Geisenfeld
Im Müll landet so gut wie gar nichts

Bürgerring hat auch durch Wiederverwertungsideen Vorbildcharakter - Teil 1 einer Nachhaltigkeitsserie

22.01.2022 | Stand 22.09.2023, 23:24 Uhr
Im Fundus hinter den Kulissen schauen sich der Vorsitzende Günter Reith, die geschäftsführende Vorsitzende Mariele Stark (Mitte) und Shopleiterin Roswitha Russ um. −Foto: Kellerer

Geisenfeld - Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Wiederverwertung, Regionalität, Wertschätzung - Schlagworte, die nicht mehr aus den Nachrichten weichen und denen unsere Zeitung deshalb eine Serie widmet. In loser Folge wollen wir Menschen und Projekte vorstellen, die hier Vorbildcharakter haben können. Taten statt Worte liefert in dieser Hinsicht seit nunmehr 24 Jahren der Geisenfelder Bürgerring, dem wir den ersten Teil widmen. Denn die Devise des gemeinnützigen Vereins lautet: Wiederverwenden statt Wegwerfen - und zwar nicht nur durch den allseits bekannten Wiederverkauf gespendeter Ware, sondern auch durch jede Menge anderer Verwertungsideen, die Menschen und der Umwelt zugute kommen.

"Ware, die nicht im Laden verkauft werden konnte, kommt bei uns auf jeden Fall wieder in einen Verwertungskreislauf", sagt dazu die geschäftsführende Vorsitzende Mariele Stark. In erster Linie werden damit dann andere sozial engagierte Menschen unterstützt. So gehen etwa Schreibutensilien, Kinderbekleidung, Schul- und Rucksäcke an das Projekt "Mary Meals" nach Afrika. Unterstützt wird aber auch ein Mutter-Kind-Heim in Rosenheim mit Kinderbekleidung, Hygieneartikeln, Umstandskleidung oder kleinen Stofftieren. Kerzenreste gehen in die Ukraine zur Wiederverwertung, ebenso Bettwäsche, die dort für Krankenhäuser dringend gebraucht wird. Fußballschule und Trikots, die im Laden nicht verkauft wurden, bekommt ein Sportverein aus Äthiopien, und das Projekt "Integra" aus Ingolstadt nimmt gerne etwa Schlafsäcke und Decken für den "Wärmebus", der Obdachlose in der kalten Jahreszeit versorgt. Gesucht sind beim Bürgerring auch immer gebrauchte Brillen, medizinische Geräte und Verbandskästen - auch abgelaufene - mit denen ebenfalls Projekte in Afrika unterstützt werden.

Es profitiert auchdie kreative Klientel

Doch der Geisenfelder Bürgerring gibt nicht nur gerne ehemalige "Ladenhüter" für soziale Projekte weiter, er liegt auch bei der kreativen Klientel - Stichwort "Upcycling" - voll im Trend. Da werden etwa Künstler mit Büchern oder Leintüchern versorgt, die zu neuen Kunstwerken oder Leinwänden umfunktioniert werden. Nicht zuletzt ist der gemeinnützige Verein auch stolz auf äußerst kreativen Nachwuchs: So haben Anna Stark, Uta Gladitsch, Lena Lachermeier, Mira Dirscherl und Melanie Ziewe jüngst Dutzende von Karten aus altem Notenpapier selbst gestaltet, die als Weihnachtsgruß vom Bürgerring an die rund 80 ehrenamtlichen Mitarbeiter gingen.

"Wer hier Ideen hat, soll sich melden", wünscht sich auch der Vorsitzende Günter Reith. An Material sollte es nicht mangeln: Seien es Altkleider und Stoffe, die, wenn sie nicht verkauft werden, immerhin dann noch bei der Altkleidersammlung zur Wiederverwertung landen, oder Bücher, CDs, Geschirr, Deko und Vieles mehr: Wer kreative Ideen hat, dem hilft der Bürgerring gerne. Vorstellen könnte sich das Führungsteam hier etwa eine Art "Upcycling-Ausstellung" etwa in der Verkaufshütte vor dem Ladengeschäft.

Es fällt also kein Müll an beim Bürgerring? "Eigentlich nicht", bilanzieren Mariele Stark und Shopleiterin Roswitha Russ: Denn selbst Plastiktüten landen nicht im Gelben Sack, sondern werden zum Ausstopfen der Taschen im Laden verwendet. Und Elektroartikel, die dann doch ihren Dienst versagt haben, baut Roswithas Ehemann Peter Russ - ehemaliger Werkzeugbauer und ausgesprochener Materialkenner - feinsäuberlich auseinander: Verschiedene Metalle, von Aluminium bis zu unterschiedlichen Legierungen, fallen hier an. Kabel, Elektromotore und viele andere wertvolle Rohstoffe wandern Dank der gewissenhaften Arbeit von Peter Russ in die Wiederverwertung.

Immer mehr Kundenschätzen das Engagement

Und nicht zuletzt wissen auch immer mehr Kunden des Bürgerrings dessen wertvolles Engagement in Sachen Klimaschutz zu schätzen: "Die viele Markenware wegzuwerfen wäre doch viel zu schade", meint eine junge Frau. Und eine Mutter freut sich über die tolle Kinderkleidung: Zum einen seien bei der gebrauchten Ware die "Giftstoffe" bereits "herausgewaschen", und zweitens "wachsen die Kinder doch schnell heraus" - da wäre es doch Unsinn , ständig Neues zu kaufen."

Ganz abgesehen vom unmittelbaren Beitrag, der durch das Wiederverwertungskonzept geleistet wird, sorgt der Bürgerring aber auch durch direkte Projekte für Fortschritte in Sachen Klimarettung: So wurden auf seine Initiative Blumenwiesen angesät sowie Bäume und Sträucher gepflanzt. Der Vorsitzende Günter Reith jedenfalls ist überzeugt, dass durch das Konzept des Bürgerrings, mit dem Wegwerfware so gering wie möglich gehalten wird, "ein enormer Beitrag zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit in der Region geleistet wird". M an freue sich deshalb "über jeden, der dieses Konzept auch in anderen Orten übernimmt und umsetzt".

GZ

Ellen Kellerer