Ingolstadt
Im Westen was Neues

28.10.2010 | Stand 03.12.2020, 3:31 Uhr

Zu Allerheiligen brummt das Geschäft: Die Floristen Alfred Regnat (links) und Gisela Stocchino (r.) beraten bei der Firma Zitzelsberger die Kundschaft wie Gerti Angermeier. Trotz Umzugs der Gärtnerei nach Gerolfing bleibt der Blumenladen am Westfriedhof erhalten. - Fotos: Herbert

Ingolstadt (DK) Die einen erweitern, die anderen ziehen weg: Im Alten Westen nehmen die beiden benachbarten Gärtnereien unterschiedliche Wege. Während sich die Trögls zu ihrem Standort bekennen, verlegen die Zitzelsbergers ihren Stammsitz nach Jahrzehnten in dem exklusiven Wohngebiet nach Gerolfing.

Im Alten Westen tut sich Neues. Wer an der Westlichen Ringstraße vorbeikommt, wird es bereits entdeckt haben. Die Gärtnerei Trögl hat in den vergangenen Wochen ein 30 Jahre altes und rund 500 Quadratmeter großes Gewächshaus weggeschoben und errichtet dort derzeit eines mit 900 Quadratmetern. "Es ist eine Erweiterung und eine Modernisierung", sagt Seniorchefin Berta Trögl. Und zudem ist es ein Bekenntnis des ältesten Handwerksbetrieb der Region, der heuer sein 260-jähriges Firmenbestehen feiert, zu dem Standort am Brodmühlweg. "Er will unbedingt hier bleiben. Das ist unser Zuhause", sagt Berta Trögl im Namen ihres Sohns Christoph, der den Betrieb inzwischen in achter Generation führt.

Im Gegensatz dazu wird in der Nähe demnächst ein Grundstück in der exklusiven Nachbarschaft hinter dem Westfriedhof frei, wenn die Zitzelsbergers ihre Gewächshäuser am Aloisiweg aufgeben und nach Gerolfing umsiedeln; der Blumenladen bleibt dagegen am Westfriedhof erhalten.

Derzeit einen Gesprächstermin mit Heinrich Zitzelsberger sen. zu bekommen, ist eine Heidenarbeit. Der Firmenchef steckt zu Allerheiligen in der stressigsten Jahreszeit. Keinen Abend kommt er mit seinen Leuten vor 23 Uhr heim. Wer ihn sucht, wird nur auf einem der Friedhöfe fündig und muss sich für später verabreden.

Aber auch dann kann sich der Chef kaum eine freie Minute gönnen, selbst wenn Allerheiligen bei den Leuten nicht mehr den Stellenwert habe wie früher, sagt Zitzelsberger. Immer kleinerer Grabschmuck werde gekauft, wenn überhaupt. Allerheiligen sei "ein Termingeschäft". Ein halbes Jahr arbeitet er mit der Belegschaft in den Gewächshäusern auf diesen Tag hin, damit etwa die Chrysanthemen "Boris Becker" – groß wie ein Tennisball – entsprechend gedeihen.

Allerheiligen ist für ihn und die zwei Dutzend Beschäftigten heuer noch eine zweite besondere Marke: Die Gewächshäuser am Aloisiweg, wo die Zitzelsbergers seit Jahrzehnten ihren Betriebssitz haben, leeren sich zum letzten Mal. Danach ist Schluss im Alten Westen. Über den Winter geht es an den Ortsrand von Gerolfing in die Bussardstraße.

Der Blumenladen ("Das wichtigste überhaupt") bleibt direkt am Westfriedhof. Er ist vor gut einem Jahr eröffnet worden, nachdem das Vorgängergebäude im November 2008 von einem gewaltigen Brand vernichtet worden war.

"Wir gehen mit einem weinenden und einem lachenden Auge", sagt Heinrich Zitzelsberger, der die Firma in dritter Generation führt. Zuletzt sei es nicht ganz einfach gewesen mit einem Gewerbebetrieb mitten im Wohngebiet an der Schutter. Den Abschied plant die Familie seit langer Zeit. "Aber das ist nie so einfach gewesen." Ein geeignetes Gelände fand sich nicht. Nun geht es, weil ein anderer Traditionsbetrieb nach fast 100 Jahren aufgeben musste: die Blumerei Sahm, ehemals königlich bayerischer Hoflieferant.

Die hatte zuletzt noch einen Blumenhof an der Bussardstraße samt Gewächshäusern gebaut. Die Zitzelsberger übernehmen das Gelände und erweitern die dort bestehende Anlage "um das eineinhalbfache", sagt der Chef. 5000 Quadratmeter Glashaus stehen bald zur Verfügung. Im Westviertel waren es zwar auch 4500, doch die Technik ist eine ganz andere. Alles läuft vom PC gesteuert. "Wir sparen mindestens ein Drittel an Energie", sagt Zitzelsberger.

Im Frühjahr geht es am neuen Standort mit den ersten Balkonpflanzen und einem Hofverkauf los. "Wir haben da noch ein paar Überraschungen." Die Zitzelsbergers kommen in eine Nachbarschaft im Umbruch. In der Verlängerung der Bussardstraße hat sich an der Ochsenmühlstraße vor ein paar Monaten schon die Firma Listl Landschaftsbau niedergelassen. Sie bezog das alte Gelände der Baumschule König.