Altmannstein
In die Eisen steigen auf Signal

Fünftklässler der Altmannsteiner Mittelschule nehmen an der "Hallo Auto"-Aktion des ADAC teil

15.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:48 Uhr
Die zentrale Formel für ein bremsendes Auto lautet: Reaktionsweg plus Bremsweg ist gleich Anhalteweg. Wie sehr Ablenkung von Autofahrern und Wettereinflüsse auf die Fahrbahn den Anhalteweg beeinflussen, lernten die Altmannsteiner Fünftklässler bei der "Hallo Auto"-Aktion. Der Anhalteweg eines bremsenden Autos verändert sich, wenn die Fahrbahn nass ist oder die Reaktionsfähigkeit eingeschränkt wird. −Foto: Fotos: Missy

Altmannstein (DK) Über den Anhalteweg eines Autos haben 36 Fünftklässler der Mittelschule Altmannstein einiges bei der ADAC-Aktion "Hallo Auto" gelernt. Durch Vorführungen, Erklärungen und Bremsübungen erfuhren die Schüler am Donnerstag, welche Gefahren im Straßenverkehr lauern.

Im Innenraum wummert das Motorengeräusch immer lauter, Julia spürt die Vibration der Sitze. Das Auto, in dem die Schülerin sitzt, beschleunigt. Draußen stehen ihre Klassenkameraden, doch für die hat sie kein Auge, denn Julia wartet auf das Signal von der Fahrerin des Autos. "Jetzt", hört sie es von links. Unvermittelt steigt sie mit allem, was ihr zehnjähriger Körper zu bieten hat, in die Eisen. Ihren Oberkörper drückt es gegen den Widerstand des Gurtes nach vorne. Weit aufgerissene Augen. Das Auto kommt zum Stehen. "Das war cool", sagt Julia, als sie wieder bei ihren Klassenkameraden steht. "Ich bin kurz erschrocken, es war wirklich spannend."

20 Minuten zuvor, jeder Schüler hat ein kleines orange-weiß-gestreiftes Hütchen in der Hand: Bettina Reitmeir vom ADAC Südbayern hat die Aufgabe gestellt, dass die Fünftklässler diese Hütchen entlang einer abgesteckten Strecke dorthin stellen sollen, wo sie vermuten, dass das von Reitmeir gefahrene Auto nach einer Vollbremsung zum Stehen kommt. Eine Schülerin soll eine Flagge schwenken, sobald das Fahrzeug eine aufgemalte Ziellinie überquert. "Ich fahre mit 50 Kilometern pro Stunde und bremse, sobald die Fahne geschwungen wird", sagt Reitmeir. Die Schüler platzieren ihre Hütchen auf dem Asphalt, Reitmeir sich selbst hinter dem Lenkrad.

Der schwarze Kleinwagen beschleunigt und überquert die Linie. Die Flagge schnellt in die Luft. Qietschende Reifen, das Auto bremst abrupt ab und bleibt stehen. Deutlich hinter dem Hütchen, welches den längsten vermuteten Anhalteweg markiert. "Wahrscheinlich ist sie schneller gefahren", hört man es aus dem Schülerpulk. Doch diese Ausrede lässt Reitmeir nicht gelten.

"Ihr habt euch alle total verschätzt", sagt die ADAC-Mitarbeiterin. Nach 25 Metern kam ihr Auto zum Stehen, der optimistischste Schüler hatte 2,5 Meter vermutet, der realistischste 11,5 Meter. "Auf einer trockenen Straße hat man bei 50 Kilometern pro Sekunde einen Reaktionsweg von 14 Metern", sagt Reitmeir. Die zentrale Formel lautet: Reaktionsweg + Bremsweg = Anhalteweg. Und das sind nur die bekannten Variablen. Erschwerend hinzu kommen die unbekannte Variablen, welche die Reaktionszeit verlängern. Die Altmannsteiner Schüler zählen sie auf: Ablenkung durch Handy, Navigationsgerät, Radio, Essen oder Gespräche. Auch den Bremsweg können externe Faktoren verlängern. Um das zu veranschaulichen, kommt die Feuerwehr Altmannstein ins Spiel.

Denn die Schüler sollen mit ihren Hütchen abschätzen, wo das Auto bei nasser Fahrbahn zum Stehen kommt. Dieses Mal werden alle Pylonen deutlich weiter entfernt von der Linie platziert. Die Feuerwehrleute spritzen eine gehörige Menge Wasser auf die Straße, Reitmeir beschleunigt wieder - und kann dieses Mal vor dem ersten Hütchen bremsen. "Beim zweiten Versuch haben sich die Schüler für die sichere Variante entschieden", sagt Reitmeir. "Das Ziel dieser Aktion ist, dass die Kinder den Anhalteweg des Autos kennenlernen." Anhalten bestünde nicht nur aus Bremsen, sondern auch aus der Reaktion auf die Situation.

Deshalb sind Wettereinflüsse wie Wasser, Schnee oder feuchte Blätter auf der Straße genauso gefährlich wie unachtsames Verhalten. Die Aktion soll den Kindern deutlich machen, sich als Fußgänger nicht ablenken zu lassen und den Anhalteweg der Fahrzeuge nicht zu unterschätzen. "Man muss Obacht geben, wenn man über die Straße geht", sagt Sebastian aus Winden. "Aber auch der Autofahrer muss aufpassen."

Währenddessen probieren sich seine Klassenkameraden aus der 5b der Reihe nach an der Vollbremsung - im Fußraum auf der Beifahrerseite ist ein spezielles Bremspedal für diese Übungszwecke eingebaut. "Es fühlt sich kribbelig an, wenn man voll auf die Bremse steigt", sagt Sebastian. Für die Kinder ist die Aktion ein Highlight, wie Markus Feßlmeier von der Altmannsteiner Feuerwehr aus eigener Erfahrung weiß. "Als ich hier auf der Schule war, gab es die Aktion auch schon."

Christian Missy