Nürnberg
In den Topf statt in die Tonne

Landwirtschaftsminister Christian Schmidt kämpft mit Waren vom Offenbauer Biohof Dollinger gegen Lebensmittelverschwendung

28.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:45 Uhr

Genuss trotz der Schönheitsmängel: Auf Gemüse, das wegen seiner Optik den Weg in den Supermarkt nicht findet, setzt der niederländische Aktionskoch Wam Kat (links). Seine Suppe teilt der Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt in der Nürnberger Innenstadt aus (rechts). - Fotos: Leykamm

Nürnberg/Offenbau (lkm) Einen Einblick in die Solidarische Landwirtschaft, wie sie im Landkreis Roth vom Biolandwirt Karl Dollinger betrieben wird, hat der Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bekommen. Der Fürther setzte sich im Anschluss bei einer Aktion in Nürnberg dafür ein, Lebensmittel nicht einfach wegzuwerfen.

Der Blick in den Deutschlands Komposteimer ist mehr als beängstigend: Dort landen jährlich elf Millionen Tonnen an Gemüse und Co. Gegensteuern will man in der Metropolregion mit der Aktion „Nürnberg rettet Lebensmittel“. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt teilte vor der Lorenzkirche schmackhafte Suppe aus, um kulinarisch fürs Verwerten statt Verwerfen zu werben.

„Essen mit Verständnis“ sei das Gebot der Stunde, erklärte Schmidt an einem der vielen Tischgespräche, die dann aber doch auf einer kleinen Bühne stattfanden. „Lebensmittel sind keine Wegwerfware“, unterstrich der Minister eine Binsenweisheit, die als solche aber in den Köpfen der Bundesbürger nicht mehr präsent zu sein scheint. Sonst hätte es auch den Aktionstag gegen Lebensmittelverschwendung als Teil der Kampagne „Zu gut für die Tonne!“ nicht gebraucht.

Der niederländische Aktionskoch Wam Kat ließ sich und seinem Team der „Fläming Kitchen“ über die Schultern blicken. Da wurde genau jenes als zu krumm oder zu unansehnliche verschmähte Gemüse geschält, geschnippelt und gekocht, das wohl ansonsten weggeworfen worden wäre. Die Rohstoffe für das gemeinsame Kochen waren am Vortag bei einer Erntetour in der Metropolregion gesammelt worden. Beim Biolandhof Karl Dollinger in Offenbau sammelte man „nicht marktfähiges“, aber einwandfreies Gemüse ein und erhielt zugleich Einblick in das Projekt der Solidarischen Landwirtschaft, das auf Ernteteilhaber setzt. Weiter ging es dann in die Klostergärtnerei der Benediktinerabtei Plankstetten. Dann hieß es in Nürnberg Kartoffeln, Zwiebeln, rote Beete und mehr zu verarbeiten. Um sie nachher gemeinsam an den Biertischen zu genießen.

Denn auch das gemeinsam Essen ist Zeichen der Wertschätzung gegenüber den Lebensmitteln, die „ihren Preis wert“ sein müssen und gerade deswegen nicht zu billig sein sollten. Das betonte Schmidt auch angesichts einer Delegation des Bundesverbandes deutscher Milchviehhalter (BDM), die zumindest in diesem Punkt mit dem Minister übereinstimmte. Dem Handel gab er zu verstehen, dass der Verbraucher sehr wohl bereit sei „ein Zehnerla“ mehr für die Milch zu bezahlen. Was die krummen Gurken anbelange, so gehörten diese „in den Topf und nicht in die Tonne“, machte Schmidt deutlich.

Fürs kommende Jahr kündigte der Minister an, für mehr Klarheit bei den Inhaltsstoffen der Lebensmittel zu sorgen. Es könne nicht sein, dass „in einer Kalbsleberwurst zwar viel Wurst ist, aber wenig Kalb und wenig Leber“. Letztlich aber sei jeder einzelne Bundesbürger für das verantwortlich, was er isst, „ich kann niemandem den Teller hinreichen“, sprach der Minister bei der Essensausgabe, wo er genau dies dann doch tat.

Auf die große soziale Verantwortung des essenden Menschen machte ein anderer deutlich aufmerksam: Bernhard Saurenbach, Nordbayernchef des Tafelverbandes, warb händeringend um Lebensmittel, gerade wegen der gestiegenen Zahl der Flüchtlinge, die derzeit die Tafeln besuchten. Gerade vor dem Hintergrund des Flüchtlingszustroms sei es völlig verantwortungslos, Essen in diesen großen Dimensionen wegzuwerfen wie es hierzulande geschehe, gab später auch Wam Kat zu bedenken, dem dazu nur noch Eines einfiel: „Das ist ein Verbrechen.“