Nürnberg
Im Ton vergriffen

Äußerungen von Club-Trainer Weiler und Torhüter Schäfer über Russ' Erkrankung überschatten Relegation

20.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:47 Uhr

Nürnberg (DK) Mit dem 1:1 gegen Eintracht Frankfurt hat sich der 1. FC Nürnberg eine gute Ausgangslage für das Relegationsrückspiel verschafft. Doch das Ergebnis geriet nachher in den Hintergrund: FCN-Trainer Weiler und Torwart Schäfer vergriffen sich in der Wortwahl zur Tumordiagnose von Frankfurts Marco Russ.

Ein 1:1 auswärts in Frankfurt: Viele Clubanhänger haben sich ein Ergebnis dieser Art sicherlich gewünscht. Durch das Auswärtstor würde dem 1. FC Nürnberg am Montagabend im Rückspiel ein 0:0 zum Aufstieg in die 1. Liga reichen. Eigentlich eine gute Nachricht für die Franken.

Doch nach der Partie drehte sich alles nur noch um die Tumorerkrankung von Frankfurts Marco Russ, der trotz der Diagnose in der Startelf der Hessen auflief und 90 Minuten spielte. Und den unbedachten Worten des Nürnberger Trainers René Weiler - und den noch verunglückteren Worten des Torwarts Raphael Schäfer.

Weiler sagte direkt nach der Partie den Journalisten der ARD: "Ich möchte zu dieser Thematik nicht allzu viel sagen. Da braucht man eigentlich auch nicht allzu viel sagen. Der Fußball darf nicht herhalten für irgendwelche Inszenierungen. Es tut mir leid, dass er krank ist. Ich möchte auch, dass er schnell wieder gesund wird. Aber dass man das am Spieltag kommuniziert, finde ich nicht ideal." Schäfer stellte gar die Schwere der Erkrankung infrage: "Ich glaube, wenn einer wirklich schwer krank ist, kann er kein Fußball spielen."

In der Pressekonferenz sah sich dann Frankfurts Trainer Niko Kovac dazu genötigt, die Angelegenheit genauestens zu erklären: Viermal sei Russ in den vergangenen Wochen zur Dopingkontrolle gebeten worden. Doch die Ergebnisse der Blutkontrolle vom Darmstadtspiel (30. April) und von Bremen (14. Mai) erreichten die Frankfurter praktisch am gleichen Tag. "Es ist schon merkwürdig, dass wir genau einen Tag vor diesem wichtigen Spiel über die Testergebnisse der Proben informiert wurden", war Kovac entzürnt. Da die Hessen angeklagt gewesen seien, einen Dopingfall in ihren Reihen zu haben, "mussten wir das alles widerlegen", erklärte er weiter. Die Erkrankung und der damit verbundene Medienrummel um Russ störte natürlich die Vorbereitung der Hessen auf das Relegationsspiel. "Genau wie die des Gegners", sagte Kovac in Richtung Weiler. "Wir sind mit Sicherheit nicht die Schuldigen." Es sei eine Frechheit, wie das abgelaufen sei.

Offensichtlich waren Weiler und Schäfer nicht mit diesen Details betraut, denn beide ruderten schnell zurück. Noch in der Nacht verschickte der Verein ein Entschuldigungsschreiben. Dabei wurde Schäfer mit den Worten zitiert: "Meine Worte waren dumm, dafür kann ich mich nur aufrichtig entschuldigen. Ich habe mich voreilig geäußert, ohne Bescheid zu wissen." Weiler empfand es "pietätlos", dass ein Klub und ein erkrankter Spieler fast dazu genötigt würden, die intimsten Dinge preisgeben zu müssen, um nicht als Dopingsünder in Verdacht zu stehen. Die Einsicht kam allerdings zu spät, denn in den sozialen Medien wurden die beiden Nürnberger für ihre Worte bereits massiv kritisiert. Russ, der seine zehnte Gelbe Karte in der Partie kassierte und damit für das Rückspiel gesperrt ist, werde nun hoffentlich seine Ruhe haben", sagte Kovac. Am Dienstag soll der Spieler operiert werden. Ob, und wann er zurückkehrt, bleibt natürlich offen.

Der Verlauf des Spiels war nach diesem Politikum zur Nebensache geworden. Dabei hat sich der Club - ganz ohne eine ernstzunehmende Torchance gehabt zu haben - eine beachtliche Ausgangslage für das Rückspiel geschaffen. "Es schaut gut aus für Montag", sagte Stürmer Guido Burgstaller. "Wir müssen aber bis zum Schluss so kämpfen, wie wir es im Hinspiel gemacht haben." Er sprach von einer Abwehrschlacht, die sich beide Mannschaften geliefert hätten. Die Nürnberger Abwehr hatte in der Tat einiges zu tun, um die dominanten Hessen in den Griff zu bekommen. Das ging natürlich zulasten des Offensivspiels der Nürnberger. Vor allem von Defensivmittelfeldspieler Hanno Behrens kam kaum etwas Verwertbares nach vorne. "Wir wollten insgesamt schon höher stehen", erklärte Torwart Schäfer. "Aber die Abstimmung hat an diesem Abend nicht gepasst."

Schäfer ist aber überzeugt: "Wenn wir am Montagabend genauso konzentriert zur Sache gehen, können wir gegen die Frankfurter einige Nadelstiche setzen."