Roth
Immer noch ein Animal

Quicklebendige Legende: Bluessenior Eric Burdon rockt in der Rother Kulturfabrik

29.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:08 Uhr

Eric Burdon. - Foto: Burdon

Roth (HK) Neun Jahre hat es gedauert, bis Englands Blueslegende Eric Burdon wieder einmal die Rother Kulturfabrik besuchte. Mit seinen aktuellen Animals und dem neuen Album „Til Your River Runs Dry“ im Gepäck präsentiert er bei seiner „Summer Tour 2015“ vor allem seine großen Hits – was dem Publikum in der rappelvollen Rother Kulturfabrik am Sonntagabend durchaus zupasskommt: Nicht wenige haben die wilde Zeit der Animals in den 60ern augenscheinlich hautnah miterlebt.

Als Burdon im schwarzen Hemd und „Peace“-Shirt kurz nach acht die Bühne betritt und sagt „I am the animal“, hat er eigentlich schon gewonnen. Das Publikum will einen Trip in die Vergangenheit und bekommt ihn. Was Gefahren birgt. Aber die Klippe vieler alter Männer des Rock, meist nur noch einen Abklatsch ihrer frühen Erfolge auf die Bühnen bringen, umschiffen Burdon und seine Ani-mals nicht zuletzt mit dem starken „Black Dog“ von 2012 und Nummern vom neuen Album wie „Water“, in dem er die Verschwendung anprangert, und einer kernigen Hommage an Bo Diddley. Es offenbart gestandene Blueser auf der Höhe der Zeit und kein Best-of-Sixties-Kurorchester.

Natürlich spielen bei „San Franciscan Nights“, „In My Live“ oder „When I Was Young“ nostalgische Gefühle eine entscheidende Rolle. Aber die von Keyboarder Bob Young exzellent geführten und von Percussionist Wally Ingram in Schwung gehaltenen Animals lassen die Evergreens durchweg frisch klingen. Klassiker wie das unverwüstliche „House Of The Rising Sun“ kriegen gar einen neuen Anstrich. Absolute Höhepunkte sind dann zum einen „In The Pines“ von Leadbelly – die herzzerreißende Klage hatten einst Nirvana wieder populär gemacht – und das von Youngs Keyboardspiel geprägte Zehn-Minuten-Medley aus „We Gotta Get Out Of This Place“, „Peace In The World“ und „River Is Rising“.

Wobei sich zeigt, dass der rundlich gewordene Burdon erstaunlich gut in Form ist. Nicht mehr zu rauchen und den Alkoholkonsum auf ein Minimum zu beschränken, zeigt iWirkung. Wie bei einem 74-Jährigen – der auch keinen Tag jünger aussieht – allerdings nicht anders zu erwarten, ist das Timbre im Laufe der Jahre eher tiefer geworden, statt die Höhen zu riskieren, wechselt er in eine Art Sprechgesang. Auch sind die bis an die Grenzen der Stimmbänder gehenden Schreie passé. Aber sein Volumen ist immer noch ein Pfund, mit dem er wuchern kann. Dazu kommt über 50 Jahre Bühnenerfahrung, Burdon weiß heute mit seinen Kräften zu haushalten. So geht er sowohl das Konzert als auch jede Nummer sparsamer an, der Exzess ist wohldosiert und mehr eine Sache von Gesangstechnik. Aber seinem Ruf als herausragender weißer Bluessänger wird Eric Burdon nach wie vor gerecht. Auch die wesentlich jüngere Konkurrenz steckt er immer noch in die Tasche – eben ein Animal.