Ingolstadt
In Gedanken auf hoher See

Marinekameradschaft wird 120 Jahre alt und feiert in ihrem einzigartigen Museum

01.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:31 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Bayern und Seefahrt – passt das überhaupt? Wer einmal bei der Ingolstädter Marinekamaradschaft zu Gast war, weiß, dass das sehr wohl zusammengeht. Dieses Wochenende feiert der Verein in seinem weit und breit einmaligen Museum in Oberhaunstadt sein 120-jähriges Bestehen.

Als sich Ingolstädter Marinefreunde 1894 zusammenfanden, um ihre Interessen in einer Kameradschaft zu bündeln, geschah das in einer Zeit ungebrochenen Fortschrittsglaubens und großer patriotischer Gefühle. Das Deutsche Reich bestand erst seit 23 Jahren, sein junger Kaiser Wilhelm II. war ein glühender Befürworter maritimer Aufrüstung. Das deutsche Flottenwettrüsten mit der Weltmacht Großbritannien fand in weiten Teilen der Bevölkerung Unterstützung – und für die Besatzungen der Linienschiffe und Schlachtkreuzer wurde längst nicht nur in den Küstenregionen rekrutiert. Auch manche „Landratte“ fand sich da auf den Planken wieder, manche gar aus Bayern und gar nicht so selten auf eigenen Wunsch.

Wie die Geschichtsbücher belegen, spielten die deutschen Kriegsflotten (mit Ausnahme der U-Boot-Waffe) weder im Ersten noch im Zweiten Weltkrieg eine bedeutende Rolle, doch mit den Namen einiger Schiffe und Seeschlachten oder zumindest -gefechte verbinden sich für Kenner bis heute bewegende Erinnerungen oder doch zumindest Überlieferungen. Darüber wird auch bei den heutigen Treffen der Ingolstädter Marinekameradschaft (zweimal im Monat im Vereinsheim und Museum an der Hegnenbergstraße) noch oft und gerne gefachsimpelt – genauso wie über die aktuellen Einsätze und die Ausrüstung der Bundesmarine.

Natürlich sind Mitglieder, die bereits vor 1945 auf deutschen Kriegsschiffen Dienst getan haben, inzwischen bei den Marinekameraden äußerst dünn gesät. Sechs Männer sind es zurzeit noch, die selber bei der Kriegsmarine waren – inzwischen alle hochbetagt. „Früher hatten wir etwa ein Drittel Kriegsmarine, ein Drittel Bundesmarine und ein Drittel interessierte Laien“, sagt Vorsitzender Adolf Paulik, der das Ruder vor 20 Jahren übernommen hat. Dieses Verhältnis ist natürlich längst passé, und bei einem Altersschnitt von derzeit 68 Jahren und äußerst überschaubaren Neuzugängen macht sich der Vorstand allmählich – wie in vielen anderen Traditionsvereinen – Sorgen um die Zukunft.

Beim „110-Jährigen“ 2004 zählte die Gruppierung noch 117 Mitglieder, jetzt sind es noch 73, die großenteils in der Region zu Hause, teils aber auch weit über die Republik verstreut sind. Exotischster Beitragszahler ist wahrscheinlich der Direktor des nationalen australischen Kriegsmuseums in Canberra, der einst über einen Besuch im Bayerischen Armeemuseum zur Kameradschaft fand.

Es sei aber einfach schade, klagt Adolf Paulik, dass die Bundesmarine mit Hinweisen auf den Datenschutz schon lange keine Namen und Adressen ausgeschiedener Soldaten mehr an die Kameradschaften weitergibt. Damit würge sie letztlich auch die eigene Traditionspflege ab. Und Angehörige der Handelsmarine gibt es zumindest in der Ingolstädter Kameradschaft so gut wie gar nicht mehr: „Das liegt daran, dass viele deutsche Schiffe ausgeflaggt wurden und die Besatzungen aus ganz anderen Ländern kommen“, weiß 2. Schriftführer und Museumswart Ralf Mühlenbeck.

Das Museum: Viele Ingolstädter wissen gar nicht, dass es in Oberhaunstadt dieses marinegeschichtliche Kleinod gibt, das sich über drei Etagen erstreckt und neben einer ansehnlichen Modell-, Uniformen- und Gerätesammlung auch über eine gut bestückte Fachbibliothek verfügt. Da kann man durch Schotte steigen, Orden anschauen und auf großen Schautafeln die Geschichte der deutschen U-Boote im Zweiten Weltkrieg nachvollziehen.

Wer sich für die Kameradschaft interessiert, kann entweder zur Ausstellung an diesem Wochenende (siehe Kasten links) oder aber zu den regelmäßigen Treffen (insbesondere an jedem ersten Mittwoch eines Monats ab 18 Uhr) ins Vereinsheim kommen. Telefonischen Kontakt gibt es über den Vorsitzenden unter Rufnummer (0 84 58) 17 31.