Schrobenhausen
Im WM-Fieber - ohne eigentlich ein Fußballfan zu sein

Die Nationalelf ihres Heimatlandes ist bei der Fußball-WM noch dabei. Also hofft und bangt Pricila Bichler noch - bis am Ende vielleicht sogar der Titelgewinn für Brasilien steht?

04.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:38 Uhr
In brasilianischer Hand: Zabivaka mit Pricila Bichler.? −Foto: Foto: rks

Schrobenhausen (SZ) Pricila Bichler lächelt verlegen. "Was soll ich schon groß über die WM sagen?", so ihr erster Kommentar: "Ich bin doch überhaupt kein Fußballfan." Aber sie ist Brasilianerin - mit Haut und Haaren, voller Stolz. Da ist es absolut selbstverständlich, dass der Seleção von ihr ganz fest die Daumen gedrückt werden. Selbst hier, mitten im tiefsten Bayern.

Seit rund 13 Jahren lebt sie nun bereits in Schrobenhausen, spricht nahezu perfektes Deutsch - und ja, selbst Weißwürste hat die zweifache Mutter längst lieben gelernt. Das Einzige, worum sie weiterhin einen ganz weiten Bogen in ihrer neuen Heimat macht, ist das Skifahren. "Dafür bin ich einfach nicht geschaffen, davor habe ich sogar ein bisschen Angst", verrät die 35-Jährige lachend.

Dafür liebt sie das Tanzen: "Das gehört sich doch für eine Südamerikanerin. Wir haben das förmlich im Blut." Wobei Letzteres bei ihren Landsleuten auch hinsichtlich des Fußballs behauptet wird. "Und das stimmt ebenfalls", nickt Bichler zustimmend: "Nur ich persönlich interessiere mich außerhalb der Weltmeisterschaften nicht wirklich dafür."

Trotzdem kennt sie sich erstaunlich gut aus. Der aktuelle Superstar Neymar? Nicht so ihr Typ. "Ich bin eher mit Romário oder Bebeto aufgewachsen", so die stets gut gelaunt wirkende Schrobenhausenerin, die ursprünglich aus der 750000-Einwohner-Stadt João Pessoa im Nordosten Brasiliens stammt - nicht weit von Recife entfernt, wo bei der WM 2014 ja ebenfalls einige Partien ausgetragen wurden.

Ja, ja, die Weltmeisterschaft vor vier Jahren in ihrer Heimat: Bichler erinnert sich mit Schrecken zurück: "Oje - was war damals, nach unserem 1:7 gegen Deutschland, hier in meine Richtung gelästert worden." Umso größer könnte jetzt eigentlich ihre Schadenfreude sein - nach dem peinlichen Vorrunden-Aus der DFB-Auswahl in Russland und mittlerweile dem Viertelfinaleinzug der Seleção. Aber nein. "Ich litt zunächst sogar ein bisschen mit den Leuten hier mit und war ebenfalls etwas traurig", berichtet die 35-Jährige.

Nur andererseits ist sie eben doch auch eine stolze Brasilianerin. Dementsprechend dürfte sonnenklar sein , was Bichler am morgigen Freitagabend machen wird - nämlich nervös vor dem Fernsehgerät sitzen, wenn ihr Heimatland in der Runde der besten Acht gegen Belgien ran muss. Und sie wird nicht allein sein - denn Sohn Paulo sowie Tochter Isabelle sind erst recht heiße Fußballliebhaber. Genauso, wie es sich für Kinder mit einer südamerikanischen Mama eben gehört.

"Falls es die Seleção am Ende sogar ins Finale schaffen sollte, dann überlegen wir uns mit Freunden etwas Besonderes", verrät die 35-Jährige bereits. Fußballschauen nach brasilianischer Art, das sei nämlich normalerweise ein schönes Grillfest - mit Fleisch, Feijoada (traditionellem Bohneneintopf), Bier sowie eiskalter Caipirinha. "Es wäre toll, wenn es dazu kommen würde", sagt Bichler. Ihr Lächeln ist dabei übrigens schon längst nicht mehr verlegen.

Roland Kaufmann