Immobilienwert - Kein Preisverfall wegen Demographie

27.07.2012 | Stand 03.12.2020, 1:14 Uhr

Die Immobilienpreise steigen und steigen. Der Rückgang der Bevölkerung könnte den Preistrend jedoch umkehren. Wissenschaftler sehen das anders.

Wegen der europäischen Finanz- und Schuldenkrise legen immer mehr Anleger ihr Geld in Immobilien an. Deutsche Ballungsgebiete verzeichnen derzeit hohe Zuwachsraten bei Kauf- und Mietpreisen. So kletterten laut Immobilienverband Deutschland (IVD) die Preise für Bestandsimmobilien mit mittlerem Wohnwert von 2009 bis 2011 pro Quadratmeter in Ostberlin von 1.200 auf 1.300 Euro (+ 8,3 Prozent) und in Westberlin von 1.300 auf 1.400 Euro (+ 7,6 Prozent). Hamburg registrierte mit einem Zuwachs von 1.450 auf 1.620 Euro Preisaufschläge von 11,7 Prozent und München erlebte mit Preissprüngen von 2.150 auf 2.350 Euro einen Anstieg um 9,3 Prozent.

Doch wie lange hält der Trend? Die Bevölkerung in Deutschland wird in den nächsten Jahren deutlich kleiner. Landkreise und Städte im Ruhrgebiet und im Osten Deutschlands schrumpfen schon jetzt. Analysten warnen davor, das Ersparte in strukturschwache Regionen zu investieren, denn der anhaltende Bevölkerungsrückgang werde die Objektpreise nach unten drücken. Beispiele dafür gibt es schon heute: So registrierte das Internetportal Immowelt.de für die letzten fünf Jahre Preisabschläge bei Eigentumswohnungen in Krefeld um 35 Prozent, in Salzgitter um 30 Prozent und in Duisburg um 26 Prozent. Finanzexperten raten daher, die Immobilieninvestition vorrangig auf solche Städte und Regionen zu konzentrieren, die wachsen.

Wissenschaftler geben Entwarnung

Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (IW) sehen allerdings keinen Grund zur Sorge. Anhand eines empirischen Modells auf Basis von 127 deutschen Städten zeigen die Experten, dass die heutigen Preise die Erwartungen über die künftige Wohnraumnachfrage bereits widerspiegeln. Wo man damit rechnet, dass die Nachfrage nach Wohnraum jährlich um ein Prozent steigt, ist der Immobilienpreis schon jetzt um etwa 18 Prozent pro Quadratmeter höher als anderswo, sagt Studienleiter Michael Voigtländer. Aus rein demographischen Gründen werde es daher künftig weder einen Preisboom noch Preisverfall geben. Allerdings können sich die erwarteten Nachfrageänderungen auf Mieten und Leerstände auswirken.

Die Wohnflächennachfrage folgt nicht zwangsläufig der Bevölkerungsentwicklung, erklärt Voigtländer. Selbst dort, wo immer weniger Menschen leben, sinke die Nachfrage nach Wohnraum keineswegs entsprechend. Grund: Singlehaushalte brauchen mehr Platz und ältere Menschen räumen ihre vier Wände auch dann nicht, wenn die Kinder flügge geworden sind. Nach Berechnungen des IW Köln fällt die Wohnflächennachfrage daher erst nach 2030 unter den heutigen Wert und geht bis zum Jahr 2060 im Durchschnitt nur um 15 Prozent zurück. In München werde die Nachfrage nach Wohnraum bis 2025 sogar noch um einen zweistelligen Prozentwert wachsen, in Frankfurt an der Oder hingegen um 20 Prozent sinken.

Zwanzigjahresdarlehen unter drei Prozent

Steigende bzw. stabile Immobilienpreise gepaart mit Minizinsen für Hypothekenkredite sorgen bundesweit für eine hohe Immobiliennachfrage. Langfristige Darlehen sind mit rund drei Prozent Zinsen so günstig wie nie, sagt Manfred Hölscher vom Baugeldvermittler Enderlein. Ein 200.000-Euro-Kredit kostet aktuell rund 40.000 Euro weniger als im Jahr 2009. Topangebote mit zwanzigjähriger Zinsbindung kommen derzeit von der Hypovereinsbank mit 2,81 Prozent, den Internetbanken Comdirect und 1822 direkt mit 2,94 bzw. 3,08 Prozent sowie von der Allianz mit 3,15 Prozent Sollzins. Regionale Anbieter brauchen sich nicht zu verstecken: Die Volksbank Rhein-Ruhr bietet Darlehen mit zwanzigjähriger Zinsbindung ab 3,10 Prozent, die Nationalbank (Rhein-Ruhr) ab 3,21 Prozent.