Ingolstadt
In den Nobel-Skiort statt zum Finanzamt

Unternehmer bunkert Geld in Kitzbühel und hinterzieht fast 650.000 Euro an Steuern

30.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:17 Uhr
Richtig einladend präsentiert sich das verschneite Kitzbühel im Winter. Ein Selbstständiger aus der Region Ingolstadt genoss über lange Zeit auch die Annehmlichkeiten des österreichischen Bankgeheimnisses für sein Konto in dem Ort. −Foto: Kitzbüheler Alpen Marketing/dpa/tmn

Ingolstadt (DK) Wo andere ihren teuren Skiurlaub verbringen, hatte ein Selbstständiger aus der Region die Einnahmen seines Unternehmens auf der Bank liegen. Steuern zahlte er hierzulande allerdings nicht. Als ihm der Fiskus draufkam, musste er nachzahlen und sich jetzt einem Strafverfahren stellen.

Das Schöne mit dem Nützlichen verbinden - das ist aus früheren Tagen aus der Schweiz überliefert, wo Reisende den Ausflug in die herrliche Bergwelt auch zu einem Abstecher zum Nummerkonto nutzten. Amtsgerichtsvizedirektor Christian Veh kann sich aus der Zeit, als er ein junger beziehungsweise angehender Staatsanwalt war, noch an andere Destinationen von Menschen mit Hintergedanken erinnern: das Kleinwalsertal oder die Exklave Jungholz im Allgäu, die zwar zu Österreich gehören, aber nur über deutsches Staatsgebiet erschlossen sind. "Dort konnte man früher gut sein Geld verstecken", weiß er aus Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden.

Der Fall, den der Vorsitzende des Schöffengerichts am Ingolstädter Amtsgericht zu behandeln hatte, spielte aber an einem anderen beliebten Schauplatz: dem Nobel-Skiort Kitzbühel. Dort hatte und hat ein Selbstständiger aus der Automobilzuliefererbranche sein Konto bei einer Bank, auf das über viele Jahre die Gewinne des Unternehmens aufliefen. Steuern in der Heimat für die Unternehmung zahlte der 42-jährige Familienvater allerdings nicht. Und so häuften sich mehrere Hundertausend Euro an Einkommens-, Gewerbe- und Umsatzsteuer an. "Die Nachforderungen dürften weit über eine Million Euro ausgemacht haben", fasste Veh zusammen. Wegen der Verjährung nach zehn Jahren blieb dann noch der Zeitraum 2007 bis 2011 mit rund 650 000 Euro über, die als hinterzogene Steuersumme von der Staatsanwaltschaft München II angeklagt waren.

Der Geschäftsmann zeigte sich voll geständig. Er hatte auch (über seine Wirtschaftsprüfer) mit den Finanzbehörden "ganz positiv zusammengearbeitet", wie ein Steuerfahnder des Finanzamtes Augsburg dem Gericht berichtete. Der Fiskus war dem Steuersünder durch das Auslandskonto in Kitzbühel auf die Schliche gekommen, von dessen Existenz "man erfahren habe", wie der Fahnder es umschrieb. Bei der Offenlegung der Daten kam die gewaltige verkürzte Steuersumme zusammen. "Das ist schon eine knackige Summe", sagte Veh, "das ist in der Spitzengruppe dessen, was an einem Amtsgericht verhandelt wird."

Der Angeklagte wies aber mit seinen Verteidigern weit von sich, das Konto einzig für illegale Zwecke eingerichtet zu haben. Er sei vielmehr vor vielen Jahren an die Kitzbüheler Bank wegen der seinerzeit hervorragenden Zinssätze für Fremdwährungskredite für Immobilien gekommen. Während hierzulande noch sechs Prozent der Regelsatz waren, hätten die Österreicher 1,8 bis 1,9 für die Eigenheimfinanzierung angeboten. Die anhängige Forderung aber: "Ich musste im Gegenzug alle Firmentransaktionen über dieses Konto laufen lassen", berichtete der Angeklagte etwas kleinlaut.

Da er alle Steuerforderungen (inklusive üppiger Zinsen) komplett zurückgezahlt hat, nicht vorbestraft und zudem voll geständig war, verhängte das Schöffengericht nach einer Absprache eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und einem Monat sowie eine Geldauflage über 80 000 Euro für soziale Zwecke.