Ingolstadt
In schweren Turbulenzen

Mit dem Rücktritt von Media-Saturn-Chef Horst Norberg gerät das Unternehmen endgültig in die Krise

06.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:44 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Der ersten Attacke von Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals hielt Media-Saturn-Chef Horst Norberg noch stand – der zweite öffentliche Angriff vergangene Woche war dann zu viel. Gestern erklärte Norberg seinen Rücktritt. Das Unternehmen hat schwere Zeiten vor sich.

Man muss kein großer Firmen-Insider zu sein, um zu wissen: Wer Erich Kellerhals zum Feind hat, der muss sich warm anziehen. Offenbar war zuletzt auch Media-Saturn-Chef Horst Norberg (66) stark in der Gunst des Minderheitsgesellschafters gesunken. Der Grund: Zu viel Nähe zum Mehrheitseigner, der Düsseldorfer Metro AG, mit der Kellerhals seit Jahren um die Macht streitet. Um unliebsame Mitarbeiter loszuwerden, scheint Kellerhals inzwischen jedes Mittel recht: Der Media-Markt-Gründer veröffentlichte auf seiner Homepage eine Online-Stellenanzeige für Norbergs Posten. Eine öffentliche Demontage. Norberg machte weiter.

Vergangene Woche legte Kellerhals in einem Rundumschlag noch einmal nach. In einer Stellungnahme schoss er nicht nur gegen die Metro AG, sondern watschte Norberg erneut ab. Die Rede war von einer „unbefriedigenden Performance der Geschäftsführung“, was von der Metro offenbar hingenommen werde, um sich die Loyalität der Geschäftsführung – sprich Norberg – zu sichern. Die Kellerhals-Schelte fiel auf den selben Tag, an dem Norberg im Unternehmen den Abbau von rund 200 Stellen verkünden musste. Schwer zu glauben, dass Kellerhals davon nichts wusste. Nun also hat Norberg genug. Ein paar Sätze schriftliche Stellungnahme, mehr wollte er auch auf unsere Anfrage nicht mehr sagen.

Bei der Metro genoss Norberg offenbar mehr Ansehen als bei Kellerhals: „Wir bedauern sehr, dass Horst Norberg unter diesen Umständen sein Amt als Geschäftsführer niederlegt“, teilten die Düsseldorfer gestern mit. Für seine Entscheidung habe man aber Verständnis und großen Respekt. Gleichzeitig reagierte die Metro auf den Rücktritt mit der Entsendung von Pieter Haas in die Media-Saturn-Geschäftsführung. Er leitet nun als stellvertretender Vorsitzender vorerst die Geschäfte.

Die Stellungnahme der Metro enthielt ein weiteres Kuriosum: Der bisherige Metro-Mann in der Media-Saturn-Geschäftsführung, Georg Mehring-Schlegel, wird in eine Art Trabanten-Position versetzt – er ist nun Mitglied der „erweiterten Geschäftsführung“. Merkwürdig mutet dieser Schachzug deswegen an, weil Mehring-Schlegel bereits mehrmals zwischen Metro und Media-Saturn hin- und herwechselte.

Einen neuen Media-Saturn-Chef kann die Metro aber nicht im Alleingang bestimmen, das geht nur in Abstimmung mit Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals. Nach den heftigen gegenseitigen Attacken der vergangenen Woche, dürften es zähe Verhandlungen werden. In diesem Fall ist es aber unvermeidlich, dass sich Kellerhals und Metro-Chef Olaf Koch an einen Tisch setzen.

Nachdem es bei Media-Saturn über Jahre immer nur nach oben ging, rutscht der Elektronikriese immer mehr in die Krise: Die China-Expansion musste nach kurzer Zeit gestoppt werden, weil man nicht mehr Geld investieren wollte, der Einstieg ins Online-Geschäft erfolgte zu spät. Auch intern knirscht es gewaltig: „Das Unternehmen ist schon lange nicht mehr das, was es einmal war“, sagte ein hochrangiger Media-Saturn-Manager unserer Zeitung, „die Stimmung ist gedrückt. Der ständige Kleinkrieg zwischen Kellerhals und Metro lähmt die ganze Firma.“

In dem ganzen Durcheinander bahnt sich aber nun eine kleine Revolution bei Media-Saturn an: Wie aus Unternehmenskreisen verlautet, ist man bei der Media-Saturn-IT-Sevices, einem Dienstleister der MS-Gruppe, dabei einen Betriebsrat zu gründen. Bislang versuchte das Unternehmen solche Vorstöße zu verhindern. Vielleicht klappt es diesmal.

Auf Interims-Chef Pieter Haas wartet eine schwere Aufgabe. Nicht nur, weil er durch seinen Wechsel von Media-Saturn in den Metro-Vorstand für Kellerhals so etwas wie ein Fahnenflüchtiger ist. Er muss ein leckgeschlagenes Schiff navigieren, das die Kapitäne Metro und Kellerhals in verschiedene Richtungen lenken wollen.