Immobilienerwerb - Kühler Kopf statt überhitzter Kauf

28.08.2011 | Stand 03.12.2020, 2:28 Uhr

Wackel-Euro und Schuldenkrise lösen einen Run auf Wohneigentum aus. Doch Vorsicht: Unüberlegte Schnellschüsse können nach hinten losgehen.

Die Angst vor Vermögensverlusten kurbelt die Nachfrage nach Immobilien an. Nachrichten zur Euro-Krise, der aktuelle Börsencrash und Inflationsängste sind Gründe für das zunehmende Interesse am Betongold. Im Gegensatz zu anderen Anlageoptionen wie Aktien oder Anleihen halten viele Sparer Immobilien derzeit für eine der wenigen Möglichkeiten, Vermögen nachhaltig wertstabil anzulegen. Viele Experten sehen das genauso und ermuntern Anleger, ihr Geld in die eigenen vier Wände zu stecken.

Banken und Immobilienfinanzierer erhalten deshalb vermehrt Anfragen von Interessenten, die schnellstmöglich eine Immobilie zu aktuellen Konditionen erwerben möchten. Schließlich sind die Zinsen niedrig und die hohe Nachfrage puscht die Preise. Bereits 2010 kletterten die Kaufpreise in den größeren deutschen Städten um durchschnittlich zwei bis drei Prozent – der stärkste Anstieg seit 1994. Die Deutsche Bank sagt für die kommenden zwei Jahre einen weiteren Anstieg der deutschen Wohnungspreise um durchschnittlich 1,5 Prozent pro Jahr voraus. Also schnell zugreifen?

Neben- und Folgekosten prüfen

Wenn das zentrale Motiv für den Immobilienerwerb die Sorge um Vermögensverluste ist, besteht ein erhöhtes Risiko, dass der Kunde über andere wichtige Aspekte hinwegsieht, warnt Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher des Immobilienfinanzierers Dr. Klein & Co. Neben den grundsätzlichen Entscheidungskriterien, den attraktiven Kaufkonditionen und den positiven Erwartungen über die Wertentwicklung, sollten potentielle Erwerber vor allem die Nebenkosten nicht vernachlässigen. Diese müssten durch die Wertsteigerung des Objekts erst einmal hereingewirtschaftet werden, bevor Käufer ins Plus kämen, so der Immobilienexperte. In Deutschland betragen die Transaktionskosten beim Erwerb einer Immobilie rund zehn Prozent des Kaufpreises. Steigende Grunderwerbsteuern werden diese Kosten künftig zusätzlich in die Höhe treiben.

Top-Lagen bevorzugen

Vor dem Eigenheimerwerb sollten Käufer alle entscheidenden Faktoren rund um die Immobilie prüfen. Bei selbst genutzten Objekten sollte der Wunsch, eine höhere Wohnqualität zu erreichen und durch Mietfreiheit im Alter eine wichtige Grundlage für die Altersvorsorge zu schaffen, an erster Stelle stehen, erläutert Gawarecki. Bei Kapitalanlegern könnten dagegen Wertsicherheit und Vermögensdiversifizierung im Vordergrund sein. Allen voran ist jedoch die Lage zu prüfen. Hier gilt: lieber eine Top-Lage, die auch im Alter noch attraktiv ist, als ein Top-Haus in einem schlecht erschlossenem Gebiet. Bestandsimmobilien können über die Zeit, z.B. auch in Eigenleistung, modernisiert werden, die Lage jedoch bleibt. Bei Modernisierungsobjekten sollten die Energieeffizienz der Immobilie geprüft und mögliche Folgekosten einkalkuliert werden. Auch müssten Kunden abschätzen, ob der Kaufpreis realistisch und nicht überteuert ist – dies ist zum Beispiel mit Hilfe eines erfahrenen Finanzierungsberaters oder eines Maklers möglich. Auch die Infrastruktur, das Wohnumfeld, die Verkehrsanbindung und mögliche bauliche Veränderungen in der Zukunft sind wichtige Faktoren, die die Wohnqualität und damit den Immobilienwert beeinflussen. Genaue Informationen zu geplanten Strukturveränderungen, etwa der Bau einer Umgehungsstraße, können bei den Gemeinden eingeholt werden.

Lange Zinsbindung bringt Sicherheit


Nach den Rahmenbedingungen werden die Finanzierungsmöglichkeiten geprüft. Kreditexperten raten in der aktuellen Niedrigzins-Phase zu einer langen Zinsbindung, einer Anfangstilgung von zwei Prozent und einem Eigenkapitalanteil von wenigstens 20 Prozent. Wer die Immobilie zu mehr als 80 Prozent beleiht, der muss einen relativ teuren Kredit aufnehmen und hat wenig Puffer für unerwartete Zusatzkosten, warnt Gawarecki. Günstige Langfrist-Finanzierungen mit 80 Prozent Beleihungsgrenze bieten derzeit viele Kreditvermittler und Internetbanken. So berechnet etwa Baufi.net für ein 200.000-Euro-Darlehen mit 20-jähriger Zinsbindung aktuell nur 3,78 Prozent Sollzins. Die Comdirect Bank gibt sich mit 3,81 Prozent zufrieden, Accedo und Dr. Klein mit 3,86 Prozent. Ebenfalls unter der Vier-Prozent-Marke liegen Creditweb und Enderlein mit 3,89 bzw. 3,90 Prozent sowie Hypothekendiscount mit 3,94 Prozent Sollzins. Wer von einer Immobilie träumt, der sollte die attraktive Situation nutzen – allerdings nicht überstürzt, sondern überlegt, so Gawarecki.

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