Pfaffenhofen
In der Schusslinie

"Mir, Ihr und Bier": Stachelbären nehmen bei Starkbier-Premiere Lokalpolitiker aufs Korn

01.03.2012 | Stand 03.12.2020, 1:46 Uhr

 

Pfaffenhofen (DK) Unbarmherzig schlagen sie zu, sobald sie auch nur den Mund zu spitzen beginnen: Das Pfaffenhofener Kabarett Stachelbär ist Kult und pflegt sein Image mit bissiger Lokalsatire – vor allem in der Starkbierzeit, wenn es wieder heißt: „Mir, Ihr und Bier“.

Brigitte Mooser bestreitet vor dem Premierenpublikum im neuen Stocker-Stadl als freche Frontfrau den Auftakt und wer nicht weiß, womit sich ihr Heimatort Scheyern auszeichnet, der wird alsbald belehrt: Prielhof, „toller Ausblick und ein Bürgermeister mit Einblick“. . . in Anspielung auf die sogenannte Spanner-Affäre. „Lieber aber bin ich aber in Pfaffenhofen; in einem Ein-Zimmer-Appartement, Ortsrandlage für 239 000 Euro in einem 24-Parteien-Haus mit abgerutschtem Gartenanteil“ tönt sie ins Publikum.

 

U-Bahn zur Wiesn

Selbstredend mussten der jetzige Landrat ebenso wie ehemalige Landräte und Kandidaten für deren Posten Spott über sich ergehen lassen. CSU-Landrat Martin Wolf habe ja bei der Stichwahl nur mit vier Prozent mehr gegen seinen FW-Konkurrenten Rolf Deml gepunktet, obgleich dieser nicht annähernd so bekannt war. Wenigstens habe den Deml „seine Frau gekannt, seine Kinder auch oft teilweise“. Eine Ähnlichkeit Demls mit Schauspieler Tobias Moretti sei wohl der Grund dafür, dass Freie-Wähler-Landtagsabgeordnete Claudia Jung sagte, sie würde ihn wählen, wenn sie eine Frau wäre.

Martin Wolf aber kommt aus der Schusslinie nicht heraus. „Der Landrat hat schon angegriffen nach seiner Wahl. Als Erstes ist er in den Urlaub gefahren, dann wollte er im Übereifer das Landratsamt wegreißen.“ Der Unterschied zu Schäch sei da jedoch, „dass der es erst mal weggerissen und dann ein neues hingestellt hätte. Und wenn dann einer was gesagt hätte, hätte er es in den Gremien erläutert“.

Ein Nebenschauplatz des bissigen Spotts und ausgefeilter Häme, vorgestellt von Michael Eberle und Volker Bergmeister, ist natürlich auch das neue Stadtbuskonzept, bei dem man vergessen habe, den Fahrplan mit dem der Eisenbahn abzustimmen. „Dann geht man eben zu Fuß und hat den Zug dann halt so verpasst anstatt mit dem Bus.“ SPD-Bürgermeister Thomas Herker und sein Alter Ego Markus Käser würden aber schon „fieberhaft an den Plänen zu einer U-Bahn-Linie arbeiten.“ Die führt dann wohl auch zum Volksfestplatz, wo Festwirt Stiftl („Ein Typ wie aus dem Musikantenstadl, Marianne und Michael in einem“) auf seine Gäste zu selbst genehmigten Veranstaltungen wie den Kastelruther Spatzen warten würde. Als Strafe für die Selbstherrlichkeit „muss er heuer Bio-Hendl verkaufen, dazu gibt es dann Müllerbrot-Brezen.“

Der Straßenfeger (Roland Andre) nimmt ebenfalls kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, über den Schmutz in der Stadt zu philosophieren: „Der Dreck ist der gleiche, wie damals beim Prechter – aber er wird anders wahrgenommen.“ Und es verlange schon nach blitzschneller geistiger Flexibilität, zu entscheiden, ob zwei vertrocknete Pommes frites auf dem Boden ein Kunstwerk seien, oder sie jemand einfach so verloren habe.

Viele aus der Kreisstadt und drum herum bekommen ihre verbale Watschn verpasst – verdient oder womöglich unverdient. Ausgenommen davon bleiben auch etliche Stadträte nicht. Darunter Kulturreferent Steffen Kopetzky (SPD), der bald Pfaffenhofen zur Kulturhauptstadt proklamieren werde. Aber auch der Sport dürfe nicht zu kurz kommen, Platz gebe es ja genug: „Ein olympisches Dorf in Eschelbach – dort wo 150 000 Hendl hineinpassen, da werden auch 2000 Sportler hineinpassen“. Dazu Wildwasserkajak im Gerolsbach, wo vier Wochen vorher der dorthin geschickte Biber für Stromschnellen sorge. Doch was soll's, 2017 schaut Pfaffenhofen eh aus „wie eine Mischung aus südamerikanischem Regenwald und afrikanischem Naturschutzreservat.“

 

Kritik am System

In Rage redet sich Eberle bei einer Attacke gegen Filz und Vetternwirtschaft. So könne man etwa in einer kulturellen Aufführung „historische Entscheidungen nachspielen, die am Pfaffenhofener Stadtrat vorbei gingen, wie etwa das Ehrenberger Feuerwehrhaus – „das teure dabei sind jetzt allerdings die Prozesse.“ Unverhohlen kommt die Kritik an der CSU als „System, das sich 50 Jahre lang Bayern genommen hat wie eine Krake.“

Da wundert es einen nicht, dass es beinahe einen Preis für die „überlebenswerteste Stadt der Welt“ und einen Bürgermeister als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten gegeben hätte. Die delikaten Zutaten für einen amüsanten Starkbierabend mit scharfem lokalpolitischen Kabarett haben die Stachelbären jedenfalls bravourös ausgepackt.

Mit zünftiger musikalischer Begleitung durch die Dellnhauser Musikanten gibt es noch weitere Aufführungen im „Stocker-Stadl“, Münchner Straße 84 in Pfaffenhofen, und zwar freitags am 2., 9. und 16. März sowie samstags am 3., 10. und 17. März. Beginn ist jeweils um 20 Uhr.