Ingolstadt
"In Ingolstadt spielen ist wie zu Hause spielen"

Der Pianist und Jazzförderpreisträger Simon Seidl gastiert mit dem Hendrika-Entzian-Quartett im Stadttheater

23.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:39 Uhr

Setzen auf interaktives Zusammenspiel: Saxofonist Maxi Jagow, Bassistin Hendrika Entzian, Schlagzeuger Fabian Arends und der Ingolstädter Pianist Simon Seidl (von links) - Foto: Marcus

Ingolstadt (DK) „Es ist genau das, was ich machen will“, sagt Simon Seidl. Der Ingolstädter hat sich vor gut zehn Jahren dazu entschieden, Jazzpianist zu werden. Prompt landete er auf dem Schirm des regionalen Talent-Radars: 2007 erhielt er den Ingolstädter Jazzförderpreis.

Zum Studieren ging Seidl dann nach Köln – jetzt holt der Verein der Jazzfreunde Ingolstadt ihn für einen Abend zurück in die Heimat. Am Montag wird der 27-Jährige als Sideman des Hendrika-Entzian-Quartetts im Stadttheater zu sehen sein.

„Ingolstadt war die erste Station für mich“, sagt Simon Seidl. Am Reuchlin-Gymnasium erkannte Musiklehrer Robert Aichner die Begabung seines Schülers. Er gab ihm den ersten Jazzpiano-Unterricht. Mit Seidl und anderen guten Nachwuchsmusikern gründete Aichner die Jazz GmbH, ein schulisches Bandprojekt. Eines Tages riefen Seidls Eltern ein wenig besorgt bei Robert Aichner an. „Der Junge spielt nur noch Klavier“, sagten sie, „eigentlich sollte er doch lernen.“ „Das ist doch lernen“, hat Aichner damals geantwortet.

„Sehr früh hatte er mich meilenweit überflügelt“, sagt der Musiklehrer heute. Als Robert Aichner seinem Schüler nichts mehr beibringen konnte, schickte er ihn als Jungstudent ans Konservatorium nach München. „Damals ist ganz viel in einer Zeitspanne von zwei bis drei Jahren passiert“, erinnert sich Simon Seidl. Mit 16 Jahren war sein Interesse für den Jazz geweckt, dann kam der Unterricht in München dazu und seine Berufung ins Landesjugendjazzorchester. Harald Rüschenbaum leitet diese Big Band, in der handverlesene Nachwuchsmusiker aus ganz Bayern spielen. „Wenn man 16 oder 17 ist und anfängt, Jazz zu spielen, wenn man ins Landesjugendjazzorchester kommt, gerät man in so ein Fahrwasser“, sagt Seidl. Ihm war bald klar: Für die Musik will er Zeit haben, sie nicht nur als Hobby weiterverfolgen. Also ging Simon Seidl nach Abitur und Zivildienst nach Köln, um bei Jazzpianist Hubert Nuss zu studieren.

„Köln war wie ein Jazz-Mekka.“ Die Musikhochschule dort ist die größte in Europa. Entsprechend viel ist auch in der Jazz-Rock-Pop-Abteilung der Hochschule und in der Kölner Szene los. Die Auswahl an guten Musikern ist so groß, dass „man manchmal gar nicht weiß, wen man anrufen soll“, sagt Seidl. Unter seinen Studienkollegen und Dozenten fand er Freunde und inspirierende musikalische Partner. Neben dem eigenen Simon-Seidl-Trio spielt er in Formationen wie dem Maxime-Bender-Quartett, dem Chris-toph-Möckel-Quartett oder im Duo mit dem Posaunen-Professor Henning Berg. Sein nächstes Ziel ist „dass es sich herauskristallisiert, mit welchen Bands es tiefgeht und wirklich Sinn macht“. Das Quartett von Studienkollegin Hendrika Entzian gehört auf jeden Fall dazu. Seit drei Jahren gibt es die Truppe, die als klassisches Jazzquartett begonnen hat. Vor einiger Zeit ist die Hamburger Gitarristin Sandra Hempel dazugestoßen. Sie spielt auch auf dem Album „Turnus“ mit, das im April beim Berliner Label „Traumton“ erschienen ist. Die Stücke mit erkennbarer Song-Struktur und viel Raum für Improvisation schreibt Entzian, die Band bringt sich aber in den Entstehungsprozess ein. „Musik machen, die Ohren aufmachen und offen sein“, beschreibt Seidl seine Rolle im Quartett.

Robert Aichner freut sich über Seidls Erfolg. Bei einem seiner letzten Besuche in Ingolstadt hat Seidl einen ganzen Nachmittag lang mit einer Nachwuchsband gearbeitet und auch seinem ehemaligen Lehrer „ein paar Tricks gezeigt“. „Das zeigt die Größe eines Jazzmusikers“, sagt Aichner, „dass er jeden so nimmt, wie er ist.“