Ingolstadt
Im Laufe der Zeit

13.12.2010 | Stand 03.12.2020, 3:21 Uhr

Ein schwarzer Vorhang trennte das Schaufenster vom Verkaufsraum, als Josef und Rosa Adlhoch 1960 ihr Fotostudio an der Ecke Schmalzingergasse/Schrannenstraße eröffneten. Schwarz-Weiß-Bilder, Kameras und Ferngläser sollten potenziellen Kunden Appetit machen. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Porträtaufnahmen, Hochzeitsbilder, Passfotos – Tausende sind im Fotostudio Adlhoch entstanden. Jetzt feierte die Ingolstädter Institution ihr 50-jähriges Bestehen. Die Gründer, Josef und Rosamunde Adlhoch, erinnern sich.

Es war ein kalter Wintertag, als das Ehepaar am 8. Dezember 1960 an der Ecke Schmalzingergasse und Schrannenstraße das Fotostudio eröffnete. Und er fiel mit Josef Adlhochs 34. Geburtstag zusammen. "Das war gar nicht so geplant", erzählt der gebürtige Landshuter. "Wir wollten am 1. Dezember aufmachen, aber ein paar Lieferungen kamen nicht rechtzeitig an." In dem Geschäft konnte man sich nämlich nicht nur professionell fotografieren lassen. Damals boten die Adlhochs auch Kameras und Ferngläser an. Passende Bilderrahmen gab’s selbstverständlich ebenfalls.
 

"Ich habe den ganzen Tag im Laden die Kunden bedient, Termine vereinbart und die Buchhaltung gemacht. Mein Mann hat fotografiert und oft bis zwei Uhr nachts im Labor gearbeitet", weiß Rosamunde Adlhoch noch. Auch das war so nicht geplant. Josef hatte im Herbst 1960 die Meisterprüfung abgelegt und wollte sich selbstständig machen, "damit meine Frau nicht mehr so viel arbeiten muss". Sohn Helmut war zwölf Jahre alt, Tochter Gabi zehn und Nesthäkchen Uschi unterwegs. "Aber es ist ganz anders gekommen", schmunzelt Rosamunde, seit Kindesbeinen Munde genannt. Hin und wieder mussten sogar die älteren Kinder im Studio zur Hand gehen. "Wir hatten ja kaum Geld", sagt Josef Adlhoch. "Schon die Einrichtung war einfach und sparsam. Eine zusätzliche Kraft konnten wir uns nicht leisten."

Dabei hatte es an Arbeit bald keinen Mangel. Das Wirtschaftswunder gestattete es den Ingolstädtern, auch mal eine schöne Porträtaufnahme zu verschenken. Geheiratet wird immer: "An einem Wochenende hatten wir mal 25 Hochzeiten zu fotografieren. Im Schnitt waren es zwölf pro Wochenende von April/Mai bis September/Oktober", so Munde. Passbilder kurbelten in den frühen 60er Jahren das Geschäft weiter an, weil jeder eine neue "Kennkarte" (Personalausweis) haben musste. Als die ersten Gastarbeiter in die Stadt kamen, wollten sie Bilder, um sie ihren Lieben in der fernen Heimat zu schicken. Dann kamen auch die Aufträge, da eine Werkshalle, dort ein Gebäude zu fotografieren. Josef Adlhoch bewahrt noch immer Beispiele in seinem Fundus von fünf Jahrzehnten auf.

Schwarz-Weiß waren die Fotos damals, aufgenommen mit einer 13x18-Großformatkamera der Firma Plaubel, die auf einem Stativ montiert war. "Das schwarze Tuch brauchte ich nicht mehr. So modern war die Ausrüstung schon", lacht Josef. Der sogenannte Planfilm hatte nur eine Aufnahme mit dem selben Format, die eine Zehntelsekunde belichtet wurde. Das erforderte hohe Konzentration vom Fotografen und vom Porträtierten, denn das Material war teuer. Josef Adlhoch entwickelte die Aufnahme in seinem Labor und bearbeitete das Negativ per Hand. "Retuschieren war sehr wichtig. Jeder wollte gut aussehen – oder noch schöner als er schon war." Das nahm bis zu einer Stunde in Anspruch. Erst dann fertigte Adlhoch einen Abzug. "Das war noch echtes Handwerk", ist der jetzt 84-Jährige überzeugt. "Heute kann das jeder mit Photoshop am eigenen Computer." Darüber hinaus entwickelte er die Filme von Amateurfotografen und machte auch davon Papierabzüge.

Das Fotostudio hatte schnell einen guten Ruf und regen Zulauf, nicht zuletzt weil sich Munde Adlhoch an jeden Kunden erinnerte und ihn mit Namen begrüßte. Der Platz reichte nicht mehr aus. 1966 verlegten die Adlhochs ihr Geschäft ins Haus Schrannenstraße 18, das sie auf Rentenbasis kauften. "Wieder stürzten wir uns in Schulden und hatten noch mehr Arbeit", bekennt Josef. Sie ließen den Innenhof überdachen und richteten dort das Porträtatelier hinter dem Laden ein. Im ersten Stock waren Passfotoatelier und Dunkelkammer untergebracht, in der zweiten Etage Büro und Lager.

Anfang der 70er Jahre trat die Farbfotografie ihren Siegeszug an. Brautpaare wünschten sich Bilder im Freien – Alte Anatomie, Neues Schloss und Luitpoldpark waren beliebte Hintergrundmotive. Rollfilme mit zwölf Aufnahmen und eine 6x6-Hasselblad machten’s möglich. Im Studio waren "Frontprojektionen" der Renner. Da wurde zum Beispiel ein Dia des Treppenhauses in der Würzburger Residenz auf die Leinwand projiziert und das Hochzeitspaar davor drapiert.

Im Jahr 2000 übernahm Tochter Gabi Bienert das Geschäft und zog damit an die Proviantstraße. "Auch danach haben wir noch mit- und ausgeholfen", sagt die heute 83-jährige Munde. "Aber mit 75 war bei mir dann endgültig Schluss."

Seit 1. Juli dieses Jahres ist Bodo Pitzer Inhaber des Fotostudios Adlhoch. Der 50-Jährige betreibt ein Atelier in Moosburg, "aber der Schwerpunkt liegt in Ingolstadt", betont er. Josef Adlhoch und Pitzer kennen sich seit vielen Jahren, weil er mal Geschäftsführer eines Rahmengroßhandels war, bei dem Adlhoch einkaufte. "Ich habe ihm das Geschäft angeboten, weil er technisch sehr versiert und ein guter Fotograf ist", weiß Josef Adlhoch das Werk von zwei Leben in guten Händen.