Impfen gegen die Schweinegrippe: Ja oder Nein?

23.10.2009 | Stand 03.12.2020, 4:33 Uhr

Für eine Impfung: Dr. Sigurd Eisenkeil.

Eichstätt (DK) Ab kommendem Montag wird in Deutschland gegen die Neue Grippe, die so genannte Schweinegrippe, geimpft. Auch wenn Bundesgesundheitsministerium und das Paul-Ehrlich-Institut sowie das Robert-Koch-Institut noch einmal eindringlich die Bevölkerung aufgerufen haben, sich impfen zu lassen, ist die Aktion umstritten.

Selbst unter Medizinern wird diskutiert, ob eine Impfung notwendig und sinnvoll ist, oder gar mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Unser Redakteur Hermann Redl fragte deshalb den Impfbefürworter und Sprecher des Ärztlichen Kreisverbandes Eichstätt-Ingolstadt, Dr. Sigurd Eisenkeil, sowie den Sprecher der homöopathischen Ärzte in der Region, Dr. Dominik Müller, nach ihrer Meinung.

Lassen Sie sich impfen?

Eisenkeil: Ja, da in der Praxis tätige Ärzte und das medizinische Personal leicht zu Überträgern der Krankheit werden könnten und da bei Erkrankung dieses Personenkreises die Versorgung der Bevölkerung nicht mehr gesichert wäre. Zudem: Es geht bei der Impfung nicht nur um den Individualschutz, sondern den Schutz der Gesamtbevölkerung. Wir müssen versuchen, eine Pandemie zu vermeiden. Deshalb macht die Impfung einfach Sinn.

Müller: Nein, weder gegen die Neue Grippe noch gegen die saisonale Grippe. Der Grund: Die "neue Grippe" verläuft zur Zeit deutlich milder als eine saisonale Influenza. Eine Massenimpfung mit dem vergleichsweise schlecht geprüften Impfstoff (etwa 5000 Probanden) könnte eine wesentlich höhere Gefährdung für die Bevölkerung bedeuten. Diese Meinung wird auch von der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft vertreten. Meine Erfahrung bei der Neuen Grippe und bei Grippewellen der vergangenen Jahre zeigt, dass die Symptomatik durch ein individuell gewähltes homöopathisches Arzneimittel schnell abklingt und eine rasche Heilung eintritt.

Welcher Impfstoff ist der bessere – der für die Bundesregierung und für die Bundeswehr oder der für das "normale Volk"?

Eisenkeil: Dem "normalen" Impfstoff wird eine bessere Wirksamkeit nachgesagt, allerdings auch mit einer etwas weniger guten Verträglichkeit.

Müller: Keiner von beiden. Es erfolgte eine Prüfung an nur sehr wenigen Personen. Zudem wurde eine Impfempfehlung für Schwangere und Kinder unter drei Jahren ausgesprochen, obwohl beide Impfstoffe in dieser Personengruppe nicht getestet wurden. Ist dies ethisch vertretbar?

Welche Nebenwirkungen sind zu erwarten?

Eisenkeil: Rötung und leichte Schmerzhaftigkeit der Impfstelle, gelegentlich Müdigkeit, leichte Grippesymptome.

Müller: Das Risikoprofil lässt sich abschätzen, wenn genügend Menschen geimpft sind. Es können leichte Allgemeinsymptome wie bei jeder Impfung auftreten. Durch überschießende Immunreaktionen, ausgelöst durch die neuartigen Wirkungsverstärker, können schwere bis lebensbedrohliche, derzeit noch unkalkulierbare Nebenwirkungen auftreten. Bei Schwangeren könnte dies, so das unabhängige "Arzneitelegramm" , eine Fehlgeburt zur Folge haben.

Gibt es Risikogruppen, die sich unbedingt impfen lassen sollten?

Eisenkeil: Ja. Chronisch kranke Patienten mit geschwächtem Immunsystem, Schwangere, Menschen, die in größeren Gemeinschaften leben und/oder arbeiten.

Müller: Nein, ich rate meinen Patienten, erst mal in Ruhe abzuwarten. Eine andere Empfehlung kann ich bei gewissenhafter Nutzen-Risikoabwägung der Datenlage nicht geben. Das Argument, dass die Impfung gegen eine Welle einer schwerer verlaufenden Grippe schützen könnte, ist ebenfalls wenig schlüssig, da bei einer Mutation des Virus wie bei der saisonalen Grippe (jährlich) ein passender Impfstoff neu produziert werden muss.

Wie groß ist die Bereitschaft unter Ihren Patienten, sich gegen die Schweinegrippe impfen zu lassen?

Eisenkeil: Im Moment noch gering. Je nach Ausbreitung wird die Impfbereitschaft der Bevölkerung aber sicher zunehmen.

Müller: Die meisten meiner Patienten sind sehr gut informiert und wollen sich nicht impfen lassen. In meiner Praxis werde ich keine Impfungen gegen die Neue Grippe durchführen, da ich sie zurzeit für ethisch nicht vertretbar halte.