern der beiden Veranstalter nahmen auch zahlreiche Kommunalpolitiker und Menschen aus der Bevölkerung an der Feierlichkeit teil.

In Ingolstadt lebende Juden hätten die Entwicklung der Stadt vor 1938 mitgestaltet, sagte Johanna Wittmann, eine der Initiatorinnen der Veranstaltung, in ihrer Ansprache. Es habe sich um Familien und Geschäftsleute gehandelt, die Freundschaften pflegten und glücklich gewesen seien. Dennoch bedeuteten die Gewaltmaßnahmen der Novemberpogrome auch für sie das Ende dieses Daseins. In Ingolstadt, so Wittmann, hätten in der Nacht vom 9. auf den 10. November SS-Männer den Betraum zerstört und das Mobiliar auf der Straße verbrannt.

Heute sei diese Problematik wieder vorhanden, so Wittmann. Sie äußere sich aktuell in der Unerwünschtheit von Flüchtlingen und deren Abschiebung. "Eine Bewertung, die auch von uns ausgeht und sehr gefährlich ist", sagte sie und zitierte unter anderem die Bayerische Verfassung, die ein "umfassendes Asylrecht" einräumt.

Die Gedenkstunde wurde musikalisch begleitet von der Gruppe Drumana. Weitere Redebeiträge kamen unter anderem von Vertretern der Linken und Stephan Lippels, der aus zwei Texten von Bertold Brecht und Erich Kästner zitierte. Den Inhalt der Werke zogen die Nazis als Begründung für die Verfolgung der Schriftsteller heran, so Lippels. Von den in Ingolstadt lebenden Juden sind viele in Länder wie Holland, Palästina, die Tschechoslowakei sowie nach Afrika, in die USA und nach Südamerika geflüchtet.