München
Im Presslufthammer-Paradies

Die Bauma ist die größte Baumaschinenmesse der Welt – und zieht vor allem männliche Besucher an

17.04.2013 | Stand 03.12.2020, 0:15 Uhr

−Foto: Oppenheimer

München (DK) Nur alle drei Jahre findet auf dem Messegelände in München-Riem die Bauma statt – die größte Baumaschinenmesse der Welt. Auf einer Fläche von etwa 80 Fußballfeldern stellen die Firmen ihre Produkte vor. Auch heuer lockt die Bauma wieder hunderttausende Besucher. Ein Rundgang.

Es gibt Dinge, die können Männer einfach nicht verstehen. Etwa, wenn Frauen stundenlang durch Einkaufsstraßen ziehen und Klamotten anprobieren. Doch es existiert auch eine Welt, die sich der weiblichen Spezies verschließt: Es ist eine Welt, in der es nach Diesel und Bratwurst riecht, in der riesige Schaufeln Unmengen von Erdreich ausheben und in der Symphonien von Presslufthämmern und Rüttelplatten erklingen. So muss das Paradies aussehen. Und diesem Paradies kommt wohl nichts näher als die Bauma, die zum Leidwesen vieler Männer nur alle drei Jahre stattfindet.

Doch jetzt, pünktlich zum Frühling, ist es wieder so weit. Täglich spuckt die U-Bahn morgens in der Riemer Messestadt Menschenmassen aus – es wird ein dichterer Takt gefahren als zum Oktoberfest. Die Parkhäuser sind brechend voll und auf den Anfahrtswegen bilden sich endlose Staus. Die Organisatoren erwarten an den sieben Messetagen insgesamt 450 000 Besucher.

Die Geschlechterverteilung spiegelt sich besonders deutlich im Verpflegungsangebot wieder. Ähnlich wie auf der Messe schweres Gerät aufgefahren wird, hat auch in kulinarischer Hinsicht alles Deftige Vorfahrt. Kein Caterer wagt es, Salat oder Obst zu kredenzen. Hier muss eine Hauptmahlzeit Fleisch beinhalten – möglichst viel und am besten vom Grillrost. Selbst in der VIP-Lounge von Caterpillar sucht man Miniatur-Häppchen und Sushi vergebens – hier wird Leberkäse und Kartoffelsalat serviert. Als Nachspeise empfehlen sich die „Bauma-Riesenkrapfen.“

Stärkung ist wichtig, denn die Wege auf der Bauma sind weit. Zu sehen gibt es viel. Auch abseits der Riesenkräne und Giga-Lader. Als wahrer Publikumsmagnet entpuppt sich im hinteren Teil des Außengeländes eine Maschine, die Pflastersteine gleich bündelweise verlegen kann. Gebannt verfolgen dutzende leuchtende Männeraugen, wie das Gerät, das einem Bagger ähnelt, die Steinmosaike an ihren Platz plumpsen lässt. Gut, dass gleich daneben der Kollege mit der ergänzenden Maschine arbeitet. Die sieht fast genauso aus und kann die Steine mittels Saugnäpfen wieder auflesen und auf einen Stapel legen. Von dort übernimmt sie dann erneut der erste Kollege. Ein endloses Schauspiel, dessen Faszination sich wohl nur echten Hardcore-Pflasterstein-Fans offenbart. Doch es scheint sehr viele davon zu geben.

Aber nicht jeder Aussteller präsentiert ein derart nervenschonendes Schauspiel. Vielerorts drehen sich Baggerkabinen zu Discobeats oder schaufeln Radlader in einer Art Techno-Choreografie Steine von links nach rechts und wieder zurück. Woanders trommeln Männer in Overalls begleitet von martialischem Gebrüll auf Plastik-Mülltonnen. Doch diese Darbietung ist anscheinend selbst hartgesottenen Bauma-Gängern zuviel. Der Applaus bleibt verhalten.

Mancher Anbieter will die ausländischen Gäste mit Folklore locken. Ein Hersteller von Fahrwerken für Schwerlasten hat etwa ein Trachten-Trio engagiert: Einer spielt Ziehharmonika, während die beiden anderen dazu wild juchzend Schuhplatteln. Wer’s mag.

In manchen Momenten scheint die Bauma dann aber wieder von einer Modenschau gar nicht so weit entfernt. Etwa bei der Präsentation eines Gabelstaplerherstellers. Der Moderator kündigt seine „Models“ mit Namen an: „Den ETV C16 demonstriert uns jetzt der Tobi“, fränkelt er in sein Mikrofon. Tobi zeigt dem Publikum dann, was seine Kiste – übrigens mit „Superelastikbereifung“ – kann. Aber Euphorie löst bei den Zuschauern erst der Stapler aus, den Horst präsentiert. Der ETV Q20 verfügt nämlich über eine 360-Grad-Allrad-Lenkung. „Boah, ist das krass!“, jubelt ein Gast, als Horst mit dem Gerät kreuz und quer über den Asphalt flitzt – was wirklich irgendwie witzig aussieht.

In einer der Hallen bleibt ein Pärchen – wohl so Ende 20 – vor einem gigantischen neunachsigen Lkw stehen, der Huckepack einen zusammengefalteten Kran trägt. Der Mann liest auf einem Infoschild, wie weit sich der Kran ausfahren lässt: „70 Meter, Hammer!“, entfährt es ihm voller Begeisterung. Und dann unternimmt er einen liebevollen Versuch, seiner weiblichen Begleitung die riesigen Dimensionen zu verdeutlichen: „Stell Dir vor, Du musst das alles putzen!“